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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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14. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0545

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SAMMLUNGEN

Äbb. 2. Calcarer Schule um 1500

derrheins entftammten. Er fammelte als
Hiftoriker keine Kunftwerke, fondern Alter-
tümer. Da ihm die Gabe der Unter-
fcheidung von Gut und Böfe nicht ver-
liehen war, mengte er dem Guten viel
Gleichartiges und Gleichgültiges bei, dem
Niveau feiner Sammlung zum Schaden;
immerhin gelang feinem Sammeleifer die
Erwerbung einer großen Zahl auch treff-
licher Stücke. Die Buyxfche Sammlung in
Nieukerk hatte im Lauf der Jahre einen
folchen Ruf in der Umgegend erlangt,
daß der Kreistag, als die Erben fie ver-
äußern wollten, den Befchluß faßte, fie
anzukaufen und der engeren Heimat zu
erhalten. Der damalige Landrat von Nell
hat das Verdienft, diefen Akt großer Hei-
matsliebe und ungewöhnlichen Kunft-
intereffes bewirkt zu haben. Die Kauf-
fumme betrug 60000 Mark; für eine
Beihilfe der Provinz von 10 000 Mark
erwarb das Bonner Provinzialmufeum das
Recht, fidi 26 gute Stücke auszufuchen.

Die Stadt Geldern ftellte den Oberftock
des hübfchen neuen Sparkaffengebäudes
zur Verfügung, der Kreis bewilligte noch-
mals eine erhebliche Summe zur Ein-
richtung, und fo konnte innerhalb 6 Wochen
ein kleines, nettes Mufeum entftehen, in dem
die Buyxfche Sammlung, gefäubert und gefiebt
in jeder Beziehung, eine Äuferftehung erlebte,
die ihr niemand, der fie in ihrer früheren Ver-
wahrlosung gefehen hat, zugetraut hätte.

Ob diefes Mufeum fehr populär werden wird,
fteht dahin; wenn nicht der Hiftorifche Verein
feinen Befiß dazu gegeben hätte, würde man
kaum von einem Lokalmufeum im eigentlichen
Sinn fprechen können. Es ift ein vom kunft-
gefchichtlichen Standpunkt aus recht ernfthaftes
Mufeum.

Man findet darin kurz das folgende; Einige
fehr anftändige Möbel, worunter das befte der
in Abb. 1 gegebene eichene Sakrifteifchrank ift1.
Ein Pergament, das im Innern angeheftet ift,
nennt die Jahreszahl 1595, die Stollen ftammen
von einem weltlichen Möbel des 17. Jahrhunderts,
urfprünglich ftand der Schrank direkt auf dem
Boden. Seine Schnitjereien: Maria mit Kind,
Johannes der Täufer und ein Mönch in reichen
Rollwerkrahmungen find ausgezeichnet. — Ferner
einige nicht fchlechte Schnitjarbeiten, meift im
Stil der Calcarer Schule des beginnenden 16. Jahr-
hunderts. Die abgebildete kleine Anbetung der
Könige2 verdient Beachtung, da fie die bekannte

* 1,75 m hoch.

2 Eichenholz, unbemalt, 0,53 m hoch. Einige Hände pnd
ergänzt.

Kompoßtion der altniederländifchen Malerei ge-
fchickt verwendet, ähnlich wie Arnold von Calcar
auf feinem Calcarer Marienaltar (1483/93). Ein
Alabafterrelief; Die heil. Dreieinigkeit gehört zur
Gruppe der Arbeiten von Nothingam des 14. bis
15. Jahrhunderts.

Außer einer hübfchen Gläferfammlung und
einigen Bildern, von denen ich aber fchweigen
will, obwohl Namen fich darauf ßnden, die noch
kein Lexikon nennt, gibt es fonft nur Keramik
aller Art. Zwei Schränke mit römifchen Funden,
ein Schrank mit Delfter Fayence, einer mit deut-
fcher Fayence, in derem Inhalt der Spezialift
vielleicht noch manches Intereffante findet, zwei
größere Schränke des üblichen oftafiatifchen Por-
zellans, dann eine ganze Unmenge rheinifchen
Steinzeugs, unter diefen allerdings keine fingu-
lären Stücke, das aber einen fehr guten Begriff
vom Durchfchnitt gibt.

Eine Spezialität bilden die Erzeugniffe der
bäuerlichen Töpferkunft des Niederrheins, die
erft kürzlich eine entfprechende Würdigung er-
fahren hat durch das feine Buch von Friedrich
Deneken1, der in feinem Krefelder Mufeum die
befte Sammlung der Art zufammengebracht hat.
An zweiter Stelle kommt mein Kreismufeum, das
eine Anzahl prächtiger Schüffeln, diefe zum Teil
wirklich Werke fingulärer Qualität, enthält. Die

1 Das Kaifer Wilhelm-Mufeum. Die Sammlung nieder-
rhein. Tonarbeiten. Krefeld 1914.

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