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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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6. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0240

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AUSSTELLUNGEN

janifchen Wandmalerei ganz frei und felbftändig
verwendet find. Gerade diefe antikifierenden
Dekorationen braucht man nur mit den unge-
fähr gleichzeitigen Ausmalungen Speckters und
Mildes in Hamburg und Lübeck zu vergleichen,
um mit aller Stärke zu empfinden, daß hier aus
jedem Wandfelde der Tektoniker fpricht. Von
den ausgeftellten Entwürfen zu Bauten feffeln
am meiften die für die Königswache, für das
Alte Mufeum, und befonders die für das Denk-
mal Friedrichs des Großen auf dem Potsdamer
Mühlenberge. Es gibt da ein Blatt, einen Auf-
blick an der gewaltigen Mauer des Hügels zu
dem krönenden Tempel, vor dem man empßndet,
daß uns hier das Gefchick ein Werk von fo
unantaftbarer Schönheit und fo hoher Majeftät
genommen hat, wie wir ähnliches nicht befißen.
Aus drei wundervollen Entwürfen fpricht Schinkel
der Städtebauer. Zwei von ihnen, die für die
Geftaltung des großen Sternes und des Plaßes
vor dem Brandenburger Tor find geradezu
muftergültig, und nicht nur wenn man an das
denkt, was unfere Tage daraus gemacht haben.
Verhältnismäßig gering ift der Teil von Schinkels
Schaffen vertreten, der neue Formen fchuf. Hier
fchlummert noch viel in den Mappen. Das In-
tereffe, das diefer Ausftellung entgegengebracht
wird, wird aber hoffentlich auch diefe Dinge
einmal ans Licht einer Ausftellung bringen. «Die
Befudhszeiten der Ausftellung und des Mufeums,
das im Hauptbau der Technifchen Hochfchule
häuft, find: Montags, Mittwochs, Freitags von
10—4 und Sonntags von 10—1 Uhr. Sie bleibt
bis zum 31. März geöffnet.

Die Galerie EDUARD SCHULTE zeigt auf
ihrer Märzausftellung eine Anzahl fehr inter-
effanter Kollektionen, als umfangreichfte die
große Sammelausftellung von Werken Hans
Thomas. So intereffant jedesmal ein folcher
Überblick über das Thomafche Schaffen ift, dem
Meifter wird damit kein Gefallen erwiefen. Na-
mentlich nicht, wenn viele von den Bildern ge-
zeigt werden, in denen Thoma dem populären
Böcklin nacheifert, ohne daß es ihm doch, felbft
bei identifchen Themen, gelingt, Stimmung und
Wefen der Elemente und Gezeiten in einer Gefte
oder Figur überzeugend einzufangen. Ebenfo-
wenig gehören die religiöfen Bilder zu Thomas
beften Schöpfungen. Sie bleiben dem Gegen-
ftande Herbheit und Hoheit fchuldig und find,
wie die ftaffierten Landfchaften, im Innerften
nazarenifch, weil auch bei Thoma das Gemüt
die Formkraft aufzehrt und eine fentimentale
Flauheit an ihre Stelle feßt. Zudem ift ihm die
Meifterung des Bewegten wie die des Großen

und Wuchtigen überhaupt verfagt. Das Befte
bleiben fomit die ftillgeftellten, nachdenklichen
Porträtköpfe, denen die altväterifche,etwas unbe-
holfene Art zugute kommt, und die ganz ein-
fachen Landfchaften. In ihnen fteckt auch Thomas
Selbftändigkeit, während man fonft von den
frühen Klingerfchen Landfchaften und von den
fpäten Böcklins her Einflüffe entdeckt, die auch,
wie überhaupt die Thomafchen Malweifen, nicht
etwa auf eine beftimmte Periode feines Schaffens
befchränkt find, fondern durch Jahrzehnte immer
wieder auftauchen. Von Frau Cella Thoma
fieht man einige Stilleben, von denen die gut
fachlichen, wie die Pprfiche, den dekorativen
merklich überlegen find. Die zweite Kollektion
gibt eine Überficht über das Schaffen Leffer-
Urys in den Jahren 1882—1913. Sie ift nicht
vollftändig; es fehlen die religiöfen Stücke (der
Jeremias) und die früheften Landfchaften, wie
das Gehöft, das Casper bepßt. Aber die Linie
der Entwicklung wird doch deutlich. Sie ift be-
ftimmt durch Corotfche Einflüffe und das Stu-
dium der belgifchen Kunft. Hierzu gefeilt fich
eine Farbigkeit von der Art der fpäten Thau-
lowfchen Radierungen, und fie hat in das Werk
Leffer-Urgs eine Süßigkeit und einen Roman-
tismus hineingebracht, die nicht nur die Land-
fchaften, fondern auch fo vorzügliche Porträts
wie das Paul Schlenthers empfindlich fchädigt.
Man empßndet es da doppelt befreiend, daß
diefes ftarke Talent fich retten konnte, und die
leßten, ftarkfarbigen und fehr hellen Landfchaften
führen den Beweis, daß aus diefen Durchgangs-
ftadien die lebendigen und fruchtbaren Elemente
zu einer neuen, wefentlich reiferen und ftärkeren
Art pch gruppiert haben. Eine ungeftörte, ge-
funde Entwicklung zeigt die Kollektion Fr.
Kallmorgens. Die 26 durchweg guten Bilder
führen von einer derben fchweren, farbigen Art
über eine Manier, die etwa den fpäten Menzel-
fchen Aquarellen nahefteht und über Lieber-
mannfche Einßüffe zu einer hellen, die Farbe fehr
vereinfachenden Periode zu den leßten Bildern,
die bei vollfter Farbigkeit und Kraß doch wieder
reicher und wärmer nuanciert. Von den übrigen
Beftänden der Ausftellung ift dann noch die
Kollektion des Düffeldorfers Friß Weftendorp
zu nennen, Landfchaften aus Frankreich und
Belgien, die ein feines Verftändnis der verfchie-
denen Landfchaßscharaktere und eine folide, an
Piffarro und den Belgiern gefchulte Technik ver-
raten, und aus dem leßten Jahre zwei Still-
leben, die einen großen Fortfehritt bedeuten.
Es find Dinge, die durchaus felbftändig gefehen,
und frifch und fehr großzügig, bei feiner Rück-
ficht auf die Valeurs, vor der Natur gemalt
find, und eine bedeutend pcherere Garantie für

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