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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 152-177 (1. Juli - 30. Juli 1871)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25214#0702

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Aufgaben beS griebenS, nein: „@ure Spraße" —
fo ruft ber „Anti = fßrufften" — „foß unS bte
Sippen fßinben, eS ifi nötßfg, unumgänglich jur
fRaße!"

ÜRan fage nicht, baß biefe traurigen AuSbrüße
eines maßlofen ganatfSmuS baS SDBerf einiger ob*
fcuren Snbioibuen feien. 2)aS unS oortiegenbe 93latt
veröffentlicht ein Schreiben bed befannten ÜRitgliebS
ber Afabemie unb 35eputirten SSictor be Sagrabe,
in welkem berfelbe feinen Seitritt zur Sigue an*
melbet unb in ber unumwunbenften SBeife ben
„unoerfößnlißen |>aß gegen bie germanifßeit ©in*
bringltnge" unb bie „fRadje" prebtgt.

©S ifi nicht nötßtg, über aße biefe 3)inge ein
weiteres SBort zu faßen j fte finb oon felbfi berebt
genug. __________

SDeutfßlaitb.

Karlsruhe, 23. 3uli. 3«r Ucbernaßme beS
großß. bab. DffijierSforpS in ben Serbanb ber
beutfßen Armee ifi geftern bie bezügliche Drbre
erfßienen. Son ber ©eneralität tritt ©eneral-
lieutenant Seher, bisher KriegSminifier, unter
gortgewäßrung feines bisherigen 2)lenfletnfommenS
in ben Serbaitb ber preußtfßen Armee unb wirb
Zimt ©ouverneur von Koblenz unb ©ßrenbreitenftein
ernannt. — ßn baS Seibgrenabier^Jtegtment wer*
ben 8 preußifße Offiziere verfeßt; in baS 2. ©re*
nabier*!Regiment 7 preußifße Offiziere; in baS 3.
3nfanterie*5Reg. 11 preußifße /Offiziere; in baS 4.
3nf.*0ieg. 9 preuß. Offiziere; in baS 5. ßnf.=9teg.
7 preußilße Offiziere unb in baS 6. ßnf.*9ieg. 10
preußifße Offiziere. Sei ber ©avallerie ftnbet ein
äßnlißeS SSerßältniß fiatt; in baS 8eib*25rag.=iReg.
treten 7; ;in baS 2. 25rag.=iReg. treten 6; in baS
3. SDrag.*9teg. 12 preußifße Offiziere. (Sine ent-
fpreßenbe ßaßl babifßer Offiziere würbe in preu*
fjtfße ^Regimenter verfemt. — fßrinj SfBilßelnt,
@eneral=8ieutn. a la Suite ber Armee wirb nun*
mehr als ©ßef beS 4. bab. ßttf.=9ieg. 5Rr. 112
geführt unb erhält in Setücfßcßtigung feiner 2In-
ciennetät in bem bab. (Kontingent ein patent feiner
©ßatge vom 6. 2)ez. 1863.

Alünßen, 20. ßuli. SRaßbem ber gefieSJu*
hei verraufßt ifi, ben bie Abwefenßeit Sr. 2Raje-
ftät beS Königs von bem Sanfet im ©laSpalafie
aßerbingS um einen Scheit feiner voüen SBirtung
brachte, treten bie ernfien Staatsaufgaben beS
AugenbltdeS wieber in ben Sorbcrgrunb, unb ich
fattn nur bie früher gemachte fÜRtttßeilung befiäti*
gen, baß bie Nachricht von ber Setföhnuttg ber
aueeinanbergeßenben Strömungen im SRinifleriunt
burß ben gtnanzminifier v. Ißfretfßner feber Se-
grünbung entbehrt. ®raf Stah ficht fämmtlißen
anbern SDiiniflern in ber grage über bie öeßanb*
lung beS KirßenconfiifteS gegenüber unb beßarrt
heßhalb auf feinem ©ntlajfungSgeftiße, wäßrenb
her Kouig fiß mit ben in AuSfißt genommeuett
Schritten ber übrigen SRinifier etnverftanben er*
llärt haben foß. SRan erwartet beßßalb in ber
aßernächfien 3«it bie (Srfeßung beS ©rafen Srap
burch eine anbere ißerföntißfett, voobei zu berner*
len ifi, baß ber abtretenbe üDlintfler burßauS nicht
ben ©ßrgeiz hat, ^cine peefonliße Ueberzeuguttg

©ernaß, welches ber SGBirth bem „unverbefferlichen
Swunlenbolb" eingeräumt hatte.

