Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

DOI Heft:
12. Heft
DOI Artikel:
Berrer, Julius Wolfgang: Das neue hessische Landesmuseum zu Kassel
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0470

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DAS NEUE HESSISCHE LANDESMUSEUM ZU KASSEL

grund des öffentlichen Inter-
effes, ja zur Jahrhundert-
wende war fogar das „Recht
auf Öffentlichkeit aller Kunft-
werke“ proklamiert worden.
Aus diefem Sichgeltendma-
chen eines Bedürfniffes nach
Kunft im Volke und aus
einer gleichzeitigen Steige-
rung des nationalen Bewußt-
feins laffen fich die zahl-
lofen Mufeumsgründungen
und Mufeumsneugeftaltungen
der lebten 20 Jahre erklären.

Käme nur das „Bedürfnis
nach Kunft“ in Frage, fo
entftünde logifcherweife wie
oben erwähnt ein „Mufeum
fchöner Dinge“. Die ein-
feitige Berückfichtigung natio-
naler provinzialer oder lokaler
Werke ergäbe das hiftorifche
Mufeum. Auf jenes wies
die Tradition des Fridericia-
nums. Aber bei einer Wie-
derbelebung der Schöpfung
Friedrichs II. verlangten auch
die Pflichten des Landes fei-
ner Vergangenheit, und den
Zeugen diefer Vergangenheit
Silberne Schenkkanne. Der Ka^enelinbogifche Willkomm. gegenüber Berückfichtigung,
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts und fo galt es einen Kom-

promiß zu fdiließen.

Boehlau, in deffen Händen feit den neunziger Jahren die Leitung des Mufeums
lag, ift es gelungen, zugleich die Anregung des großen Mufeumsgründers zu refpek-
tieren und den Wunfch des Landes nach einem Monument feiner Vergangenheit zu
erfüllen. Bei diefen Bemühungen kam ihm der Umftand zuftatten, daß die „fchönen
Dinge“, die Friedrich in feinem Mufeum nur als folche, ohne Rückficht auf ihre Pro-
venienz, vereinigt hatte, zu ihrem Formwerte den Inhaltswert bekommen hatten, daß fie
von einem heffifchen Fürften zur Anregung für fein Volk gefammelt, kurz daß fie für
Heffen hiftorifch geworden waren. Eine nicht zu unterfchä^ende Erleichterung beim
Schließen des oben erwähnten Kompromiffes.

Aus der üblen Lage, in der fich das Mufeum Fridericianum befand, gab es keinen
Ausweg als Neubau und Neuorganifation. Boehlau fand hierfür in Stadt und Land
bereitwillige Unterftütjung und erreichte es auch, daß die ftädtifchen Sammlungen fo-
wohl wie die wichtigften Beftandteile der Sammlung des heffifchen Gefchichtsvereins,
die in Marburg aufbewahrt wird, mit den Mufeumsfammlungen vereint wurden.

440
 
Annotationen