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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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6. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0236

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SAMMLUNGEN

nur bei Marees, deffen Werke ja überhaupt
zum erften Male als ihr Befitj im Rahmen der
Galerie erfdieinen, hat man das Gefühl, als
fähe man vieles überhaupt zum erften Male.

* *

*

Das Märzheft der „Amtlichen Berichte aus
den Königl. Kunftfammlungen“ verzeichnet zu-
nächft einige figürliche perfifche Stuckplaftiken,
die der islamifchen Abteilung des KAISER
FRIEDRICH-MUSEUMS zufielen. Von den bei
den Ruinen von Rhages gefundenen Stücken ift
die Figur eines bartlofen Jünglings, in Hoch-
relief, teilweife freiplaftifch modelliert und er-
innert in der Haltung des Oberkörpers, nament-
lich mit der hochgehobenen Schulter und im
Kopftypus an faffanidifche Vorbilder. Es wird
die Figur eines Hofmannes aus einer Thron-
fzene fein, wie fie auf zwei ebenfalls neu er-
worbenen runden Stuckreliefs wiederkehrt. Die
Figur erinnert in Haltung, Gewand und Kopfbe-
deckung an Budiilluftrationen des 12. Jahrhun-
derts und dürfte derfelben Zeit angehören. Ihr
fteht künftlerifch nahe ein kleiner grünblauer
Frauenkopf aus glaperter Fayence. Dagegen
legen bei zwei anderen, gleichfalls bei Rhages
gefundenen Köpfen die Kopfbildung und die
Form von Äugen, Nafe und Mund die Ver-
mutung nahe, daß es fich um Mongolenkunft
handele. Dem gleichen Typus gehört ein kleines
Gipsköpfchen an, ein Gefchenk des Herrn Dr.
Meyer-Riefftahl. Endlich zeigt ein Fragment
eines Stuckfriefes (ftark reliefierte Löwenfigur
zwifdien Blattranken) die ftark naturaliftifche
Tendenz und das Zurücktreten des Ornaments
in der perfifchen Kunft des 13.—14. Jahrhunderts.

Dem KUPFERSTICHKABINETT fiel unter an-
deren Miniaturen eine fehr intereffante Initiale Ä
zu, die als Inhalt des Buchftabens eine Darftel-
lung der meffianifchen Weisfagungen über die
Geburt und Herrfchaft Chrifti zeigt. Der Farbe
wie der Technik und dem ganzen Stil nach ge-
hört das Blatt mit einer gleichfalls dem Kupfer-
ftichkabinett gehörigen Darftellung des apoka-
lyptifchen Weibes zufammen. Beide Blätter, die
von Dürers Äpokalypfe abhängen, find von der-
felben Hand, die einige Miniaturen in dem
Gebetbuche des Connetable von Montmorency
in Chantilly gemalt hat. Es ift das der Meifter
des Gebetbuches Heinrichs II. (Paris, Biblio-
theque Nationale), deffen Arbeiten um 1550

entftanden find. # #

*

Unter den neuen Erwerbungen des MÄRKI-
SCHEN MUSEUMS find die Bildniffe desEunicke-
fchen Ehepaares von Franz Krüger unbeftreitbar
das wert- und reizvollfte. Diefen neu aufge-

tauchten Darftellungen des berühmten Berliner
Tenoriften und feiner gleichfalls an der Berliner
Oper wirkenden Gattin gefellen fich zwei andere
bereits bekannte Paare zu. Indeffen find die
Exemplare des Märkifchen Mufeums offenbar
die erften der Bildniffe, die Krüger von feinen
Schwiegereltern fchuf. Sie entftanden 1837 in
Sachfenhaufen bei Oranienburg, dem Geburts-
orte Eunickes, wo das Ehepaar wohl feit feinem
Äbfchied von der Bühne den Sommer verlebte.
Wie immer die Krügerfchen Bildniffe dann am
beften zu gelingen pflegten, wenn ein perfön-
lich-menfchiiches Intereffe an dem Dargeftellten
vorhanden war, fo pnd auch diefe Bilder durch
eine ungemein lebendige Charakteriftik und ma-
lerifch reiche, feine Behandlung ausgezeichnet.
Sie gehören zu dem Beften, was Krüger im
Porträtfache gefchaffen hat. Ein zweites Ölbild,
das neu ins Mufeum kam, ftellt von einem un-
bekannten Berliner Künftler eine von Schiffen be-
lebte Partie der Spree in der Gegend der jeßigen
Dorotheen- und Neuen Wilhelmftraße dar, wohin
damals die Gärten der Grundftücke am Parifer
Platj reichten. Seiner Technik nach dürfte es
in die Nähe Erdmann Hümmels gehören. Das
Landfchaftliche, namentlich die Behandlung des
Laubes und der Backfteinmauern ift manchmal
recht reizvoll, während die etwas fehr theatra-
lifch-italienifche Staffage dagegen abfällt. Aus den
Magazinen der märkifchen Kirchen konnte auch
wieder einiges erworben und in der prachtvollen
Kirchenhalle des Mufeums wieder zu Ehren ge-
bracht werden. So aus der Heiligen Geiftkirche
zwei Holzfiguren des frühen 16. Jahrhunderts,
eine Anna felbdritt und eine Maria mit dem
Kinde in vorzüglich erhaltenen alten Faffungen
und Schreinen, ferner aus Tempelhof ein heil.
Georg in Vollrelief, eine fehr reizvolle, fchlanke,
graziöfe Arbeit des 15. Jahrhunderts. Für die
Miniaturabteilung wurde ein Porträt Friedrich
Wilhelms II. erworben, eine feine, mit uner-
bittlicher Wahrheit durdigeführte Arbeit. End-
lich gelang es, die Abteilung der märkifchen
Keramiken fehr beträchtlich zu vermehren, und
um bedeutende Stücke der Rheinsberger, der
Plauer und der Potsdamer Fayencemanufakturen,
die lebten mit Marken verfehen. Über diefe
Erwerbungen foli hier demnächft ausführlich
und in größerem Zufammenhange gehandelt
werden. H. Fr.

BREMEN Veränderungen imMufeums-
wefen. Das HISTORISCHE MUSEUM, 1900
durch den Bremer Staat eröffnet, von Direktor
Dr. Focke organifiert und geleitet, ift aus feiner
früheren Behaufung am Dom ausgezogen. Her-
gerichtet für die Aufnahme der Sammlungen

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