Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0272
DOI Heft:
[7. Heft]
DOI Artikel:Schmidt, Paul Ferdinand: Die Kunst auf dem internationalen Markt, III.
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DIE GALERIE FLECHTHEIM IN DÜSSELDORF
Abb. 12. MAX STERN, Ulanen
feinerzeit im Sonderbunde —
eigentlich nur Max Lieber-
mann gut vertreten. Aber auf
diefer Seite der Grenze bedeutet
überhaupt die Gegenwart und
ihre Begebungen alles, und
Düffeldorf allein vertritt die Ehre
der älteren Generationen mit
vollem Nachdruck. Hier feljt die
bewußte Politik des Kunfthänd-
lers ein, der Partei ergreift und
ergreifen muß, will er ein Führer
im Kampf der Kunftrichtungen
fein: die Jugend, die von Ce-
zanne, van Gogh und Munch,
von Gauguin und Matiffe den
Mut zu Bekenntniffen geholt hat,
foll hier eine neue, groß an-
gelegte Heimftätte erhalten.
Aber nicht wahllos: die Gäfte der Galerie und ihrer Ausheilungen find mit Sorg-
falt, mitunter auch mit etwas Eigenwillen ausgefucht. So vermißt man ungern den
größten deutfchen Maler, Emil Nolde, und fieht Kokofchka nur im Hintergründe. Dafür
aber erfreut eine entfchiedene Fähigkeit, das Echte und Selbftändige herauszuerkennen
und voranzuftellen; fo wenn von den Berlinern Erich Heckei, von den Rheinländern
Helmut Macke und insbefondere Heinrich Nauen, der viel zu Unbekannte, der feit
1904 feinen Weg in ficherer Entwicklung
über van Gogh und Matiffe zu fich felber
gefunden hat, bevorzugt werden. Munch
hat den Ehrenpoften inne, der feiner über-
ragenden und univerfalen Bedeutung ge-
bührt. Dann kommen von jenen Deutfchen,
die fich in Paris namentlich die farbige Kultur
und die finnliche Schönheit der Oberflächen-
behandlung der Franzofen aneignen, vor
allem Otto von Waetjen und Rudolf
Levy in Frage.
An Plaftik ift kein Mangel; fie fteht durch-
weg auf der Höhe der Zeit. Vortrefflich ift
G. Minne in Marmor und Holzfiguren ver-
treten; ebenfo Maillol, Barlach, Lehm-
bruck, Hoetger und Haller. Griechifche,
ägyptifche, Negerfkulpturen durften zum Ver-
gleich nicht fehlen. Als „Hausplaftiker“ fo-
zufagen ftellt fich der begabte Ernefto de
Fiori vor.
Man erkennt aus diefen Richtlinien, die . ._ „„ „ ,_ , _ ,
... , ,. , ,, Abb.13. NILS VON DARDEL, Knabe am Fenfter
durch die Fülle der erftmahg ausgeftellten Im Bepfc des Freiherrn von der Heydt m Elberfeld
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Abb. 12. MAX STERN, Ulanen
feinerzeit im Sonderbunde —
eigentlich nur Max Lieber-
mann gut vertreten. Aber auf
diefer Seite der Grenze bedeutet
überhaupt die Gegenwart und
ihre Begebungen alles, und
Düffeldorf allein vertritt die Ehre
der älteren Generationen mit
vollem Nachdruck. Hier feljt die
bewußte Politik des Kunfthänd-
lers ein, der Partei ergreift und
ergreifen muß, will er ein Führer
im Kampf der Kunftrichtungen
fein: die Jugend, die von Ce-
zanne, van Gogh und Munch,
von Gauguin und Matiffe den
Mut zu Bekenntniffen geholt hat,
foll hier eine neue, groß an-
gelegte Heimftätte erhalten.
Aber nicht wahllos: die Gäfte der Galerie und ihrer Ausheilungen find mit Sorg-
falt, mitunter auch mit etwas Eigenwillen ausgefucht. So vermißt man ungern den
größten deutfchen Maler, Emil Nolde, und fieht Kokofchka nur im Hintergründe. Dafür
aber erfreut eine entfchiedene Fähigkeit, das Echte und Selbftändige herauszuerkennen
und voranzuftellen; fo wenn von den Berlinern Erich Heckei, von den Rheinländern
Helmut Macke und insbefondere Heinrich Nauen, der viel zu Unbekannte, der feit
1904 feinen Weg in ficherer Entwicklung
über van Gogh und Matiffe zu fich felber
gefunden hat, bevorzugt werden. Munch
hat den Ehrenpoften inne, der feiner über-
ragenden und univerfalen Bedeutung ge-
bührt. Dann kommen von jenen Deutfchen,
die fich in Paris namentlich die farbige Kultur
und die finnliche Schönheit der Oberflächen-
behandlung der Franzofen aneignen, vor
allem Otto von Waetjen und Rudolf
Levy in Frage.
An Plaftik ift kein Mangel; fie fteht durch-
weg auf der Höhe der Zeit. Vortrefflich ift
G. Minne in Marmor und Holzfiguren ver-
treten; ebenfo Maillol, Barlach, Lehm-
bruck, Hoetger und Haller. Griechifche,
ägyptifche, Negerfkulpturen durften zum Ver-
gleich nicht fehlen. Als „Hausplaftiker“ fo-
zufagen ftellt fich der begabte Ernefto de
Fiori vor.
Man erkennt aus diefen Richtlinien, die . ._ „„ „ ,_ , _ ,
... , ,. , ,, Abb.13. NILS VON DARDEL, Knabe am Fenfter
durch die Fülle der erftmahg ausgeftellten Im Bepfc des Freiherrn von der Heydt m Elberfeld
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