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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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Heft 18/19
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0630

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SAMMLUNGEN

hinterftünde: Blühendes Gebüfch im Dämmer
eines kleinen Tales, Flieder urd andere Bäume,
dahinter verborgen ein kleiner Tempel; violetter
Rauch, der wie Nebel [ich in den Bäumen fängt,
kündet das Opfer. Vorn tanzt um eine Bild-
fäule fatirgleich ein Hirt oder Campagnole mit
Mädchen; Paare wandeln längs der Böfchung
des Tales. Das Bild mutet faft impreffioniftifch
an. Das unbeftimmbare Grün und Braun von
Geftrüpp und Schlucht wird nur hier und da
überhellt von lichteren Tönen. Ein leuchtendes
Rot im Vordergrund und Blau in kleinen Flecken
— oben in den Äbftufungen bis zum Weiß des
Himmels — die Gewänder der Feiernden, geben
dem Bilde die heitere Unruhe und zugleich Weihe
eines antiken Feftes.

* *

*

Außer diefen Leihgaben wurde eine Erwer-
bung der Nationalgalerie neu aufgeftellt, eine
Terrakottabüfte Friedrichs des Großen von dem
Weimarer Hofbildhauer Martin Gottlob Klauer.
Die Büfte, die den König in hohem Alter dar-
ftellt, weicht fo erheblich von anderen bekannten
ab (z. B. von der zum Vergleich daneben ge-
sellten Schadowfchen) und zeigt eine fo ein-
gehende, differenzierende Charakteriftik der bei-
den Gefichtshälften, daß man den Gedanken nicht
abweifen kann, fie müffe nach dem Leben ge-
arbeitet fein. Auffällig ift die ftark zurück-
ßiegende Stirn, deren Wölbung rechts bedeu-
tend höher hinaufgeht als links, und das fehr
kleine Hinterhaupt. Der Schädel erfcheint faft
fpife, und feine ftärkfte Ausladung liegt faft fenk-
recht über dem Ohrenanfaß. Die Augäpfel find
ftark vorgewölbt, der linke noch mehr als der
rechte. Der Mund ift außerordentlich klein und
fchmal, das ganze Untergeficht etwas einge-
fchrumpft, die Augen beherrfchen den Eindrude
völlig. Es ift eine bedeutende, bei aller gelegent-
lichen Trockenheit treue und eindrucksvolle Dar-
ftellung.

Das KUPFERSTICH-KABINETT erwarb auf
der Verfteigerung der Sammlung A. O. Meyer-
Hamburg eine Zeichnung Martens van Heemskerk,
über die Ch. Hülfen in den Amtlichen Berichten
näheres mitteilt. Die Hauptfeite des Blattes
ftellt in brauner Federzeichnung, mit hellerer
graubräunlicher Tufche laviert, eine Anficht des
Forum Romanum, etwa von der Südecke des
Tabulariums aus, dar. Sie deckt fich faft völlig
mit einer längft bekannten und mehrfach publi-
zierten Zeichnung, die im zweiten Bande (fol.
79/80) der Heemskerk-Zeichnungen befindlich ift,
und an deren Echtheit bisher nur Leon Preibisz
Zweifel geäußert hatte. Die Aufpndung des
neuen Blattes gibt ihm Recht, da fich bei einem

Vergleich beider Blätter herauspellt, daß das
ältere Blatt der Berliner Sammlung, neben
einigen Vereinfachungen, auch einige Stellen
aufweift (namentlich bei der Darftellung des
Conftantinsbogens), die nur dadurch erklärlich
find, daß der Kopift die Details feiner Vorlage
nicht verftand. Das Blatt Heemskerks hat feine
größte Bedeutung darin, daß es die Lage der
uralten, 1560 zerftörten Bafilika SS. Sergio e
Bacco deutlich angibt, die bisher auf keiner der
erhaltenen Forumsveduten richtig lokalifiert war.
Auf der Südwand diefer Kirche bepndet ßch
auch die wichtige eigenhändige Signatur, die
die Angaben van Manders über die Dauer des
römifchen Aufenthaltes Martens beftätigt.

Das ANTIQUARIUM erwarb aus den Mitteln
der im November 1913 gegründeten „Vereinigung
der Freunde antiker Kunft“ eine bedeutfame Ur-
kunde zur vaterländifchen Gefchichte, ein Mili-
tärdiplom des Kaifers Vespafian vom Jahre 78
n. Chr., das nun als gleichzeitige Originalurkunde
zu den Berichten desTacitus tritt. Die Urkunde
wurde dem Soldaten Tertius aus Trier ausge-
ftellt, der das römifche Bürgerrecht für pch und
feine Nachkommen erhält, und ferner das Recht,
mit einer fremden Frau eine rechtsgültige
römifche Ehe zu fchließen.

DÄNZIG Die derzeitige Kriegslage ift natur-
gemäß für die weitere Organifation derDanziger
Kunftfammlungen ein empßndliches Hemmnis
geworden. Wenn auch aller Vorauspcht nach
die Schreckniffe einer feindlichen Belagerung der
fchönen Stadt erfpart bleiben werden, fo ift doch
für den äußerften Fall die größtmögliche Vor-
forge getroffen und das Gros der wertvollften
Kunftfchäße an verfchiedenen Orten in ßchere
Verwahrung gebracht worden.

Die Danziger Mufeumsmitteilungen find wegen
der vielfeitigen baulichen Arbeiten und Neu-
ordnungen feit Februar unterblieben; deshalb
feien die wefentlichften Neuerwerbungen und
Veränderungen im folgenden kurz nachgeholt.

Das STADTMUSEUM, deffen Gemäldegalerie
bereits ein Jahr vorher gefiditet und in ganz
neuem Gewand wiedereröffnet war, hat durch
die Verlegung der großen Gipsabgußfammlung
nach den gotifchen Kreuzgängen des Franzis-
kanerklofters wefentlich an Raum gewonnen.
Die Kloftergänge wurden nach Möglichkeit durch
Ifolierung der Pfeiler vom Salpeter befreit; die
Sterngewölbe erhielten mattgrauen, die Wände
mattorangegelben, die Figurenfockel einen in-
differenten fchiefergrauen Anftridi. Diefe Farben
im Verein mit dem fchwarz und gelben Platten-
belag des Bodens erwiefen fich als Hintergrund

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