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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 1.1887-1888

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Heft 24
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https://doi.org/10.11588/diglit.11723#0360

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Zolas und Daudets anknüpst, ist durch Zolas Roman »1,'oenvre«
bekrästigt und besiegelt worden: in der Dichtkunst der Na-
turalismus, in der Malerei die ksellmalerei »en plain nir«, in
der Unmittelbarkeit des Sonnenlichts und der Lustbewegung
im Gegensatz zu der Malerei in dem Licht und der Atmosphäre
des Ateliers, galten sür die ausstrebende Iugend als das neue
Lvangelium. Aus ihrem Aamxs mit der bisher geübten Dar-
stellungsweise wird der Litteratur und der Malerei unzweisel-
haft Erneuerung, Antrieb und Aufschwung erwachsen: man
soll nur nicht selbstgesällig schon die tastenden versuche sür
Meisterwerke ausgeben. Aünstler wie Aunstsreunde würden
darum aus einer bedentenderen Auswahl französischer Bilder
des letzten Iahrzehnts die mannigsachste Anregung geschöpst
haben, denn noch stärker als in der Litteratur tritt das Ueber-
gewicht der ^sranzosen in der Malerei hervor. bsier sind sie
die hestigsten Revolutionäre, während sie in der Dichtung
diesen immerhin bedenklichen Ruhm mit den Norwegern und
Russen teilen müssen."

* Am 5chlusse einer Besprechung der 5alz bur g er Aus-
stellung in der ,,N. Fr. jdresse" macht ^lineenti die solgende
Bemerkung: ,,Leider wird von den schönen Zielen dieses
vaterländischen Ausstellungssestes jenes, welches der kunst-
geschichtlichen Forschung zu gut kommen soll, wie alle-
mal bei solchen Anlässen, auch hier am wenigsten er-
reicht worden sein, da es eben bei uns an einem einheitlichen
Vorgehen gebricht, um die kunstwissenschastlichen Ergebnisse in
, größeren illustrierten kVerken sür alle Zeiten sestzuhalten.
Aus diesem kvege allein wäre aus solchen Ansstellungen der
wahre dauernde Gewinn zur Lrkenntnis der Sache zu ziehen.
2o aber wandern alle dicse schöncn und seltenen Dinge, sach-
wissenschastlich nur dürstig ausgebeutet, in die Schatzkammern
und den privatbesitz zurück, das fliichtig genossene Ausstellungs-
bild verwischt sich, und nichts bleibt zurück, als die ebenso
flüchtige Lrinnerung an eine Schaustellung mehr, welche uns
diese daran so überreiche Zeit geboten hat."

^ In München sind jetzt auch jene enkaustischen Na-
lereien ausgestellt, die unlängst in Ägypten ansgegraben
wurden und nach ziemlich sicherer Annahme aus der Zeit oon
200—300 v. Lhr. stammen. Ls sind etwa 70 bsolztafeln mit
enkaustisch hergestellten Bildnissen, welche, an die Mumien-
hülle der Verstorbenen an der 5telle des Gesichts besestigt,
mit in die Begräbnisstätte gelangten. Der Aunstarchäologe
hat hier znm ersten Male unzweiselhast echte Lrzeugnisse der
enkaustischen Malerei aus der ägpptisch-hellenischen periode in
solcher Vollständigkeit und unverdorbenen Beschaffenheit v or
sich, daß das Studium auch dazu beitragen wird, neue Auf-
schlüsse über die Technik jener Art „Malerei" zu erlangen.
Gbwohl die Bildnisse nur aus zwei Schritte Lntsernung ganz
den Eindruck dessen machen, was wir unter Malerei verstehen,
so erkennt man doch bei näherer Betrachtung deutlich, wie
das Lestrum — dem Spatel unserer Maler entsprechend —
im sarbigen lvachs gearbeitet hat. Schon im Mai d. I. hatte
Ebers in der ,,Allg. Itg." Mitteilungen über diese merkwür-
digen antiken Porträts gemacht, denen später in derselben
Ieitung G Donner von Richter eine wertvolle Erörterung
über die Technik der enkaustischen Malerei hinzusügte.

