Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0089
DOI Heft:
2. Heft
DOI Artikel:Ausstellungen
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0089
AUSSTELLUNGEN
Mitte Februar eine Aushebung von Werken ihrer
Mitglieder folgen laffen, die gieichfam als Vor-
feier zum kaiferlichen Regierungsjubiläum ge-
dacht ift. * * *
Das Hauptintereffe der diesmaligen Vorfüh-
rung des SALONS SCHULTE beanfprucht die
Kollektion von Arthur Kampf. Die Weife, in
der [ich diefe große Begabung und diefes ftarke
Temperament der Wirklichkeit zu bemächtigen
fucht, ift die gleiche geblieben. Neben den
Stücken einer unmittelbarenNaturerfaffung ftehen
die Arbeiten, die bewußt nach koloriftifchen
Rückfichten mit einer ftarken, fehr dekorativ
wirkenden Farbigkeit orientiert find. Daß auch
hier das einzelne Werk nie im Nurdekorativen
verfandet, verdankt es dem, daß überall neben
der ftofflichen Charakteriftik auch die Darftellung
des Organifch-Funktionellen unmittelbar über-
zeugt, ebenfo dem, daß folche dekorative Stücke
wie auch die Fresko-Entwürfe eine durchweg
individuelle Charakteriftik zeigen. Dennoch
fchlägt das Herz am ftärkften vor den Dingen,
denen keine andere Abficht zur Entftehung
verhalf als der Wille zur Eroberung der Wirk-
lichkeit, und wenn ich Stücke aus diefer Kol-
lektion auszeichnend nennen foll, fo find es
Dinge wie der Kuhftall, wie das Bild der
Spreefdiiffer mit feiner überaus ftarken Bewe-
gungsfuggeftion, das Lübecker Dom-Interieur
und fo mancher Studienkopf. Daneben wirkt
die Kollektion des Bildhauers Walter Schott
ein wenig fpielerifch, was zum großen Teil auf
Rechnung der Materialbehandlung kommt. Am
ftärkften wirkt auch bei ihm die reine Natur:
die Porträts mit ihrer fehr individuellen, leicht
idealifierenden Art. Von der Kollektion Armin
Reumanns ift jdas Bild des Artilleriften mit
feiner breiten, feften, koloriftifch gehaltenen
Malerei das befte Stück. Das übrige überzeugt
troß koloriftifcher Reize noch nicht als Eigenes.
Artur Schlubeck gibt feinBeftes in der Studie
auf der Loggia; in den übrigen, in den Land-
fchaften nach Schlichting und in den Porträten
nach Lenbach orientierten, Arbeiten hat der
Schmiß etwas Erzwungenes. Rudolf Hell-
wag gibt feine reizenden Landfchaften mit
großer, faft ein wenig zu großer farbiger
Delikateffe, Richard Kaifer den feinen eine
fchöne, anfpruchslose Einfachheit. Die Bilder
von Hermann Junker leiden, bei genü-
gender Charakterifierung, an einer entweder zu
geringen oder übertriebenen Plaftik, Walter
Schmidts Aquarelle meift an einer zu großen
Ausführlichkeit; Willg Stöwer gibt in den
Aquarellen von der Kaiferreife 1912 das ge-
wohnte. Am wenigften konnte ich mich mit der
Kollektion von Alfred Sohn-Rethel befreun-
den. Diefe Zufammenreihung von Kopenhagner
Porzellandelikateffe, Cezannismus und kolorifti-
fcher Stilifierung nach Kampffchem Rezept kann
nichts gutes ergeben. WeldieAnlagen hier ver-
loren zu gehen drohen, zeigt das Bild: „Nach
der Arbeit". H. Fr.
KARLSRUHE HEINRICH ALTHERR-AUS-
STELLUNG IM BADISCHEN KUNSTVEREIN.