3u feinem ©rftaunen fanb er ben fßiattiflen,
rußig eine Sigatre taußenb auf bem mit grauem
JDriUlß überzogenen Kanapee fißenb. Sor ißnt
auf bem ließnenen SEifße jianb eine Heine Slecß*
fafjferole über einer lebhaft brennenben Spiritus*
flamme, ©ine glafcße mit SRum unb eine zierliche
3u<ferfifle von 3Reffing ließen feinen Steffel ba*
rüber z«, welcher Sefcßäftigung fiß ber junge Sir-
tuofe ßingab.

„Aß!" rief er im gemüthlfcßflen ©onfcrvationS*
tone, fommen Sie enblicß, Orpheus ? Sie ungetreuer
Kunfijütiger! 3ft eS beun Wirflicß wahr, waS id)
ßabe hören müffen? Sie woßen ben SRufen Sehe*
Woßl fagen?"

„3ß trete fßon morgen in ein Sanfgefcßäft
ein," antwortete SBerner, bem bie auffaßenb ver*
nünftige 3tebeweife__beS ©efäßrtett meßr unb meßr
Serwunberung abnötßigte, „unb bin eigentlich nur
gefommen, um 3ßncn Slbieu zu faßen I"

„Schön!" rief her »nbere, „nehmen Sie beun
5ßlafs auf biefer genialen, werggepolflerten SJiuße*
hanf unb lajfen Sie unS ben heutigen leßten 2lbenb
unfereS 3ufammenfeinS bei einer gewiffenßaften
Sowie verplaubern. Sie fehen, icß bin bereits in
Voßet Sßätigfeit!" ®r ßob ben SDenfel ab nnb
»arf einen prüfenben Slid auf baS bampfenbe

in einer neuen 3Äinißer»©ombination zu vertreten,
SGBenn nießt an ber aßerßö^ßen Stefle ein Um*
feßwung ber Slnßißten efntritt — eine grage, bie
hier nur gefleflt, aber nicht beantwortet werben
fanit — fo wirb fieß bie fftrcßenpolitif ber im
Slmte bletbenben SRinißer feßr halb nach außen
befannt geben müffen. ®S iß felbflverflänblid),
baß babei bie Serfönlicßfeit beSjenigen, welcher bem
©rafen Sr aß int auswärtigen 2lmtc nacßfolgt, ei*
nen gewiffen ©influß äußern wirb, ba ber baierifeße
®ultuS«ÜJiinijier eben fo wenig wie ber preußifdje
in ben wichtigen, einfdtlagenben gragen bie 3Rit-
verantwortlidjfeit beS auswärtigen SRinißerS wirb
entbehren woßen, wie ja auch idwtt bisher biefe j
Slngelegenheit von bem ganzen fDtinißerrathe über*

; nommen worben iß. 2)icfe 2ftitleibenfcßaft erftreeft
! ftd) aber aueß über ben £vdS ber fpeziel baieri*

\ fd)en Solitif ßinauS, unb fo werben hier bie Schritte
j unb äRaßnaßmen ber preußlfchen ^Regierung mit
J bem gefpannteften Sntcreffe verfolgt. 3lngenblicf*

I ließ fiept fteß bie baierifeße ^Regierung von verfeßie*

! benen Setten wegen ißrer ängfllicßen Haltung ge*

! gen bie ißegitime Seießerßerrfdjaft attgegrifen,
unb ein fo eben eingetroffener Slrtifcl ber augSb.
2lflg. 3tg. erflärt ben ÜStberßanb ber verhöhnten
Staatsgewalt gcrabeju, abgefeßen oon aßen einzel*
nen SRecßtSgrünben, für eine Sache ber öffentlichen
SRoral.

SBündjen, 22. 3uli. Se. 3Ra{. ber König ßat
bem Kronprinzen beS Oeutfhen 0teid)S vor beffen
Slbreife von SRüncßcn baS 1. baierifeße Ulanen=SRe-
giment verließen.

