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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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13. Heft
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Der Kunstmarkt - Von den Auktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0546

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DER KUNSTMARKT — VON DEN AUKTIONEN
DIE AUKTION DER SAMMLUNG M. VON NEMES

TTn den Nachmittagen des 17. und 18. Juni, in
zwei kurzen Sitzungen — für deren rafchen
Verlauf man im Gefühi der elenden Backofenhiße,
die unter dem Glasdach der Galerie Manzi in
Paris herrfchte, allgemein herzlich dankbar war
— wurde die Sammlung Nemes aufgeteilt. Im
wefentlichen beftand, was fich auch im Charakter
der Auktion geltend machte und ficherlich den
Erlös beeinflußte, diesmal die Affiftenz aus einer
ziemlich homogenen Verfammlung von „feriöfen
Reßektanten" und wirklichen Intereffenten, die
von nah und fern, befonders zahlreich aus
Deutfchland und Öfterreich-Ungarn, fich einge-
funden hatten, Träger kunftwiffenfchaftlich füh-
render Namen. Die Auktion war weniger ein
mondänes Ereignis — wenn fchon an 50000 Be-
fucher der erften franzöfifchen und internatio-
nalen Gefellfchaft dieAusftellung der Sammlung
befichtigten; aber es fcheint, als wenn Paris für
eine mit deutfcher Gründlichkeit und einem über-
legenen Gefchmack zufammengebrachte Samm-
lung überhaupt nicht der rechte Boden war.
Der erfte Tag brachte 3120500 fr.; davon als
höchften Preis 516000 für „Rembrandts Vater",
der auf eine halbe Million gefchäßt war und
von einem Parifer Kunfthiftoriker für einen un-
genannten Liebhaber gekauft wurde. Am zweiten
Tage wurden die modernen Gemälde, die Goyas
und die zwölf Grecos verkauft, von denen die
„Heilige Familie mit der Fruchtfchale" mit
173000 fr. (Bousquet) und die „Unbefleckte
Empfängnis" mit 155000 fr. (Bernheim) die höch-
ften Preife diefes Tages erzielten, während
andere Werke des Griechen, darunter die „Mag-
dalena" und die „Verkündigung" im Hinblick
darauf, daß Greco überhaupt zum erftenmal
zum öffentlichen Ausruf gelangte, gleichfalls
refpektable Preife erhielten. Wie bei der Auk-
tion Rouart, und noch mehr ais dort, verdienen
die Preife für Cezanne Beachtung, die jeßt
über 40000 fr. ftiegen. Herr Reber bezahlte den
„Jungen in der roten Wefte" mit 56000 fr. Audi
Peilerin fügte feiner bekannten Cezannefamm-
lung zwei weitere Bilder des Meifters ein: die
Landfchaft und ein hervorragendes Stilleben.—
Der zweite Tag brachte 2224100 fr.; dasGefamt-
ergebnis der Auktion belief fich auf 5344600 fr.
Zum Schluß gab es noch einen etwas fonder-
baren „diplomatifchen Zwifchenfall": der Com-
missaire-Priseur erklärte, daß Goyas „Las Gigan-
tillas" nicht verfteigert werden könnte, weil die
fpanifdie Regierung das Bild zurückfordere als
fpanifches, 1869 aus dem Prado geftohlenes
Staatseigentum. Auf feiner Promenade in der
Vorbefichtigung entdeckte der fpanifche Ge-

fchäftsträger, ein kunftliebender Mann, was feit
44 Jahren der Heimat entzogen und, wie es
fcheint, dem fpanifchen Wiffen verborgen ge-
blieben war, und durch telegraphifche Aufforde-
rung wurde der Goya vorläufig auf einen Monat
unter Sequefter des Herrn Lair-Dubreuil geftellt.
in die amüfierte Beftürzung mifcht fich natür-
lich der Gedanke an die „Mona Lifa" (an die
man fonft nicht mehr viel zu denken wagt):
Sollte die denn nicht auf einmal auch wieder
fo entdeckt und zur Rückkehr bewogen werden?
Heute kommt Herr Claretie im „Temps" auf den
Fall zu fprechen und es ift intereffant, von einem
ohne Zweifel bewanderten Mann als die Meinung
der Obern ausgefprochen zu hören, was man
längft zu wiffen glaubte: daß die Ioconde nicht
geftohlen worden, fondern von einem unge-
fchickten Arbeiter befchädigt und dann gründ-
lich beifeite gefchafft worden fei, um fein un-
verzeihliches Verfehen aus der Welt zu fchaffen.
Doch um nach diefem Intermezzo auf das Er-
gebnis der Vente Nemes zu kommen: Mögen
noch fo fehr widrige Umftände bei dem end-
gültigen Ergebnis (die politifch fchwierige Lage
vielleicht in erfter Linie) mitgewirkt haben, der
moralifche Erfolg der Sammlung war auch in
Paris unbeftritten. Alles was Name, Rang und
Mut der Überzeugung befißt, hatte fich aus
Europa zu dem intereffanten Ereignis einge-
funden, und wenn auch die Kaufluft hier und
dort verfagte, fo ift daran das Herrn von Nemes
zu dankende Kunftwerk gewiß nicht fchuld. Im
Gegenteil: Die Erinnerung an diefe Sammlung
wird fobald nicht dem Gedächtnis entfehwinden
und daß durch die Prinzipien, denen Herr von
Nemes in feiner Lebensarbeit gehuldigt, wirk-
lich eine Art neuen Morgenrotes über dem
Sammelwefen unferer modernen Zeit aufge-
gangen ift, dafür gibt es heute bereits genügend
Anzeichen. Infofern mag man aufrichtig be-
dauern, daß die Sammlung als Ganzes nicht
noch einige Jahre weiter beftand. Was fie in
Deutfchland gewirkt, wird ihr troßdem unver-
geffen bleiben. * * *
Wir laffen die vollftändige Preislifte der Auk-
tion Nemes mit einzelnen wichtigen Käufer-
namen folgen.
Nr. fr.
1. B a f f a n o, Scene rustique. Baron Herzog 7 300
2. Derf., Verkündigung an die Hirten.
Baron Herzog. 3500
3. Giovanni Bellini, Die Jungfrau
mit dem Jefuskind und einem Stifter.
Sedelmeyer. 75000

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