Zum erften Male tritt uns der begabte Basler,
in Karlsruhe tätige Künftler, Heinrich Alt-
herr, mit einer großenKollektion Porträts
und großenGemälden, nebft Entwürfen zu
folchen und zu Glasfenftern entgegen. Wir
fehen überall ein ernftes und zielbewußtes
Streben nach ausgefprochener Monumentalität,
nach eigenartiger Auffaffung und Wiedergabe
von Form und Farbe, das auf eine tiefange-
legte, groß denkende künftlerifche Individualität
fchließen läßt, die allerdings noch im Ringen
und Werden begriffen ift. Sein intenfives Schaffen
läßt deutlich den, namentlich kunfthiftorifch fehr
bewanderten Künftler erkennen; von denGroß-
meiftern der italienifchen Hochrenaiffance
an bis zu Hans v. Marees, Puvis de Cha-
vannes, und fein Karlsruher Ebenbild, den
reichbegabten Figurenmaler Schmid-Reutte
hat er alle diefe Meifter der großen Form geiftig
in fich aufgenommen und verarbeitet und fich
nebenbei auch zu einem fehr beachtenswerten
Koloriften durch das Studium der modernen
franzöfifchen Impreffioniften bis zuGau-
guin und van Gogh entwickelt. Befonders
hervorragende Leitungen erzielt Altherr in
feinen pfgchologifch und künftlerifch fehr fein
herausgearbeiteten geiftvoilen Porträts, auf
welchem Gebiete er bis jeßt wohl die voll-
endeten feiner künftlerifchen Schöpfungen er-
zielt hat. — Ein weiterer intereffanter Künftler
ift der aus Baden-Baden ftammende Münchner
Landfehafter Rudolf Gönner, der in feinen
Anfichten aus Paris und München einem flotten
ftarkfarbigen und lichtvollen Impreffionismus
nach neuefter Parifer Manier huldigt. — Auch
der begabte TrübnerfchülerWoldemarCofte
aus Frankfurt zeichnet fich befonders auf figu-
ralem Gebiete vorteilhaft aus. K.
LONDON Wie früher fchon gemeldet, hat
diefes Mal die ROYAL ACADEMY ftatt der ge-
wohnten Altmeifter-Ausftellung eine Gefamtaus-
ftellung desOeuvre AlmaTademas veranftaltet.
Begreiflich ift das, denn er hat fich ja in feinem
Teftamente als ihr Wohltäter erwiefen. Ob
man feinem kün ftleri fehen Andenken mit diefer
Ausftellung von ca. 200 Werken nüßen wird,
67
Mitte Februar eine Aushebung von Werken ihrer
Mitglieder folgen laffen, die gieichfam als Vor-
feier zum kaiferlichen Regierungsjubiläum ge-
dacht ift. * * *
Das Hauptintereffe der diesmaligen Vorfüh-
rung des SALONS SCHULTE beanfprucht die
Kollektion von Arthur Kampf. Die Weife, in
der [ich diefe große Begabung und diefes ftarke
Temperament der Wirklichkeit zu bemächtigen
fucht, ift die gleiche geblieben. Neben den
Stücken einer unmittelbarenNaturerfaffung ftehen
die Arbeiten, die bewußt nach koloriftifchen
Rückfichten mit einer ftarken, fehr dekorativ
wirkenden Farbigkeit orientiert find. Daß auch
hier das einzelne Werk nie im Nurdekorativen
verfandet, verdankt es dem, daß überall neben
der ftofflichen Charakteriftik auch die Darftellung
des Organifch-Funktionellen unmittelbar über-
zeugt, ebenfo dem, daß folche dekorative Stücke
wie auch die Fresko-Entwürfe eine durchweg
individuelle Charakteriftik zeigen. Dennoch
fchlägt das Herz am ftärkften vor den Dingen,
denen keine andere Abficht zur Entftehung
verhalf als der Wille zur Eroberung der Wirk-
lichkeit, und wenn ich Stücke aus diefer Kol-
lektion auszeichnend nennen foll, fo find es
Dinge wie der Kuhftall, wie das Bild der
Spreefdiiffer mit feiner überaus ftarken Bewe-
gungsfuggeftion, das Lübecker Dom-Interieur
und fo mancher Studienkopf. Daneben wirkt
die Kollektion des Bildhauers Walter Schott
ein wenig fpielerifch, was zum großen Teil auf
Rechnung der Materialbehandlung kommt. Am
ftärkften wirkt auch bei ihm die reine Natur:
die Porträts mit ihrer fehr individuellen, leicht
idealifierenden Art. Von der Kollektion Armin
Reumanns ift jdas Bild des Artilleriften mit
feiner breiten, feften, koloriftifch gehaltenen
Malerei das befte Stück. Das übrige überzeugt
troß koloriftifcher Reize noch nicht als Eigenes.
