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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 1.1887-1888

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Heft 11
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Vom Tage
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Sprechsaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.11723#0150

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führnngen erzählt die „Schles. Z." allerlei: sie ist der Meinung,
daß die ausgesprochene Liebe der Engländer zur Tonkunst inr
Allgenreinen eine unglückliche sei. Uin dic Mper sei es schlinun
bestellt, uin die Ronzcrte nicht viel besser. Für den letzten
Ninstand trügen einen Tcil der Lchulö dic Kostsxieligkeit
solcher Unternehmungen, von der wir uns hierzuland keine
klare Vorstellung inachen könnten. Auch die Rcklame-Aonzerte
der großen Instrumenten-Fabrikanten und Musikalienhändler
sind eine uns sremde Lrscheinung. ksöchst Anerkennenswertes
wird hingegen in den Mratorien-Aussührungen geleistet. ,,Ge-
waltig ergreifend ist es gewiß, wenn, wie es gclegentlich der
ksändelseste im Arystall-jdallast geschieht, ein Nonstre-Mrchester
von sünshundert, ein Lhor von dreitausend j)ersonen die
tsändelschen Vratorien durch die glasgedeckte Riesenhalle er-
tönen lassen. In dieser lhinsicht steht man auch in den j?ro-
vinzen nicht zurück. 5ie suchen cinander zu überbieten, die
besten Lhöre sür derartige Gelegenheiten heranzubilden; be-
sonders ausgczeichnct ist in dieser Beziehung die Grasschast
b^orkshire. In der schmutzigen Fabrikstadt Lceds hörte ich vor
ciniger Zcit in Gesellschast hervorragcnder Musiker (daruntcr
auch khoskapellmeister Richter) einen solchcn Lhor, der Morzüg-
liches leistcte, und Alle sprachen sich cinstimmig dahin aus, nie
cinen besseren gehört zu haben." Auch aus dcm Gebiete dcr
Rammermusik wcrde das Bcste geboten, aber hier meist von
ausländischen Aünstlern.

* Nusstellungen. Die wiener internationale Uunst-
ausstellung ist am j. März eröffnet worden. — In Dresden
werden die akademischen Kunstausstellungcn, die durch den

Neubau der Akademie unterbrochen wurden, wieder ausge-
nommen. Die nächste sindet voin j. Mai bis zum j5. Iuni
statt. — Berlin hat gegenwärtig mehrere interessante kleine
Ausstellungen. Line solche von werken der „Lsellmaler" (bei
Gurlitt) bietet dem jdublikum Beispiele von werken der
jüngsten realistischen Schule, eine andere bemalter Büsten von
L. v. Uechtritz (im „Bereine Berliner Künstler") Beispiele
dasür, wie sich einer ihrer eifrigsten Bersechter die neue Runst-
gattung vorstellt. Die neneste Ausstellnng des „Dcrcins der
Rünstlerinnen und Runstfreundinnen" zeigt zur gleichen Zeit,
was gcgenwärtig die Frauenwelt auf dem Gebicte der Malerei
leistet. — Anläßlich der Lnthüllung des Maria-Theresia-Denk-
mals (;s. Mai) ffndet in wien eine Ausstellung von Aunst-
werken der theresianischen Zeit statt. Sie wird zu Anfang
April eröffnet.

A- DreisMlSSLbrcibcii. Diesmal werden zwei solche von
Zeitschristen angezeigt: „Der xrakt. Ratgebcr im Mbst-
und Gartenbau" (Frankfurt a. M.) schreibt den Wcttbewerb
für eine Zeichnung aus, darstellend den „Blick von der Straße
aus ein einsaches, aber architektonisch geschmackvoll gebautes
Landhaus mit davor liegendem Garten"; das niederländische
„j)orteseuille" (Amsterdain) sür den Lntwurs znm Titelbilde
seiner winternummer. Näheres durch die betreffenden Re-
daktionen.

A- Gestorbcit: professor Rarl Bartsch (Germanist, auch
Übersetzer und Dichtcr), geb. t832, gest. jH. Febr. zu lheidelberg.
— j)rosessor Dtichael Rlapp (Iournalist und Luftspicldichter),
geb. j8ZZ, gest. 26. Febr. zu wien.

