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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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Heft 18/19
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0631

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für die Gipfe hödift vorteilhaft, zumal das Gelb
die Skulpturen wärmer erfcheinen läßt als wie
das Äbgußmaterial gewöhnlich wirkt.

Die hervorragendfte Bereicherung der Ge-
mäldegalerie war das Bildnis der Frau Neal
von Wilhelm Trübner, im Jahre 1878 gemalt.
Hans Rofenhagen hat im Heft 4 der Zeitfchrift
für bildende Kunft das lebensvolle Porträt publi-
ziert und eingehend gewürdigt. Es darf als
ein befonderes Zeichen des wadifenden Inter-
effes für das Danziger Mufeum bezeichnet wer-
den, daß eine Erwerbung von folcher Koftbarkeit,
wie fie alle früheren Danziger Bilderankäufe an
Höhe des Preifes überfteigt, überhaupt mög-
lich war.

Des weiteren wurde die Entwicklungsgefchichte
der deutfchen Malerei des 19. Jahrhunderts durch
drei bisher ganz unbekannte Werke von Franz
Krüger vervollftändigt, die Dr. Sedcer in Danziger
Privatbeßß entdeckte. Es find ein lebensgroßes
Bildnis des Berliner Hofzimmermeifters Glaß aus
dem Jahre 1850, etwas theatralifch in der Pofe
aber flott in der Farbe, und außerdem zwei
kleine temperamentvolle Ölfkizzen: „Kaifer Ni-
kolaus I. von Rußland“, ca. 1834 gemalt, eine
Variante der Reiterfkizze unferer Nationalgalerie;
und „ein ruffifcher General“, die Skizze zu dem
unteren Mittelbild im Sammelrahmen des Her-
zogs Paul von Mecklenburg-Schwerin.

Eine durchaus impreffioniftifche Ölfkizze Lef-
fings (Berlin) „Wegelagerer“ fchloß fich als ftän-
dige Leihgabe den vorgenannten Bildern an.

Es folgte als Stiftung (Dr. Paul Damme) ein
kleines Stilleben „Hecht“ von dem in Danzig
anfäffigen jungen Pfuhle-Sdiüler Stanislaus Chle-
bowski, eine frühreife, für das moderne Ringen
nach vereinfachter Form bezeichnende malerifche
Leiftung. Prof. Pfuhle felbft überwies ein Mäd-
chenbildnis als Leihgabe, ein charakteriftifches
Beifpiel feiner höchft kultivierten Porträtierkunß.

Schließlich ftiftete Kommerzienrat Goldfarb-
Pr. Stargard das Koloffalgemälde „Die Gefeffel-
ten“ von Lovis Corinth. Die lebensgroßen Äkte
eines fißenden Mannes und einer danebenliegen-
den Frau zeigen in prachtvoller Differenzierung
der Fleifchfarben das virtuofe Können unferes
oftdeutfchen Künftlers.

Die bereits eingeleitete Schenkung eines Rha-
barberftillebens von Max Slevogt, für die mehrere
Danziger Bürger fchon ihre Beteiligung zuge-
fagt hatten, wurde des Krieges wegen rückgängig
gemacht, geht jedoch hoffentlich dem Mufeum
nicht verloren.

Als Leihgaben gelangten ferner noch in die
Galerie eine Allegorie von Poelenburgh (Exz.
v. Baerenfels), ein „Braßlianifcher Hafen“ von
dem Danziger Eduard Hildebrandt 1846 (Frau

SAMMLUNGEN

Kift), fowie ein Frauenkopf von Robert Genin
(Dr. Damme).

ln das KUPFERSTICHKABINETT gelangten
außer einer Fülle Altdanziger Meifterzeichnungen
ein paar moderne Blätter, darunter das radierte
Selbftbildnis von Oppenheimer.

Im WESTPREUSS1SCHEN PROVINZIAL-
KUNSTGEWERBEMUSEUM wurden zwei neu-
gefchaffene Räume eröffnet: Raum D Kacheln
und Fliefen; die hervorftechendften Typen der
Altdanziger Kachelinduftrie wurden hier ver-
einigt, gleichzeitig mit der ftattlichen Sammlung
von holländifchen, füddeutfchen und Schweizer
Kacheln und Fliefen; Raum E kirchliche Kunft;
ein ftimmungsvoller gotifcher Raum des 14. Jahr-
hunderts, deffen zwei elegante Säulen die goti-
fchen Gewölbe tragen, gab den Altären und
Plaftiken einen willkommenen Plaß. Die Halle
(ehemals wahrfcheinlich Klofterbibliothek) diente
früher alten Wagen und Schlitten zum Aufent-
halt und macht neuerdings einen durchaus kirch-
lichen Eindruck. Der Ofterwicker Altar und die
anderen oftdeutfchen gotifchen Skulpturen mit
ihrer ftarken Nachwirkung Veit Stoßfchen Stils,
Mefßngleuchter, farbige Fenfter, Kirchenftühle
und ein Sakrifteifchrank mit gotifchen Meß-
gewändern kommen jeßt würdig zur Geltung.

Eine Waffenhalle und ein Raum für afiatifches
Kunftgewerbe, ein Mufikalienraum undPorzellan-
faal ftehen vor der Vollendung. Neun weitere
Säle mit Danziger Möbelkunft, Edelmetall, Texti-
lien ufw. find in Angriff genommen, nachdem
die gefamten Mittel für die Neuordnung fowie
für die Verlegung des Hauptportals vor einem
Monat bewilligt wurden.

Von den kunftgewerblichen Neuerwerbungen
feien genannt: ein eichener Eckfchrank, Louis
seize, mit gefchnißten Jagdemblemen nach Rie-
dingerfchen Motiven aus einem Dorf bei Marien-
burg; die Mühlbanzer Kirchenglocke, 1764 von
Johann Gottfried Anthony in Danzig gegoffen;
eine Weftpreußifche Tifchler-Innungslade von
1561 mit reichen Intarfien, Tifchler ah der Hobel-
bank; zur Dekoration des Biedermeierzimmers
das Bildnis eines Königsberger Litauers von
1835; eine Proskauer Fayencekanne und eine
große weiße Gleinißer Fayenceterrine mit erd-
beerfarbener Blumenmalerei unter Glafur.

Geftiftet wurden eine Sammlung Zerneckefcher
Familienftücke (Walter Zernecke, Danzig), eine
Wetterfahne, Zinn und Tongefäße des 17. und
18. Jahrhunderts (Frau Droefcher), eine Alt-
danziger Zeugdruckplatte (Exz. v. Baerenfels)
und ein großes blaubemaltes Kachelofengefims
aus Stolzenberg (Konful A. Meyer). H.

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