— Dbwoßl feit ber SRüdfeßr ber Gruppen erfl
einige Sage verfloffen ftnb, fo ftnb bennodß bei al-
len ^Regimentern bie Seurlaubungen bis auf ben
gewöhnlichen griebenS*©arnifonSßanb feßon burch*
geführt, unb iß bemnaeß bie 2)emobiliftrung in
biefer Sezießung eine voflßänbtge. ®S haben fteß
einige unferer Sofalblätter feßr mißbißigenb barü*
ber auSgefprocßen baß bie nunmehr beurlaubten
äRannfcßaften bei ißrer jRücJfeßr in bie fDeimath
bie halbe gaßrtare ber ©ifenbaßnen auS eigenen
•äRitteln bezahlen müffen; eS ift aber biefe SRittßei*
lung eine oofljläitbig unwaßre. ®S erßält ber in
Urlaub geßenbe Solbat nießt nur bte von ißm z«
Zaßlenbe halbeSifenbahnfaßvtare, fonbern überhaupt
eilte naß ber (Sntfernung feiner ^eintatß oon ber
©arnifon bemeffene SReitetoßcnentfd)äbigung auS ber
ÜÜRüftärlajfe, fo j. S. ber SRann weißer ftß von j
SRünßctt naß fßaffau ju begeben ßat 2 ff. 21 fr., j
wäßrenb bie von ißm ju zaßlenbe halbe gaßrtare j
nur 1 fl. 52 fr. beträgt. SDaS IRaffonncment wel* ;■
ßeS bie betr, Slätter, namentliß ber „SolfSbote", J
itt feiner SSeife an bie oößig unwaßre ÜRittßeilung c
fnüpften, entbehrt fonaß, wie fo ßäußg bei biefer i
5lrt von DppofttionSblättern, aßer ©runblage.

Scrlin, 20. 3uli. IRaß einer ftatifiifßen 3U* j
] fammenfleflung ber wäßrenb beSbeutfß*franzößfßen |
| Kriegs 1870/71 gebliebenen unb verßorbe*j
; nen Offtciere ber f preußifßett Slrtnee j
j beträgt bie ©efammtfuutme beiber Kategorien 1364, |
\ oon benen 1210 unmittelbar im ©efeßt geblieben :
j ober an SBunben, nnb 154 an Kranfheiten gejlor* |
■ ben ßnb. 5Raß ben verfßiebenen SBaffengattungen <

Söaffer, baS bereits lefßte 3BeHen z« bilben begann t
j unb einzelne SläSßen attffpringen ließ. „Saffen j
j wir bie S0?aßbaum=Sßwerenötßer heute einmal naß j
> ißrer eigenen Sfeife tattjen. ©S wirb fßon oßne :
; uns geßen. ©tnmal muß eS boß fommen."

„Sie wollen auß fort?" fragte SBerner.

„®ewiß!" nißte ber ©efragte, „ßabe eine ftü*

! ßere Sefanntfßaft erneuert unb werbe halb ben
t SBanberßab weiterfeßen. Seßagt mir oßneßin nißt
meßr unter bem 2Bajferratten=Solf!"

„SBtlfe fagte mir, Sie hätten 3ßtem SieblingS*
getränt bereits gebüßrenbe ©ßre erwiefen," ßub
SBerner läßelnb an, als er auf bem Sopßa Slaß
genommen hatte; „aber eS fßeint mir, als hätte
er nißt bie SBaßrßeit gefagt; benn iß ßnbe, baß
Sie bei feßr gutem £umor finb."

„3a, biefer Segelwirtß!" fagte ber fßianiß fopf*
fßüttelnb, inbem er forgfältig bie glafße in ben
Sleßtopf leerte, barnaß mit einem Söffet eine ßin*
reißenbe Ouantftät 3«cfer in bie SRifßung fßöpfte
unb enbliß bebäßtig baS ©etränf umrüßrte; „wif*
fen Ste, greunb? Unfer ©iner geßt auf feinem
Lebenswege fo manß liebes SRal mit verbunbenen
Slugen an einem ©fei vorüber, unb fällt uns wirf*
liß etnmal bie Sinbe vom Slntliß, bann fteßt man
erfi, wie viele folßer bißelfrcffenbet ßangoßre in
i ber SBelt ßerumfpazieren. ’S ifi waßrlicß fein

vertßeiten biefe Serlufie ftß fo, baß 1149 Dfßs
Ziere auf bie 3nfanterie fommen, 96 auf bie Ka*
vaHerie, 83 auf bfe Artillerie, 17 auf bie 3nfles
nieurS unb 19 auf ben S£ratn. Son ben 1210
an Serwunbung gebliebenen Offizieren fommen 755
auf ben erften URonat beS Krieges, nämlid) auf
bie Sage SJeiffenburg, $Börtß*Spißeren 192, 484
auf bie Sage um ÜReß, nämliß am 14., 16., 18.,
Augufi je 55, 209 unb 220, unb enbliß 79 auf bie
Sage Seaumont=Seban. Auf bie feßS übrigen
SRonate beS gelbzugS fommen bernnaß noß 455
OfßZÜre.