Lpreclisaal.

(tltntcr saclilicbcr vcrantivortung dcr Dcrrcn Linscndcr.)

Zn sachen des kjeine-Denkmals.

Menn ich mir erlaube, den Morten des kherrn
Fr. Sandvoß im 9. Stück des „Runstwarts" über
Heinrich lheine einige kritische Beinerkungen entgegen-
zu stellen, so geschieht das nur mit einem gewissen
Vorbehalt. Zch gehöre nicht zu denen, welche sich
besähigt sühlen, ihr Nrteil über eine so eigenartige
j)ersönlichkeit, wie kheine, mit drei Morten darzulegen
und zu begründen, und ich muß in diesem Sinne
oorausschicken, daß eine ernstliche Debatte über Heines
ästhetische Bedeutung mir sür den beschränkten Naum
eines Sprechsaales überhaupt nicht geeignet erscheint.
wer sich berufen fühlt, einer so uinsangreichen
biographisch-ästhetischen Litteratur, wie wir sie über
kheine besitzen, entgegenzutreten, der sollte sich vor
Allem den rechten Naum gönnen. Den Bemühungen
von R'tännern, wie Adols Strodtmann und bsermann
Lsüffer, die durch lange und der R'tethode nach un-
bedingt echt wissenschastliche Studien zu wesentlich
anderen Lrgebnissen gesührt wurden, ohne sede nähere
Begründung den Satz entgegenzustellen, bseine sei
der „versechter und Verbreiter seglicher Scham- und
Zügellosigkeit" gewesen, scheint mir kein ganz sach-
gemäßes Derfahren zu sein, und eine ebenso apodik-
tische Antwort würde ebensowenig nützen. Zndessen mag
es doch gerechtsertigt sein, über einige mehr äußer-
liche j?unkte, die Sandooß betont, etwas zu sagen.
Mir hören durch die Zeitungen, daß man ^eine in
Düsseldorf ein Denkmal setzen will. Für Sandvoß
ist das ein „Zdol" des „bereits über alle Gebühr
hinausdrängenden bseinekultus." Aber hat das Denk-
j mal ernftlich etwas init der ästhetischen wertschätzung

^eines im Allgemeinen zu schaffen? Mas bedeuten
solche Denkmäler an Geburtsstätten anders als ledig-
lich lokale j)rivatvergnügen, — jOrivatoergnügen
einzelner Städte, die an bedeutende Atttbürger im
Znteresse eigenen Stolzes erinnern wollen (und be-
deutend in einigem Sinne war kheine ja sicher, sonst
beschäftigte sich 30 Zahre nach seinem Tode kein
Mensch mehr mit ihm), wobei allerdings zumeist
Summen verschwendet werden, die man gern zur
Förderung der lebendigen Missenschast und Runst
verwertet sähe? Menn es sich durchaus um „Zdole"
handeln soll bei den sichtbaren Grgebnissen der reg-
sameren Beschäftigung mit Dseine in letzter Zeit, so
ist wohl das höchste ganz wo anders ausgerichtet,
nämlich in einer neuen exakt wissenschastlichen Aus-
gabe der bseineschen Merke, wie der von Trnst
Llster. Dort kann sich jeder, der ein gutes Buch zu
handhaben oersteht, unterrichten, wer bseine eigentlich
war und warum er — trotz aller ^chwächen, trotz
aller Schmähungen — auch heute noch Freunde hat.
Gb Lseine der „größte Lyriker nach Goethe" war
oder nicht, das ist herzlich gleichgültig, — wollte
doch der Genius unserer deutschen j?oesie, wir
hätten mehr Auswahl an guten zum vergleichen!
Ächer aber ist, daß sich unter bjeines Dichtungen welche
befinden (wie die Nhythmen der.Nordsee' und die Lazarus-
lieder) die überhaupt mit nichts verglichen werden können,
vor oder unter oder nach Goethe, weil sie eben in Form
und Znhalt Ausfluß einer ganz bestimmten j)ersönlichkeit
waren, die wir so gut nur einmal in der Litteratur
besessen haben, wie wir nur einen Goethe und einen
Schiller gehabt haben. <Ls darf auch, glaube ich, an

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