» Den japanischen Damen, die bekanntlich, vom unergründ-
lichen Iauber unserer europäischen Trachten berückt,
einen Fortschritt ihrer ästhetischen Aultur gegen Tournüre
und Aorsett hin erstreben, haben mehrere vornehme Amerika-
kanerinnen sdarnnter die Mittwe Garsields und die Ge-
mahlin Llevelands), einen offenen Marnungsbries ge-
schrieben. „Menn die Frauen s^apans", so heißt e? darin,

„sest entschlossen sind, das ausländische Aleid zu tragen, so !
würde es zwecklos sein, ihnen davon abzuraten: bevor sie
jedoch ihren Lntschluß zur Ausführung bringen, sollten sie
zum Mindesten die Meinung Iener kennen lernen, welche
diese Angelegenheit geprüft haben. Es mögen einige Aritiker
behaupten, daß das gegenwärtig getragene japanische Rleid
unanständig sei; unserer Ansicht nach könnte nach Lsinzusügung
von etwas mehr Untsrkleidern in diesem jdunkte an dem
japanischen Aleide nichts getadelt werden. Vom Gesichts-
punkte der Schönheit, Grazie und Angemessenheit jedoch ist
das japanische Aleid elegant und distinguiert, und es würde
sür eine Iapanerin Iahre brauchen, sich ein völlig ungewohntes
Aostüm anzupassen und es mit gleicher Grazie, wie das srühere,
zu tragen. !Vas öie Rücksichten der Eparsamkeit anlangt, so
genügt ein Blick, um zu erkennen, daß in der lVeitläufigkeit
europäischer Röcke und ihres Aufputzes eine enorme Menge
überflüssigen Etosses verwendet ist, so daß — ob nun die
Iapanerinnen ihre eigenen reichen und schönen Etoffe ver-
wenden oder nicht — der j)reis des ganzen Rleides erhöht
wird, nicht zu reden von der völligen Nmwandlung der chaus-
geräte, die dadurch bedingt wird und eine weitcre erhöhte
Geldausgabe nach sich ziehen muß. Fremde Teppiche, Eessel
und Tische müssen sremden Aleidern und Echuhen ans dem
Fuße solgen, nm jene reizenden Interieurs, die in aller lVelt
gelobt nnd dem Abendlande als Nuster harmonisch einfacher
und dabei vornchmer Schönheit gepriesen werden, gänzlich
umzusormen. Eine besondere Ausmerksamkeit der japanischen
Frauen verdient aber die gesundheitliche Eeite der Frage.

Das ärgste Ubel der abendländischen Aleidung nämlich ist die
schädliche Gewohnheit, Mieder zu tragen, weit verhängnis-
voller in ihren Folgen, als die chinesische Gewohnheit des
Insammenpressens der Füßchen. Die Iapaner verachten die
letztgenannte Eitte, warum nicht die thörichte und abscheuliche
Sitte der anderen völker? Man sagt zuweilen, daß der Ge-
brauch des Nieders nicht schädlich sei, wenn dasselbe locker
geschnürt ist. IVann aber kann eine Frau davon überzeugt
werden, daß ihr Mieder zu eng ist? Unsere Gesundheit hängt
jedoch im höchsten Grade von der Fähigkeit ab, srei und ties
zu atmen. Dies sei erwähnt, um die japanischen Damen auf
die Gesahren eines solchen Bekleidungswesens ausmerksam zu
machen, bevor sie die europäische Bekleidung endgiltig ein-
sühren, und sie zur Uberlegung zu veranlassen, bevor sie ein
Aleid annehmen, das nicht nur ihre eigene, sondern auch die
Gesundheit ihrer Ainder beeinträchtigt. Eicherlich sind Iapans
Frauen zu patriotisch gesinnt, als daß sie die Gesundheit einer
ganzen Nation gefährden, das Gute und Schöne an ihrer
Nationaltracht verleugnen und Geld sür sremde Mode ver-
schwenden würden, während von allen Eeiten der Rus nach
Mitteln sür die Lrziehung, Aufklärung und Lhristianisierung
der Frauen des Landes erschallt. Nögen sie sich lieber den
besten Frauen anderer Länder anschließen und im Verein mit
diesen die geeignetsten Mittel und kvege aussindig machen,
die Tracht der Gesundheit des Aörpers und der Lntwickelung
der Eeele anzupassen." Bravo. lvenn aber in Europa das
Iapanisieren nach dem Maße fortgeht, mit welchem es jetzt
z eingeleitet ist, so bringen wir's vielleicht noch zu einem großen
! übersecischen Tauschgeschäst, dessen Lndergebnis wäre, daß die
, Iapanerinnen „europäisch" in „europäischen", die Euro-
! xäerinnen „japanisch" in „japanischen" Gemächern herum-
liesen. Immerhin verlören wir dabei am wenigsten.

* In Reiseschildernngen aus Thüringen, welche die ,,T. R."
abdruckt, spricht L. Ringhoffer auch von der Ruhlaer 6olz-
! und Meerschaumschnitzerei und sährt dann sort: „lVen diese
Volksbegabung lvunder nimmt, der dcnke daran, daß künst-

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