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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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9. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0370

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AUSSTELLUNGEN

G. Sauter, der feit Jahren in London anfäffig
ift (mit einem feiner in ihrer Unberührtheit faft
überirdifchen Älpenbilder, einer frühlingszarten
Darftellung Londons im erften Grün und einem
Porträt des Oxforder Profeffors der deutfchen
Literatur Fiedler, das fehr glücklich aus momen-
taner Gefte und Spannung das bleibend Cha-
rakteriftifche herausholt), Alfred Stevens (mit
einem geliehenen Interieur). Unter ca. 250 Wer-
ken ift das denn doch für eine „internationale“
Ausftellung zu wenig.

Wer trägt die Schuld an diefem Umftand?
Zum allergrößten Teil unzweifelhaft das Lon-
doner Publikum und die Londoner Preffe, leß-
tere wohl die größte. Denn entweder werden
fremdländifche Künftler von ihr ganz ignoriert
oder mit einer hochmütig oberflächlichen Hand-
bewegung abgetan. Charakteriftifch ift dafür
das diesjährige Referat der „Morning Poft“, in
dem es heißt, daß die auffallend geringe Be-
teiligung des Auslandes durchaus nicht zu be-
klagen fei. Wenn die Kritiker felber nicht ein-
mal Intereffe dafür haben, die Entwicklung in
anderen Ländern, wenn auch noch fo befcheiden,
zu verfolgen, wie kann man ein folches beim
Publikum erwarten! Und felbft wenn es vor-
handen wäre, müßte es durch diefe kurzfichtige
Haltung der Preffe allmählich zerftört werden.
Glaubt die Londoner Preffe mit ihrem Verhalten
wirklich den einheimifchen Künftlern zu helfen,
indem fie ihnen „Konkurrenten“ fernhält? Sollte
dem fo fein, fo würde das ein geringes Ver-
ftändnis für die Notwendigkeit fteter Anregung
von allen Seiten für den fchaffenden Künftler
beweifen. Ein Hauptgrund diefer Haltung aber
ift wohl einfach der unbewußte infulare Hoch-
mut des Englishman — feine Hauptfchwäche
und manchmal freilich auch feine Hauptftärke —
der meint, er brauche nichts Fremdes zu fehen
oder zu lernen, er fei fich felber genug, denn
das Englifche fei ja doch bei weitem das Befte,
oder vielmehr das einzig Gute. Solche Ideen
in den eigenen Künftlern zu nähren, ift fehr ge-
fährlich, das aber werden die Herren Kritiker
wohl niemals einfehen.

Unter diefen Umftänden ift es kein Wunder,
daß fremdländifche Künftler fich nicht dazu
drängen, in London auszuftellen. Die englifche
Gaftfreundfchaft wird zwar immer fehr gerühmt;
gegenüber allen Künftlern aber —es feien denn
Zelebritäten ä la Carufo und Sarah Bernhardt —
verwandelt fich diefe Gaftfreundfchaft in das ge-
rade Gegenteil. Nichts zu verkaufen und dabei
noch heruntergeriffen zu werden aber läßt fich
fchießllich kein Künftler, der ßch in der Heimat
bereits einen Namen gemacht hat, gefallen, und
fo hält er ßch eben von diefen Aufteilungen

fern, und London, die „Weltmetropole“, hat
kaum eine Ahnung, was im Kunftleben außer-
halb der britifehen Infein vorgeht, ja kaum, was
außerhalb des englifchen Teiles diefer Infein
gefchaffen wird; denn fchon Schottland gilt in
diefer Beziehung als „Ausland“, und fdiottifche
Künftler, die nicht in London anfäffig und den
beften Teil ihrer Eigenart aufzuopfern gewillt
ßnd, ßnd und bleiben Fremde. Was kann aus
Bethlehem Gutes kommen! Die Preffe, vielleicht
ohne es zu wiffen, hat da eine fchwere Sünde
an Publikum, Künftlern und Kunft begangen
und ift offenbar noch ftolz darauf. Seltfame
Heilige! Die Leitung der International Society
kann man nur beklagen. Sie tut, was in ihren
Kräften fteht. Gegen die fogenannte „öffent-
liche Meinung“ kann auf die Dauer eben nie-
mand ankämpfen. * *

*

In den GOUP1L GALLERIES ftellen zwei „Neo-
Realiften“, Harold Gilman und Charles Gin-
ner aus. Der leßtere hat in Paris ftudiert und
ßch an Cezanne und van Gogh gebildet. Was
bei letzterem aber der Ausßuß faft übermenfeh-
lichen Ringens und heißefter Sehnfucht war, be-
nüßt Ginner — freilich unzweifelhaft mit Ge-
fchicklichkeit — als handgerechte Formel, und
fo kommt es, daß das Refultat etwa einem
Totfchießen von Mücken mit Kanonen gleicht.
„Fixigkeit“ und felbft Gefchicklichkeit allein tun
es freilich nicht.

In den gleichen Galleries ßeht man zahlreiche
Lithographien von John Copley, dem Vor-
fißenden des Londoner Senefelder Klubs, einem
vielfeitigen, offenbar leichtfchaffenden Künftler,
und der manchmal ganz fubtilen Miss Ethel

Gabain. * *

*

In den LEICESTER GALLERIES finden fich
Handzeichnungen von Millet und anderen Mei-
ftern, darunter zwei recht intereffante des alt-
englifchen Malers J. Richardfon.

* * *

Walter Sickert hat wieder einmal Kehraus
in feinem Atelier gemacht und allerlei erße Ent-
würfe und Zeichnungen nebft einigen Gemälden
kleineren Umfanges in die CARFAX GALLERY
gefchickt. Die geißige Intenßtät diefer Studien
laßen ße aber immer wieder willkommen er-

fcheinen. * *

*

In den FINE ART GALLERIES kann man
einen ganzen Saal voll zum Teil kößlich feiner
Farbendrucke von Hirofhige bewundern. F.

MANNHEIM Am 1. Mai wurde in der
KUNSTHALLE eine Ausftellung eröffnet, die

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