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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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3. Heft
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Bombe, Walter: Alte peruginer Gebildwebereien, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0106

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ALTE PERUGINER GEBILDWEBEREIEN

Äbb.3. PeruginerGewebe des 15. Jahrhunderts.
Damen und Kavaliere beim Tanz
Sammlung Rocchi, Rom

orientalifche Motiv des Strahlenkranzes der
Sonne zeigen, während Wolken das Auf-
fteigen der Figur zum Lichte begleiten. Das
Ganze ift eine tieffinnnige Allegorie des
Lebens und des Todes. Jede der Früchte
repräfentiert ein Menfchenleben, das wieder
neues Leben erzeugen kann. Der Tod [prengt
das Gefäß der Seele, die zur Sonne, ihrer
Heimat, zurückkehrt. So wird Werden und
Vergehen uns in greifbarer Geftalt fymbolifch
vorgeführt. Die zur Erde geneigten Klee-
blätter haben die Bedeutung, die der Lotos-
blüte im Orient zukommt, fie find das Symbol
der Zeugung, wie auch die Lilie, felbft in der
chriftlichen Ikonographie in den Händen des
Erzengels Gabriels bei der Verkündigung
einen ähnlichen Sinn erhält. Das von uns
in Abb. 2 reproduzierte, fchon erwähnte Ge-
webe zeigt in der aus dem Wipfel des Le-
bensbaumes auffteigenden menfchlichen Ge-
ftalt eine dem Gefäß entfprechendeDarftellung.

1 Perali, in „Augufta Perufia“, 1907, Fase. 5—6.

den Kentauren auf einigen diefer Gewebe,
direkt von etruskifchen Sarkophagen entlehnt
find, in geometrifchem Sinne umftilifiert, und
das gleiche ift der Fall bei dem „Albero
della Vita“, deffen Laubkrone, wie auch
fpäter noch oft, wenn das übrige fchon freiere
Formen zeigt, die Geftalt der umgekehrten
Pyramide bevorzugt.

Das Motiv des „Albero della vita“ ift von
Dr. Pericle Perali zum Gegenftande einer fef-
felnden Abhandlung gemacht worden.1 Der
Ausgangspunkt der Unterfuchungen Peralis
war ein bauchiges Gefäß umbrifcher Herkunft,
das fich im Louvre befindet. Es zeigt in ftreng
fymmetrifcher Stilifierung einen Baum mit fünf
Zweigen, mit herz- und kleeblattförmigen
Blättern und Früchten in Geftalt großer Pin-
ienzapfen. Der mittlere diefer Pinienzapfen
hat fich geöffnet, Kopf und Schultern einer
menfchlichen Figur fteigen daraus empor zum
Hälfe des Gefäßes, deffen Ornamente das

Äbb. 4. Peruginer Gewebe des 15. Jahrhunderts.
Pfauen und Truthähne auf den Zinnen eines
Torbaues. Wildfehweine affrontiert zwijdien
dem Baum des Lebens Sammlung Rocdii, Rom

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