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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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6. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0237

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I

wurde das Altenheim in der Altftadt, in wunder-
voller, echt bremifcher Umgebung direkt an der
Wefer gelegen. Das große Gebäude aus Back-
ftein, um 1700 erbaut, umfchließt nach holländi-
fchem Mufter einen Hof. Die Sandfteinfaffungen
der Tore in ihrer feltfamen Mifchung von Re-
naiffance und Barock find befonders charakte-
riftifdi für den bremifchen Stil. Das Mufeum
fammelt nur Gegenftände, die fich auf die Ge-
fchichte Bremens, fpeziell auf Handel und Schiff-
fahrt beziehen. Man bemerkt z. B., daß kirch-
liche Geräte und Bilder ganz fehlen, weil es die
in Bremen nicht gibt.

Die Bürgerfchaft verlangt die Schaffung eines
KUNSTGEWERBE-MUSEUMS aus den Befän-
den der Vorlagenfammlung der Kunftgewerbe-
fchule. Schon 1903 wurde dem erften Affiftenten
die Stellung eines verantwortlichen Verwalters
übertragen. Inzwifchen vergrößerten fich die
Sammlungen derart, daß fie jeßt 15000 Kunft-
werke einfchließen. Es wird die Unabhängigkeit
des erften Affiftenten Dr. Balet von der Direktion
der Kunftgewerbefchule verlangt, fodann, dem-
felben die feinen Leiftungen entfprechende Stel-
lung als Direktor zu geben. Der Antrag wird
damit begründet, daß die repräfentative Stellung
als Direktor befonders im Verkehr mit Händlern
und Gewerbetreibenden angebracht ift, daß ferner
ßch der Direktor durch Eintritt in den Inter-
nationalen Geheimverband der Mufeumsdirek-
toren vor Ankauf im Kunfthandel auftauchender
Fälfchungen fchüßen kann. Der jährliche Ankaufs-
etat der Sammlung beträgt etwa 30000 M. C. St.

HÄÄG Das KONINKLIJK KABINET VAN
SCH1LDERIJEN (Mauritshuis) kam durch Mini-
fterialbefchluß in den Befiß der fünf Gemälde
aus der Sammlung Steengracht, welche die
holländifche Regierung für 400000 fl. von der
„Vereinigung Rembrandt“ erwarb, die fie ihrer-
seits auf der Auktion für 550000 fl. gekauft
hatte. Der Vorfißende der Vereinigung, Herr
M. P. Voüte, wurde durch Verleihung des nieder-
ländifchen Löwenordens ausgezeichnet. DieBilder
gelangten infolge des von der Regierung ein-
genommenen Standpunktes in die Haager Galerie,
daß die Kunftwerke möglichft der Stadt erhalten
bleiben follten, in der fie gefammelt wurden.
Diefe find:

1. Jan Steen, das große Familienfeft, „Soo
d’Ouden songen, soo pypen de jonghen“, das
größte Gemälde, das der Künftler jemals dar-
geftellt, auf dem er feine Familie in prächtiger
Gruppierung wiedergegeben hat und das eine
wertvolle Bereicherung der Steenkollektion des
Mauritshuis’ bedeutet, das fdion neun Arbeiten
von dem Meifter bepßt;

SAMMLUNGEN

2. Meindert Hobbema, die zwei Waffer-
mühlen, mit denen der Künftler in der Samm-
lung, die noch keinen Hobbema enthielt, nun
vorzüglich vertreten ift;

3. Ifaak van Oft ade, das bekannte Bild-
chen „Der Schweinetreiber“, das, 1644 datiert,
mit den feinen grauen, rofa und blauen Tönen
im Gewände des Mannes, ftets als Meifterwerk
des jung verftorbenen Malers galt, das ihn
würdig an die Seite feines Bruders Adriaen
ftellt; bisher hatte das Mufeum noch keinen
F. v. Oftade;

4. Gerard ter Borch, „Mutterforgen“, jenes
innige, ftimmungsvolle, in phyßionomifcher Wie-
dergabe wie in raffinierter Farbenzufammen-
ftellung und -Abtönung gleich hervorragende
Werk des vorzüglichen Interieurdarftellers;

5. Job Berckheyde, „Oude Gracht in Haar-
lem“, die im Katalog der Sammlung Steengracht:
„Kanal in Delft“ genannt und Gerrit Ädriaensz.
Berckheyde zugefchrieben war. Der gefchloffene
Aufbau der Kompofition, fowie die Konzentra-
tion des Lichteinfalls verraten jedoch den Maler
von Interieurs, der G. Berckheyde nicht gewefen
ift. Auch ift das Bild deutlich: J. Berckheyde
1666 bezeichnet, fo daß es ohne Zweifel ihm
zugeteilt werden muß. Daß die Oude Gracht in
Haarlem dargeftellt ift, geht fchon aus dem Auk-
tionskatalog G. van der Pals’ von 1824 hervor,
in deffen Kollektion fich das Gemälde befand.
In Delft ift übrigens, fo viel bekannt, niemals
eine folche Brücke mit drei Bogen gewefen; für
Haarlem fpricht auch die Tatfache, daß der Maler

dort wohnte. * *

*

Das KUNSTGEWERBE-MUSEUM erhielt von
Herrn O. Haagmans die komplette Einrichtung
eines indifchen Zimmers als Leihgabe, das aus
reich mit orientalifchen Motiven gefchnißten
Fauteuils, Spiegeln, Ofenfchirmen, arabifchen
Bänken, Stühlen, aus Etageren, Kupferwerk,
Glas und Porzellan befteht. Wegen voliftändigem
Plaßmangel muß diefe umfangreiche und inter-
effante Kollektion vorläupg außerhalb des Mu-
feums untergebracht werden. R. B.

HÄÄRLEM Aus dem KUNSTGEWERBE-
MUSEUM wurde eine wertvolle Kanne aus
dem 17. Jahrhundert geftohlen, die „bequem von
einem Befucher in die Tafche gefteckt werden
konnte“. Ein weiteres Bulletin gibt die Mufeums-
verwaltung nicht heraus.1

In den Ausftellungsräumen ift eine intereffante
Kollektion orientahfcher Stickereien aus dem
Befiß des Mufeums zu fehen. Es ßnd vor allem

1 Inzwifchen bei einem Kunfthändler entdeckt und von
der Direktion zurückgekauft.

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