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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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9. Heft
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Bangel, Rudolf: Umgestaltungen und Neuerwerbungen in der kgl. Gemäldegalerie im Haag
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0350

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UMGESTALTUNGEN UND NEUERWERBUNGEN IN DER KGL. GALERIE IM HAAG

feit der Ausftellung alter Kunft im Haager Pulchri Studio vom Jahre 1890 (wo das Ge-
mälde unter Nr. 22 des Katalogs befchrieben ift) an, daß die Dargeftellten einen Rolinx-
werth und feine Frau vorftellen. Es könnte dann (nach Notizen des Erblaffers) Melchior
von Rolinxwerth fein (Ratsherr zu Köln, verehelicht mit Urfula Sudermann und ge-
worben in Köln am 29. Februar 1568).

Der Mann trägt ein fchwarzes Barett und einen fchwarzen Mantel mit Pelzbefaß.
Die linke Hand fchmücken zwei große Ringe, die rechte hält ein Glas. Auf der
Baluftrade liegen zwei Nelken. Über feinem Kopf auf dem braunen Hintergrund lieft
man die Alterszahl 34 zwifchen der Jahreszahl 1529. Die Frau hat ein fchwarzes
Häubchen auf, über das ein weißes Tuch gelegt ift, trägt ein Brokatmieder und ein
fchwarzes Gewand mit buntem Futter, einen goldenen Gürtel und eine fchwer goldene
Doppelkette. Um den Hals hängt ein koftbares Medaillon von feinfter Goldfchmiede-
arbeit, das auch auf dem Frauenporträt in Petersburg (Cat. d. Eremitage v. 1895, Nr. 471)
vorkommt. Die rechte Hand, die mit drei büßenden Ringen geziert ift, faßt behutfam
mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger zwei rote Nelken, die mit zwei Ringen ge-
fchmückte Linke hält den Handfchuh. Auch über ihrem Kopfe fteht das Lebensalter
28 und die Jahreszahl 1529.

Die Lucretia auf der Rückfeite des Frauenbildniffes ift ebenfalls als Halbfigur ge-
geben, die gegen einen graugrünen Hintergrund vor einer Baluftrade fteht. Der Körper
ift nur mit einem weißen Tuch bekleidet, das ein Bein und eine Schulter verhüllt.

Aus der Nachlaffenfchaft des verftorbenen Mitglieds der erften Kammer Baron van
Pallandt van Eerde erhielt das Mufeum zwei Gemälde des 17. Jahrhunderts: eine
Arbeit von Pauwel de Vos und eine, die Ludolf de Jongh zugefchrieben wird.

Von dem Vlamen Pauwel de Vos befißt das Mauritshuis bereits die bekannte
große Hirfchjagd. Das neu erworbene Bild zeigt zwei prächtig gemalte weiß und braun
gefleckte Jagdhunde, welche Rebhühner aufjagen. Es ift vor allem bemerkenswert
durch feine dekorativen Effekte und hat feinen Plaß in demfelben Saal gefunden, in
dem die Hirfchjagd des Künftlers hängt.

Das andere Gemälde war von Baron van Pallandt Jan Both zugefchrieben worden
(Abb. 4). Es ftellt eine Jagdgefellfchaft in den Bergen vor und wurde in dem neuen
ausführlichen Catalogue raisonne von Martin an L. de Jongh (1616—1679) gegeben.
Die Bezeichnung links unten: „J. Both“ hat fich als nicht echt erwiefen. Daß Martin
an de Jongh dachte, gründet fich auf die Beobachtung, daß diefer als Landfchaftsmaler
— als der er übrigens nur feiten auftritt — dem A. Cuyp nahe verwandt erfcheint.
Die Landfchaft in dem Mauritshuis-Bild erinnnert nun lebhaft an den Dordrediter; vor
allem in den rot-braunen Felfen zur Linken. De Jongh ift auch die Kombination von
blau, gelb und rot in den Figuren, die an das Meifterwerk des Künftlers, die Genre-
fzene in der Kollektion Hofftede de Groot, denken läßt. Diefer und auch andere Fach-
genoffen haben die Zufchreibung für fehr wohl möglich erklärt. Will man an der urfprüng-
lichen Zuteilung an Jan Both fefthalten, fo wäre, da die Landfchaft nur weniges von dem
Meifter hat, dafür nur anzugeben, daß die Staffage von feinem Bruder Andries Both
herrühren könnte, an den allerdings der Mann mit dem Schlapphut neben dem Knieen-
den links erinnert. Da aber nach Annahme der neueften Forfchungen Andries die
Bilder feines Bruders nur feiten ftaffiert hat (mit Ausnahme u. a. des von beiden
bezeichneten Gemäldes im Frankfurter Städel) und das Kolorit der Figuren im Bilde
des Mauritshuis überdies viel zu leuchtend für den fonft mit dumpfen Farben arbeiten-
den Genremaler ift, fo bleibt nicht viel, um der Zufchreibung an Jan Both noch ge-

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