Artur Schlubeck gibt feinBeftes in der Studie
auf der Loggia; in den übrigen, in den Land-
fchaften nach Schlichting und in den Porträten
nach Lenbach orientierten, Arbeiten hat der
Schmiß etwas Erzwungenes. Rudolf Hell-
wag gibt feine reizenden Landfchaften mit
großer, faft ein wenig zu großer farbiger
Delikateffe, Richard Kaifer den feinen eine
fchöne, anfpruchslose Einfachheit. Die Bilder
von Hermann Junker leiden, bei genü-
gender Charakterifierung, an einer entweder zu
geringen oder übertriebenen Plaftik, Walter
Schmidts Aquarelle meift an einer zu großen
Ausführlichkeit; Willg Stöwer gibt in den
Aquarellen von der Kaiferreife 1912 das ge-
wohnte. Am wenigften konnte ich mich mit der
Kollektion von Alfred Sohn-Rethel befreun-
den. Diefe Zufammenreihung von Kopenhagner
Porzellandelikateffe, Cezannismus und kolorifti-
fcher Stilifierung nach Kampffchem Rezept kann
nichts gutes ergeben. WeldieAnlagen hier ver-
loren zu gehen drohen, zeigt das Bild: „Nach
der Arbeit". H. Fr.
KARLSRUHE HEINRICH ALTHERR-AUS-
STELLUNG IM BADISCHEN KUNSTVEREIN.
Zum erften Male tritt uns der begabte Basler,
in Karlsruhe tätige Künftler, Heinrich Alt-
herr, mit einer großenKollektion Porträts
und großenGemälden, nebft Entwürfen zu
folchen und zu Glasfenftern entgegen. Wir
fehen überall ein ernftes und zielbewußtes
Streben nach ausgefprochener Monumentalität,
nach eigenartiger Auffaffung und Wiedergabe
von Form und Farbe, das auf eine tiefange-
legte, groß denkende künftlerifche Individualität
fchließen läßt, die allerdings noch im Ringen
und Werden begriffen ift. Sein intenfives Schaffen
läßt deutlich den, namentlich kunfthiftorifch fehr
bewanderten Künftler erkennen; von denGroß-
meiftern der italienifchen Hochrenaiffance
an bis zu Hans v. Marees, Puvis de Cha-
vannes, und fein Karlsruher Ebenbild, den
reichbegabten Figurenmaler Schmid-Reutte
hat er alle diefe Meifter der großen Form geiftig
in fich aufgenommen und verarbeitet und fich
nebenbei auch zu einem fehr beachtenswerten
Koloriften durch das Studium der modernen
franzöfifchen Impreffioniften bis zuGau-
guin und van Gogh entwickelt. Befonders
hervorragende Leitungen erzielt Altherr in
feinen pfgchologifch und künftlerifch fehr fein
herausgearbeiteten geiftvoilen Porträts, auf
welchem Gebiete er bis jeßt wohl die voll-
endeten feiner künftlerifchen Schöpfungen er-
zielt hat. — Ein weiterer intereffanter Künftler
ift der aus Baden-Baden ftammende Münchner
Landfehafter Rudolf Gönner, der in feinen
Anfichten aus Paris und München einem flotten
ftarkfarbigen und lichtvollen Impreffionismus
nach neuefter Parifer Manier huldigt. — Auch
der begabte TrübnerfchülerWoldemarCofte
aus Frankfurt zeichnet fich befonders auf figu-
ralem Gebiete vorteilhaft aus. K.
LONDON Wie früher fchon gemeldet, hat
diefes Mal die ROYAL ACADEMY ftatt der ge-
wohnten Altmeifter-Ausftellung eine Gefamtaus-
ftellung desOeuvre AlmaTademas veranftaltet.
Begreiflich ift das, denn er hat fich ja in feinem
Teftamente als ihr Wohltäter erwiefen. Ob
man feinem kün ftleri fehen Andenken mit diefer
Ausftellung von ca. 200 Werken nüßen wird,
67