Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0231
DOI Heft:
6. Heft
DOI Artikel:Münsterberg, Oskar: Chinesische Kunst in Amerika, [2]
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CHINESISCHE KUNST IN AMERIKA
ftoffe, Stickereien, Wandfchirme, Lacke,
Arbeiten aus Elfenbein, Bernftein, Türkis,
Holz, Porzellan und Fayence vorhanden.
Diefe Maffe des Materials bildet dabei
erft den Grundftock, und es ift zu er-
warten, daß bei Läufers verftändnisvoller
und unermüdlicher Arbeit ein fyftematifch
geordnetes Mufeum entfteht, das den
Kulturforfchern Apens wertvolle Dienfte
leiften wird.
Die Malereien (460) find dem Pro-
gramme entfprechend mehr nach der Dar-
ftellung als nach der künftlerifchen Qua-
lität gewählt, aber dabei find viele gute
Ausführungen vorhanden. So gibt uns
eine Bildrolle (Abb. 17) eine vortreffliche
Vorftellung einer mittelalterlichen Stadt mit
ihrer bevölkerten Straße und den klei-
nen Läden, die von zweiftöckigen Wohn-
häufern in Gärten überragt werden. Auf
einer andern Rolle (Abb. 18) fehen wir
das Knabenleben bei Spiel und Arbeit
dargeftellt.
Andere Bilder zeigen uns die Ver-
[chiedenheit der Kunftftile, aber auch zu-
gleich die eigenartige Bauart der Land-
häufer zwifchen Bergen am Wafferlauf
(Abb. 19) und der Tempel (Abb. 20) mit
hochgefchweiften Dächern. Obgleich es
jüngere Malereien find, erkennen wir doch
die abweichende Darftellungsart der Ge-
birge und Bäume. Ein Mingbild (Abb. 21)
führt uns das elegante Hofleben auf einer
Terraffe mit fchöner Ausficht vor. Das
lyrifch empfundene Stimmungsbild der älteren Zeit (Abb. 1) ift zu einer erzählenden lllu-
ftration entwickelt, bei der auf die Feinheit der Einzelausführung der Hauptwert gelegt ift.
Die harte aber forgfältige Ausarbeitung eines kirchlichen Bildes (Abb. 22) zeigt die
Ausführung des 18. Jahrhunderts, aber da es als Stil Wu Taotfe bezeichnet wird, dürfte
die Erpndung der Darftellung urfprünglich auf den Meifter des Mittelalters zurückgehen.
ln diefem Zufammenhang möchte ich noch ein bisher wenig beachtetes Gebiet des
chinefifchen Handwerks erwähnen. In einem intereffanten Buche1 über alte Tapeten
weift Käte Sanborn darauf hin, daß in New-England in Amerika, in den kleinen
Städten Maffachufet’s, eine Reihe alter Häufer erhalten find, die zurzeit von Wafhington
mit farbigen handgemalten chinepfchen Tapeten dekoriert wurden.
Salem bei Bofton wurde 1626 als Handelsplaß begründet und blieb bis zum
19. Jahrhundert einer der bedeutendften Häfen für den Verkehr nach Europa. Im
Äbb.22. Zwei flrhats, aus einer Serie der 18 Hrhat,
gez.: Im Stile von Wu Taotfe von Huang Shen,
Ende des 18. Jahrhunderts Fieid fflufeum, Chicago
Käte Sanborn. Old Time Wall Papers. New-York 1905.
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ftoffe, Stickereien, Wandfchirme, Lacke,
Arbeiten aus Elfenbein, Bernftein, Türkis,
Holz, Porzellan und Fayence vorhanden.
Diefe Maffe des Materials bildet dabei
erft den Grundftock, und es ift zu er-
warten, daß bei Läufers verftändnisvoller
und unermüdlicher Arbeit ein fyftematifch
geordnetes Mufeum entfteht, das den
Kulturforfchern Apens wertvolle Dienfte
leiften wird.
Die Malereien (460) find dem Pro-
gramme entfprechend mehr nach der Dar-
ftellung als nach der künftlerifchen Qua-
lität gewählt, aber dabei find viele gute
Ausführungen vorhanden. So gibt uns
eine Bildrolle (Abb. 17) eine vortreffliche
Vorftellung einer mittelalterlichen Stadt mit
ihrer bevölkerten Straße und den klei-
nen Läden, die von zweiftöckigen Wohn-
häufern in Gärten überragt werden. Auf
einer andern Rolle (Abb. 18) fehen wir
das Knabenleben bei Spiel und Arbeit
dargeftellt.
Andere Bilder zeigen uns die Ver-
[chiedenheit der Kunftftile, aber auch zu-
gleich die eigenartige Bauart der Land-
häufer zwifchen Bergen am Wafferlauf
(Abb. 19) und der Tempel (Abb. 20) mit
hochgefchweiften Dächern. Obgleich es
jüngere Malereien find, erkennen wir doch
die abweichende Darftellungsart der Ge-
birge und Bäume. Ein Mingbild (Abb. 21)
führt uns das elegante Hofleben auf einer
Terraffe mit fchöner Ausficht vor. Das
lyrifch empfundene Stimmungsbild der älteren Zeit (Abb. 1) ift zu einer erzählenden lllu-
ftration entwickelt, bei der auf die Feinheit der Einzelausführung der Hauptwert gelegt ift.
Die harte aber forgfältige Ausarbeitung eines kirchlichen Bildes (Abb. 22) zeigt die
Ausführung des 18. Jahrhunderts, aber da es als Stil Wu Taotfe bezeichnet wird, dürfte
die Erpndung der Darftellung urfprünglich auf den Meifter des Mittelalters zurückgehen.
ln diefem Zufammenhang möchte ich noch ein bisher wenig beachtetes Gebiet des
chinefifchen Handwerks erwähnen. In einem intereffanten Buche1 über alte Tapeten
weift Käte Sanborn darauf hin, daß in New-England in Amerika, in den kleinen
Städten Maffachufet’s, eine Reihe alter Häufer erhalten find, die zurzeit von Wafhington
mit farbigen handgemalten chinepfchen Tapeten dekoriert wurden.
Salem bei Bofton wurde 1626 als Handelsplaß begründet und blieb bis zum
19. Jahrhundert einer der bedeutendften Häfen für den Verkehr nach Europa. Im
Äbb.22. Zwei flrhats, aus einer Serie der 18 Hrhat,
gez.: Im Stile von Wu Taotfe von Huang Shen,
Ende des 18. Jahrhunderts Fieid fflufeum, Chicago
Käte Sanborn. Old Time Wall Papers. New-York 1905.
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