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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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Heft. 1
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0048

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AUSSTELLUNGEN

Sandberg, Henrik Sörenfen, Rudolf Thygefen und
Oluf Wold Tome. Es find Expreffioniften und
als folche ohne befondere Unterfdiiede gegen-
über den Expreffioniften in anderen Ländern!
am wenigften darf man bei ihnen eine Weiter-
führung mehr heimifdier Art, etwa im Änfchluffe
an norwegifche Künftler, wie Edvard Munch,
fudien. Über ein gewiffes Durchfchnittsmaß geht
keine der ausgeftellten Arbeiten hinaus, obwohl
nicht zu verkennen ift, daß einige Bilder, wie
Henrik Sörenfens Mann und Frau, Adam und
Eva, ferner Jean Heibergs Weiblicher Akt, auch
Erich fens Septemberabend Proben ftarker Ta-
lente find, die in moderner Manier nur zu fehr
befangen, ihre perfönlidie Eigenart vielleicht ab-
fichtlich verdeckt haben. A. F.

NÜRNBERG Das KUPFERSTICHKABINETT
veranftaltete eine Äusftellung der Originale des
graphifdien Werkes von der Gräfin Maria von
Flandern, geb. Prinzeffin von Hohenzollern und
Mutter des jetzigen Königs von Belgien. Diefe
Originalradierungen, die in den fechziger, fieb—
ziger und achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts
entftanden, kamen als Gefdienk der Künftlerin
an das Kabinett des Germanifchen Mufeums.
Es find meift Straßenprofpekte mit malerifchen
Winkeln aus der Schweiz, aus Süddeutfchland
und Italien. Die gezeigten Blätler überrafchtcn
durch ihre hohe künftlerifche Qualität. Eine fo
unbefangene Auffaffung bei entfprechend freier
Äßtechnik — die moderne englifche Graphik ift
in mancher Beziehung verwandt — war damals
in Deutfchland unbekannt. Nur bei einigen
Franzofen (z. B. Maxime Lalanne) wird man in
jener Zeit ähnliches finden. Zwei Skizzen
(„Ruine Eppftein im Taunus“ und „Straße in
Werdenberg“) erfchienen 1875 in der Publikation
des aquafortistes ä Bruxelles, die „Treppe in
einem Bauernhaus in Meran“ (1880) in der Pu-
blikation des aquafortistes ä Äuvers 1883. Sonft
find diefe Radierungen kaum in weiteren Kreifen
bekannt geworden. Einige der früheften Blätter
(datiert 1867) zeigen übrigens Motive von dem
Klofter Inzigkofen in Hohenzollern, aus dem
zwei der wichtigften Holzfchnittinkunabeln des
Nürnberger Kabinetts ftammen. S.

WIESBADEN Der Kunftfalon AKTUARYNS
hat am lä. Dezember eine große Hodler-Äus-
ftellung eröffnet, die von Hodler ein annähernd
gefchloffenes Bild gibt, fofern dies abzüglich der
großen in ftaatlichem und kommunalem Schweizer
Befiß befindlichen Hauptwerke möglich ift. Ver-
treten find alle Phafen des Meifters von den
erften Lehrjahren unter Menn bis zur Gegen-

wart. Gerade die frühen Arbeiten ßnd höchft
intereffant. Man wird von ihnen an die Ent-
wicklungen erinnert, die Leibi, Thoma, Trübner
in ihrer Jugend durchmachten. In diefen Kreis
paßt tatfächlich das mit dem ganzen Realismus
der ßebziger Jahre gemalte Bildnis der Frau B.
und jenes des Herrn L. Wie dort macht fich
auch bei Hodler ein franzöfifcher Einfchlag gel-
tend, vielleicht durch Menn vermittelt. Man
möchte nicht gerade den Namen Courbet nennen,
obwohl eine Landfchaft mit Kahn in kaltem
Grau in Grau nicht mehr weit davon ift; eher
läßt fich an eine gewiffe Wahlverwandtfchaft
mit gewiffen Zügen der Barbizonfchule denken,
wie z. B. in dem elegifchen „Langenthal“ von 1875
und der „fpanifchen Landfchaft“, die eine Frucht
der Madrider Reife von 1876/77 ift. In diefer
Zeit kommt aber, wenn auch noch etwas kon-
ventionellen kleinen Landfchaften das Schweizer
Vollblut zum Vorfchein. Nur kurz aber dauert
der Aufenthalt bei diefen Idgllen mit Kühen.
Die fpanifchen Eindrücke harren noch tieferer
Verarbeitung. Vielleicht waren fie einer der
entfchiedenften Anläffe zu dem Hodler, wie wir
ihn in feiner höchften Reife kennen, dem Schöpfer
des „Tages“, der „Nacht“, der „Empfindung“.
Die „Empßndung“ ift einfigurig in groß und
klein vertreten. Die mächtige Figur eines „Krie-
gers“ mit gefenktem Streitkolben ift vielleicht
ein Gegenftück zu dem „Landsknecht“ von 1896
der Sammlung Günzburger. Aus neuerer Zeit
ftammen die prachtvollen, in ihrer eminenten
Großzügigkeit und dem eindringlichen Erfaffen
des Schweizer Hochalpencharakters feit Konrad
Wiß unerreichten Landfchaften vom Genfer und
Thunerfee, ftammt der geiftreiche Studienkopf
der „Italienerin“, ftammt das fuggeftiv wirkende,
merkwürdig konzentrierte Selbftbildnis (1912).
Noch dürfen wir eine Perle nicht überfehen:
den kleinen „Hektor Hodler“, eine aus neutralen
Tönen mit einem einzigen breiten Rot als eigent-
liche Farbe zufammengeftimmteFarbendelikateffe,
ein Stück von klaffifchem Wert. Überhaupt ge-
währt es in diefer Kollektion einen eigenen Reiz
zu gewahren, wie groß der große Hodler im
kleinen ift. Da ift auch ein nackter Frauenakt,
eine fublime Leiftung und dabei überrafchend
groß auf winzigem Format. Unter den Zeich-
nungen, allerlei genial Hingehauchtem, bei größter
Sparfamkeit im Nichtunumgänglichen, feffelt be-
fonders die famofe „Mere Royaume“, eine Studie
zu dem Fresko in der „Taverne du Crocodile“
in Genf, aquarellierte Zeichnung mit Tinte und
Blei, fprühend von Geift in jedem der leicht
hingefe^ten Striche, und von Humor, eine Seite,
die man in Deutfchland von Hodler noch lange
nicht genug kennt. Mela Efdierich.

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