Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (5.1913)

DIE NEUERWERBUNGEN DER BREMER
KUNSTHALLE Mit 12 Abbildungen / Von CURT STOERMER
y\ie älteren Bestände der Bremer Kunfthalle enthalten prachtvolle Stücke der Neu-
.L^zeit und des 16. und 17. Jahrhunderts. Rembrandt, Lucas Cranach, Leibi, van
Gogh müjjen in Erinnerung gerufen werden. Eine Vervollftändigung diejer Sammlung
ijt nicht nur ein anregender Gedanke, [ondern eine notwendige Aufgabe, denn der
einmütig künftlerifche Geift diejer Dinge verlangt nach Abrundung und Ausbau. Die
Aufgabe des Leiters beginnt, nachdem er die homogene Beziehung periodifch ver-
fchiedener Kunftgattungen oder vielmehr diefe logifche Notwendigkeit erkannt hat.
Sieht er in allem Kunftfchaffen ein gemeinfam pfychologifches Grundmotiv, fo läßt fich
ein ideeller und praktifch wirkfamer Zufammenhang der Kunftwerke beftimmen als fich
nach Zeit und Tradition einfügender Temperamentsäußerungen. Darin fchon liegt ein
erzieherifcher Zweck und ein bildender Gedanke.
Als Gelehrter fowohl wie auch als Menfchenkenner ift Dr. Paulis Betrachtungs-
weife des Kunftfchaffens, insbefondere der Entftehung neuer Werte eine empirifche.
Die Kraft und Größe der Einfühlung, die Urwüchfigkeit des Erlebens beftimmen den
Wert einer Schöpfung. Man wird bemerken, daß hierin troß der angeftrebten Objek-
tivität ein perfönlicher Vorbehalt liegt. Und diefer macht fich befonders der neuen
Kunft gegenüber fühlbar, der ja eine äfthetifch-ftiliftifche Richtung eigen ift. Allerdings

Abb. 1. ELSHEIMER, Predigt Johannis des Täufers

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