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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 1-13 (Januar 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0058

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nio 13. Sonnabend den 31. Januar 18.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Die Mutter und das Kind.

An dem Heerweg ſaß ein armes Kind,
Kaum bedeckt, erſtarrt und halb erfroren,
Schneegeſtoͤber, ſcharfem kaltem Wind
Bloß geſtellt, verlaſſen und verloren.

Manch ein Waller ging an ihm vorbei
Und es flebte mit erhobnen Armen,
Fragte, wo doch nur die Mutter ſey; —
Alle gingen weiter ohn' Erbarmen.
Endlich, als die Nacht gezogen kam,
Keine Leute mehr vorüber gingen,
Niemand es mit ſich nach Hauſe nahm,
Konnt' es nicht des Schlafes Drang bezwingen.

Und das Köpfchen ſacht auf einen Stein
Niederbiegend, legt' es ſich zur Erde,
Stille ſchlief es und geruhig ein,
Als ob es in Schlaf geſungen werde.

Durchs Gebüſche pfiff der kalte Wind
Sein verworrnes Liedchen leis und duͤͤſter,
Duͤrre Blaͤtter rauſchten um das Kind
Halb verwehtes, ſchauriges Gefluͤſter. —
Und die Mutter kommt den Weg zurück,
Den das Kind verlangend nachgegangen,
Und da findet ſie, ihr hoͤchſtes Glück,
Todt und ſtarr ihr Kindlein, bleich die Wangen.

Haſtig faßt ſies nun in ihren Arm,
Schließt es an die Bruſt in Mutterſchmerzen,
Und es wird durch ihre Küſſe warm,
Leiſes Pochen regt ſich tief im Herzen.
Und es ſchlaͤgt die frommen Aeuglein auf,
Lacht der Mutter ſelig mild entgegen, —
Ach, da hemmt ſie nicht der Thraͤnen Lauf,
Danket Gott und fleht um ſeinen Segen. —
Und es ſpricht das Kind ihr troͤſtend zu:
Weine doch nicht Mutter, laß uns gehen,
Engel ſangen mich in ſüße Ruh,
Wärmten mich, es iſt mir nichts geſchehen.
Fritz Max Heßemer.

—— — — —— — — — — —.—

Die Schlacht bei Marignano im Jahr 1515.

(Sſch lu ß.)

Der Koͤnig ſchien auf's Aeußerſte gebracht zu ſeyn, und er
war auf Ehre einer der trefflichſten Fuͤhrer ſeines Heers,
wollte ſeine Artillerie durchaus nicht verlaſſen, und ſam⸗—
melte von Truppen, was er konnte, um ſich. Aber die
Schweizer waren nahe bei der Artillerie; doch ſahen ſie
ſolche nicht; denn der Koͤnig ließ ein Feuer, daß ſich bei
dem Geſchütze befand, auslöſchen, damit es die Schweizer
in ſo geringer Begleitung nicht ſaͤhen. Dieſer Herr be-
gehrte zu trinken, weil er großen Durſt litt; ein Fußknecht
 
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