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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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13. Heft
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Bombe, Walter: Florentiner Entdeckungen und Restaurierungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0529

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FLORENTINER ENTDECKUNGEN UND RESTAURIERUNGEN

und dem entsprechend [ind auch Chor und Quer-
fchiff verkürzt worden.
Schon Vafari erwähnt das Modell und lügt
hinzu, daßBaccio d'Agnolo aucli das Portal der
Kirche ausführen ließ, [ein le^tes Werk. Dann
findet [ich, wie Chiappeili feftgeftellt hat, in dem
handschriftlichen Sepoltuario des Roffelli in der
Biblioteca Nazionale ein Hinweis auf das Modell.
Der Padre Richa erwähnt es in feinem zehn-
bändigen Werke „Le Chiese di Firenze" I,
p. 177ff. als verfchollen, und fpätere Autoren,
wie Follini, Laftri und Fantozzi kennen es nicht
mehr, bis es dann Schließlich 1855 von Stefano
Fioretti, dem Verfaffer einer Seltenen Mono-
graphie über die Kirche, in der „Guardaroba"
noch einmal genannt wird. Es iSt zu hoffen,
daß diefes hochintereffante Stück entweder im
benachbarten Mufeum von S. Croce, oder im
BargeHo eine würdige Aufstellung findet.
In der Kirche, deren elegante Pilafter aus
Pietra Serena dem ganzen Bau den Charakter
des Feftlich-Heiteren verleihen, machte mich Herr
Prof. Chiappeili noch auf ein intereffantes Tafel-
bild aus dem Kreife des Ridolfo Ghirlandajo
aufmerkfam, das ich hier nach einer foeben
durch Brogi ausgeführten Photographie der
Debatte darbiete (s. Abb.). Chiappeili hat nach
den Wappen auf der Staffel feftgeftellt, daß
die Stifter Aleffandro Perini und feine Gattin,
eine geborene Cellini, wohl nach 1522 das Bild
ausführen ließen.
Das prachtvoll erhaltene Stück weift noch die
reich gefchni^te „Caffa", die Predelle und das
vergoldete Rahmenwerk auf. Eine ähnlich leuch-
tende Durchsichtigkeit der Farbe und diefelben
ernften und Schönen Geftalten finden wir auch
auf Bildern des 1515 verdorbenen Mariotto Al-
bertinelli, z. B. den beiden Verkündigungen der
Uffizien wieder. Von Albertinelli und Ridolfo
Ghirlandajo, deffen Verlobung der h. Katharina
im Confervatorio della Quiete zu Caftello hier
herangezogenwerden könnte, Scheint der Schöpfer
diefes Bildes beeinflußt zu fein.
Unweit San Giufeppe, in Via Malcontenti,
liegt die alte, fchon 1397 erwähnte Kirche S.
Maria della Croce alTempio, die Prof. Giufeppe
Caftellucci kürzlich mit finanzieller Beihilfe des

Pfarrers Don Luigi d'lndico in den ursprüng-
lichen Zuftand zurückverfet^t hat. Das kleine
Oratorium hatte in alten Zeiten eine befonderc
Bedeutung dadurch, daß die zum Tode Verur-
teilten auf ihrer Via crucis hier dieSterbefakra-
mente empfingen. Bis in das 18. Jahrhundert
erhielt fich diefer Brauch, wie aus den Instruk-
tionen der Compagnia dei Neri von 1714 her-
vorgeht, einer Brüderfchaft, deren Mitglieder
die Pflicht hatten, die Todeskandidaten in ihrer
lebten Stunde zu begleiten und zu tröften. In
diefem Oratorium find während derWiederher-
ftellungsarbeiten anfehnliche Refte alter Malereien
in terra verde entdeckt worden, die von einem
Zeitgenoffen Paolo Uccellos herrühren, nach
Prof. Chiappellis anfprechender Vermutung von
dem Meifter, der die Fresken der Kirche S. Cri-
ftoforo in Novoli ausgeführt hat. Über dem
Altar hat ein von den Uffizien hergeliehenes
Triptychon auf Goldgrund Aufstellung gefunden,
und darüber hängt ein alter Crucifixus, der den
Verurteilten, oder, wie die frommen Schwärzen
Brüder fie zu nennen pflegten, den Betrübten,
Vorbild und Troft in ihrer Todesftunde war.
Gegenüber diefer Kirche, am Canto diS. Nofri,
wird jet^t das Tabernakel der Färberzunft auf
Koften der ftädtifchen Kommiffion für Denkmal-
pflege reftauriert; das Freskobild, eine von Hei-
ligen umgebene Madonna, ift fehr befchädigt.
Immerhin ift es jej^t, nachdem die Übermalungen
des 17. Jahrhunderts befeitigt find, möglich, die
Hand des Meifters zu erkennen, der es fchuf,
des Jacopo del Cafentino. Die armfeligen Refte,
die man bisher zu erkennen vermochte, find
nicht angetaftet worden. Von den Heiligen-
figuren find nun jedoch die Konturen deutlich
zu erkennen, und es will Scheinen, als ob Vafari
mit feiner Zufchreibung an Jacopo del Cafen-
tino das Rechte getroffen hat. Jedenfalls find
die ftiliftifchen Übereinstimmungen mit dem Sig-
nierten Tafelbilde im Befiß von Guido Cagnola
in Mailand und mit dem Bilde der Madonna
mit Heiligen und der Lünette mit der Krönung
der Madonna im Tabernakel der Tromba am
Palaft der Arte della Lana fo große, daß man
wohl, entgegen der Annahme Herbert Hornes,
auf die Zufchreibung Vafaris zurückgreifen wird.

Der Cicerone, V. Jahrg., 13. Heft 38

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