Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0645
DOI Heft:
17. Heft
DOI Artikel:Biermann, Georg: Eine Ausstellung aus Frankfurter Privatbesitz
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EINE AUSSTELLUNG AUS FRANKFURTER PRIVATBESITZ
heraus mit den künftlerifchen
Dokumenten von Vergangen-
heit und Gegenwart. Sein Ge-
fchmack ift an den Werken
einer der edelften öffentlichen
Galerien in Deutfchland ge-
läutert und es ift durchaus
nicht nebenfächlich, daß ge-
rade an der Spiße diefer Ga-
lerie einer der fähigften und
zugleich mutigften Direktoren
fteht. Der künftlerifch fichere
und moderne Gefchmack Swar-
zenskis hat in den lebten
Jahren ungemein wohltuend
auch auf das übrige künft-
lerifche Leben in Frankfurt
eingewirkt, nicht zu reden
von den großen Verdienften,
die er fich um die mufeale
Sache diefer Stadt erworben.
Diefe zu erörtern mag fpäterer
Gelegenheit Vorbehalten fein.
Man ift berechtigt, an folche
Dinge zu erinnern, angefichts
deffen, was die Frankfurter
Ausftellung noch nach einer
anderen Seite hin dartut. Denn
wichtiger als das überhaupt
vorhandene öffentliche Kunft-
intereffe, als das ungemein frifche Sammelbedürfnis ift die Qualität der einzelnen Objekte,
die fich vor den in der Ausftellung gezeigten Werken feftftellen läßt. Denn unter den
120 Bildern find kaum zehn, die dem Gleichgültigen zuzurechnen find, kaum eines
aber, das von pofitiv fchlechtem Gefchmack kündet. Dabei läßt fich gewiß über den
Grad künftlerifcher Kultur ftreiten, der den Arbeiten eines Stuck, dem Porträt eines
Sargent oder einem Bilde von Meiffonier innewohnt. Diefe Dinge find leßten
Endes hiftorifch nicht unintereffant und haben fchon aus diefem Grunde eine gewiffe
Berechtigung im Rahmen der fonft durch hohe künftlerifche Qualität ausgezeichneten
Kunftfchau. In diefer dominiert unbedingt die deutfche Malerei des 19. Jahrhunderts.
Weiß man aber, daß innerhalb diefes Kunftabfchnittes das Kapitel der Frankfurter
Malerei mit Abficht beifeite gelaffen wurde, weil das in einer bereits in Vorbereitung
befindlichen zweiten Ausftellung für fich behandelt werden foll (eine dankenswerte
Abficht), dann läßt fich an Hand diefer nahezu 90 Bilder deutfcher Malerei ein
inftruktiver Überblick über das gefamte Gebiet zumindeften in Einzelbeifpielen der
markanteften Vertreter gewinnen. Angefangen bei den alten Nazarenern Steinle,
Rethel und Veit und dem romantifchen Moriß v. Schwind über den befonders
vorteilhaft vertretenen Wiener Waldmüller und dem ihm feelifch nahe verwandten
Abb. 2. WILHELM TRÜBNER, Stiileben
613
heraus mit den künftlerifchen
Dokumenten von Vergangen-
heit und Gegenwart. Sein Ge-
fchmack ift an den Werken
einer der edelften öffentlichen
Galerien in Deutfchland ge-
läutert und es ift durchaus
nicht nebenfächlich, daß ge-
rade an der Spiße diefer Ga-
lerie einer der fähigften und
zugleich mutigften Direktoren
fteht. Der künftlerifch fichere
und moderne Gefchmack Swar-
zenskis hat in den lebten
Jahren ungemein wohltuend
auch auf das übrige künft-
lerifche Leben in Frankfurt
eingewirkt, nicht zu reden
von den großen Verdienften,
die er fich um die mufeale
Sache diefer Stadt erworben.
Diefe zu erörtern mag fpäterer
Gelegenheit Vorbehalten fein.
Man ift berechtigt, an folche
Dinge zu erinnern, angefichts
deffen, was die Frankfurter
Ausftellung noch nach einer
anderen Seite hin dartut. Denn
wichtiger als das überhaupt
vorhandene öffentliche Kunft-
intereffe, als das ungemein frifche Sammelbedürfnis ift die Qualität der einzelnen Objekte,
die fich vor den in der Ausftellung gezeigten Werken feftftellen läßt. Denn unter den
120 Bildern find kaum zehn, die dem Gleichgültigen zuzurechnen find, kaum eines
aber, das von pofitiv fchlechtem Gefchmack kündet. Dabei läßt fich gewiß über den
Grad künftlerifcher Kultur ftreiten, der den Arbeiten eines Stuck, dem Porträt eines
Sargent oder einem Bilde von Meiffonier innewohnt. Diefe Dinge find leßten
Endes hiftorifch nicht unintereffant und haben fchon aus diefem Grunde eine gewiffe
Berechtigung im Rahmen der fonft durch hohe künftlerifche Qualität ausgezeichneten
Kunftfchau. In diefer dominiert unbedingt die deutfche Malerei des 19. Jahrhunderts.
Weiß man aber, daß innerhalb diefes Kunftabfchnittes das Kapitel der Frankfurter
Malerei mit Abficht beifeite gelaffen wurde, weil das in einer bereits in Vorbereitung
befindlichen zweiten Ausftellung für fich behandelt werden foll (eine dankenswerte
Abficht), dann läßt fich an Hand diefer nahezu 90 Bilder deutfcher Malerei ein
inftruktiver Überblick über das gefamte Gebiet zumindeften in Einzelbeifpielen der
markanteften Vertreter gewinnen. Angefangen bei den alten Nazarenern Steinle,
Rethel und Veit und dem romantifchen Moriß v. Schwind über den befonders
vorteilhaft vertretenen Wiener Waldmüller und dem ihm feelifch nahe verwandten
Abb. 2. WILHELM TRÜBNER, Stiileben
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