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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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15. Heft
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Minde-Pouet, Georg: Ein neues Werk von Johann Friedrich August Tischbein
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0567

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EIN NEUES WERK VON JOHANN FRIEDRICH AUGUST TISCHBEIN

Angabe für falfch und fchreibe das Werk dem Johann Friedrich Auguft Tifchbein
zu, deffen Verdienfte hier wieder einmal zugunften feines Vetters verdunkelt worden
find. Schon der ganze Eindruck des Porträts, das wie ein Gainsborough anmutet,
fpricht ftark für den von englifcher Kunft beeinflußten Johann Friedrich Auguft Tifch-
bein; es find aber noch Zeugniffe vorhanden, die die Annahme feiner Autorfchaft als
ficher erfcheinen laffen.

Herr Prof. Dr. Wilhelm Pinder in Darmftadt, der auf Grund einer Photographie des
Bildes gleichfalls der Anficht zuneigt, daß hier ein Werk Johann Friedrich Auguft
Tifchbeins vorliegt, hatte die Güte, mir von einer Notiz in feinem vor Jahren für eine
geplante Monographie aus Familienpapieren zufammengetragenen Material Kenntnis zu
geben, die lautet: „Herzogin Dorothea von Kurland von Friedrich Aug. Tifchbein.
Im Befiße der Familie Partheg in Berlin.“ Aus diefer Familie Partheg aber ift das
Porträt der Herzogin für das Körnermufeum angekauft worden. Der als Hofrat 1822
in Berlin geftorbene Friedrich Partheg war in jüngeren Jahren Erzieher in der Familie
des Reichsgrafen von Medern, des Vaters der Herzogin von Kurland, und zwifchen
ihm und der reichsgräflichen Familie knüpften fich Freundfchaftsbande, die bis zu feinem
Tode dauerten. Als Beweife diefer innigen Beziehungen bewahrt Herr Dr. Partheg,
ein Enkel Friedrich Parthegs, noch die Ölporträts des Reichsgrafen von Medern von
Darbes und feiner drei Söhne von Anton Graff, ein Paftellbild der Elife von der Recke
von Schröder und ein Porträt Friedrich Parthegs felbft, auf dem diefer einen Brief der
Herzogin mit der Unterfchrift „Dorothea“ in der Hand hält, alles Gefchenke der von
Medemfchen Familie an Partheg. Als folch ein Gefchenk ift auch unfer Porträt zu be-
trachten, und zwar vermutet fein bisheriger Befißer, daß es das Hochzeitsgefchenk der
Herzogin von Kurland an Friedrich Partheg bei feiner zweiten Vermählung im Jahre
1806 war. Die Herzogin weilte oft in Sachfen, befonders in Dresden, und lebte nach
der Abdankung ihres Gatten 1795 meiftens auf ihrem Schlöffe Löbichau im Alten-
burgifchen oder in Berlin; Johann Friedrich Auguft Tifchbein war feit 1795 in Deffau,
feit 1800 bis zu feinem Tode 1812 Äkademieprofeffor in Leipzig. So findet die
Pinderfche Notiz zwanglos ihre Betätigung, und es kann wohl ohne ernftliche Be-
denken behauptet werden, daß in dem vorliegenden Porträt ein bisher nur dem Namen
nach bekanntes neues Werk Johann Friedrich Auguft Tifchbeins aufgetaucht ift.

Das Bild befindet fich zurzeit auf der Darmftädter Jahrhundert-Ausftellung.

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