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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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6. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0238

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SAMMLUNGEN

britifch-indifdie, perfifche, kroatifche und chine-
fifche Arbeiten, daneben ägyptifche und arabifche
Stücke, ein paar flavonifche und einige perfifche
Gewänder, alte Gewebe neben venetianifdiem
Seidendamaft. R. B.

OLDENBURG i. Gr. Der Oldenburger
Landtag befchloß in feiner Schlußfißung, einer
Regierungsvorlage entfprediend, die kunftge-
werblichen und kulturgefchichtlichen Sammlungen
des Kunftgewerbevereins auf den Staat zu über-
nehmen und ein neues KUNSTGEWERBE-
MUSEUM zu bauen. Der größere und wert-
vollere Teil der Mufeumsfammlungen ift bereits
voriges Jahr mit den naturgefchichtlidien und
vorgefchichtlichen Gecjenftänden (im Naturhifto-
rifdien Mufeum unter Prof. Dr. Martin) aus
großherzoglichem in ftaatlichen Befiß übergegan-
gen. Einen Plaß am Damm unweit der Galerie,
der Bibliothek, des Archivs, des Schloffes und
des Naturhiftorifchen Mufeums hat die Stadt
gefchenkt; Oldenburg gewinnt damit fozufagen
eine Zentralgegend für alle wichtigen Bildungs-
anftalten, unter denen wohl das neue Kunft-
gewerbemufeum eine bevorzugte Stellung ein-
nehmen wird. Der Entwurf von Baurat Rauch-
held-Oldenburg läßt einfache Formen unter ge-
wiffer Berückfichtigung norddeutfcher Eigenart
vorwalten. Die Anordnung der Räume, die
Einrichtung und Art der Aufteilung wird felbft-
verftändlich ebenfalls nach modernen, anderswo
bereits erprobten Grundfäßen gefchehen, auf
überflüfßge malerifche Zugeftändniffe und Stil-
ergänzungen verzichten und unter Betonung
ftrenger Wiffenfchaftlichkeit und Sachlichkeit die
Originalwerke zur Wirkung kommen laffen.

Das Ziel der Verftaatlichung des Kunftgewerbe-
mufeums war längft erftrebt. Als Vorfißender
des Kunftgewerbevereins hat Erfter Staatsanwalt
Riefebieter mit unermüdlicher Tatkraft an
diefer Vollendung gearbeitet und darf fomit das
ganze Verdienft am Zuftandekommen der Ver-
ftaatlichung und des Neubaus für fich in An-
fprudi nehmen. Da viele deutfche Mufeen den-
felben fchwierigen Weg zurückgelegt haben
oder teilweife noch erkämpfen, wird man fich
auch ohne eingehende Befchreibung von den
einzelnen Entwicklungsftufen und der Art der
gegnerifchen, veralteten Auffaffungsweife einen
Begriff machen, um fo höher daher die ver-
hältnismäßig fchnelle Reife in Oldenburg ein-
fchäßen.

Aus den kleinen Anfängen einer Vorbilder-
fammlung Ende der achtziger Jahre gelang es
dem erften Direktor, Profeffor Narten — haupt-
fächlich durch gefchickte Ausnußung des Kunft-
marktes im eigenen Lande — fchnell eine an-

fehnliche Sammlung zufammenzubringen; dazu
kam der Kauf der großen Schmiedeeifenfamm-
lung des Malers Taufend in Neu-Ulm und die
glückliche Erwerbung des fpätbarocken Wand-
teppichs mit Grottesken nach Berain, eines wich-
tigen Vergleichsftückes zu der bekannten, für
das Reichstagsgebäude gekauften Gobelinfolge
aus Schloß Ranßau (Holftein). Durch die Über-
nahme des Großherzoglichen Altertumskabinetts
erhielt das Mufeum einen außerordentlich er-
freulichen Zuwachs, eine Reihe von Kunftgegen-
ftänden, die für Oldenburg fonft nicht zu er-
werben wären. Da gleichzeitig aus dem Groß-
herzoglichen Mufeum die fehr wertvolle, von
Oberkammerherrn von Alten zufammengebrachte
Heimatsfammlung (kirchliche Schnißfiguren und
Geräte, gefchnißte Möbel der Renaiffancezeit,
Waffen, Metallarbeiten, Trachten und Bauern-
hausrat) übernommen wurden, fo erhielt Olden-
burg unerwartet einen Vorfprung vor den Nach-
barmufeen. Der Kunftgewerbeverein aber wurde
derartig mit Mufeumsaufgaben belaftet, daß feine
Tätigkeit für die kunftgewerbliche Zeichenfchule
zurücktreten mußte. Troßdem darf nicht ver-
kannt werden, daß die kleine Schule, in der
jeßt der Konfervator der Gemäldegalerie, R. tom
Dieck, unterrichtet, manche Erfolge aufzuweifen
hat; die Gründe für den Rückgang liegen auch
auf anderem Gebiete. Anftatt nun die felbftän-
dige Bedeutung und den hohen Kulturwert des
Mufeums zu erkennen, glaubte eine kleine Ol-
denburger Gegengruppe, auf Rückdämmung aller
Mufeumsbeftrebungen hinarbeiten zu müffen in
dem Wahne, fo dem modernen Handwerk zu
nüßen. Vor allem wurde bis in die Landtags-
verhandlungen hinein die Wahl eines mufeums-
wiffenfchaftlichen Direktors bekämpft. Zum
Glück vereitelte das Intereffe aller Volkskreife
an dem 1910 geordneten Kunftgewerbemufeum
und das natürlich fühlende Kunfthandwerk felber
den Sieg der Gegengruppe. Ein Teil des Hand-
werks hat außerdem durch Gründung eines
Werkbundes ein Mittel zu eigener kraftvoller
Entfaltung gefunden. In erfter Linie durch die
dankenswerte Unterftüßung des Oberbürger-
meifters Tappenbeck, der klar die Kulturbedeu-
tung von Mufeen erkannte und unter dem die
Refidenzftadt auch in ftädtebaulicher Hinficht
einen hohen Auffchwung genommen hat, ift es
gelungen, eine Mehrheit für die Regierungs-
vorlage zu gewinnen. Die Regierung felber
hat fich mit fo erfreulicher Wärme für die Sache
eingefeßt, daß auch für die Zukunft das Befte
zu erhoffen ift.

Die Hauptftüße des Kunftgewerbemufeums war
in den leßten kritifchen Jahren die Mufeums-
gefellfchaft. Ihr ift es zu danken, daß die

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