©erlin, 21. 3nlt. 25er „Staatsanzeiger" feßt
in einem längeren Artifet bie SRotioe zu bem al-
lerßößßen ©rlaß auSeinanber, burß weiße bie
bisßer gefonberte Abteilung für bie evangelifßen
unb fatßolifßen gcißüßen Angelegenheiten imUn*
terrißtSminifierium aufgelöß unb eine Abteilung
für geißliße Angelegenheiten errißtet wirb. 2)ie
Aufgabe ber Abtßeitung für bie fatßolifßen Kir*
ßenfaßen, weiße 1841 errißtet würbe, war zu®
näßfi bie ©rlebigung einer IReiße von Arbeiten u.
Streitpunften auS ber ^ßeriobe ber Säcularifatiotten.
Sicfe feien gegenwärtig zumeifi erlebigt, auß bie
AuSeinanberfcßutig zwifßen ben ber fatßolifßen
Kivße vetfaffungSmäßig zugewiefenen unb ben ber
Staatsgewalt vorbeßaltenen üleßten fei nunmeßt
beenbfgt, mitßin fefn23ebürfniß für eine gefonberte
Abtßeilung für fatßolifße Kirßenfaßen oorßanben.
©benfowenig fei bie SSetbeßaltung einer gefonberten
Abtßeilung für eoangelifße Kirßenfaßen im 3«*
tereffe ber evangelifßen Kirße geboten. Auß für
bie eoangelifße Ktrße beließe bie verfaffungS*
mäßige gorberung einer fiaren Sonberung bet
fiaatlißen unb firßlißen ©ereßtfame, beren ®e*
friebigung bie Aufgabe beS ^Regiments im Staat
unb in ber Kirße bleibt. 25ie neue ©inrißtung
foll einen oerfiärften Antrieb geben, auß auf bem
©ebiet ber evangelifßen Kirße einen entfpreßen*
ben Abfßlufl ßerbeizufüßren.

— 2)er Kaifer ßat ber HSrinjeffin Sötlßelm
von 33aben ben gouifenorben erfier Abtßeilung ver*
ließen. — 2)aS Sanfbireftorium maßt befannt,
baß bie S3anf *©ommanbiten in Straßburg unb
SRüßlßaufen ißre SBirffamfeit am 26. 3uli begin*
nen werben.

— 35et „SSörfenjeitung" zufolge ßat bergan*
belSmtniiier an bie Sirettion bet bergtfß = märfi*
fßen ©ifenbaßn bie befiimmte Aufforberung ge-
rißtet, ftß binnen Kurzem ju crflären, inwiefern
fte bie Ausführung ■ einer bireften ©ifenbaßn von
Kajfel naß Köln zu übernehmen bereit fei, ba et
fonji bie ©onceffion biefer Saßn für anbere S3e*
werbet befürworten werbe.

UBien, 20. 3ulf. 3e größer bie Ungewißheit
über bie Stellung beS neuen granfreid) zu bet rö»
mifßen grage gewefen, befio tntereffanter ift ein
Sffiort, weißes SßferS gefproßen. 2)er päpflliße
SRuntiuS warf, fo wirb erzählt, in einer Aubienz
bei bem ^räftbenten ber franjofifßcit SRepublif nißt
oßne Abjißt bie grage ßin, wie weit Avignon von
[Rom entfernt fei. „2)(e SReilenjaßl — lautete bie
rafß ertßeilte Antwort — fenne iß nißt, aber iß
glaube, ber 2ßeg von Avignon naß fRont ifi be*

SBunber, wenn man ftß von ben SRenfßen abfon*
bert."

©ine ißaufe entjianb, wäßrenb weißer ber Spte*
ßer fortfuhr, mit bem Söffet in bem ©efäß z«
rißren. SBerner betraßtete mit größerem Sutereffe
als je ben ratßfelßaften SRann, ber ißm bereits fo
viel zu benfen gegeben patte unb heute alle Anfiß*
ten, bie et ftß.über ißn gebtlbet, mit einem Sßlage
über ben Raufen warf.

„UBiffen Sie, greunb?" ftrtg et wiebet an.
„©S gibt auf ber ganzen Söelt nur einett einzigen
©eift, ber mir bisßer eine gewiffe Aßtung abnö*
tßigte. Sie wiffen boß, wen iß meine?"

„Aetn!" gab SGBerner zur Antwort, beffen Span*
nung mit jeber SRinute flieg; benn ber AuSbrucf
beS ißm gegenüber beftnblißen ©efißtS war heute
ein gänzliß veränberter. ©in 3ug wn @pott unb
Satßre lagerte um bie feflgefßloffenen Sippen unb
auS ben pellen Augen fßienen plößliß gunfen ei*
neS fßarfen, burßbringenben SSerfianbeS zu fprüßen.

„«hier fißt er!" tief ber ^jßianifi: laut, im Sone
bet unerfßütterlißfien Ueberzeugung unb beutete
mit einer energifßen $anbbewegnng in bie Kaffe*
role.

(gortfeßung folgt).
 
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