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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0164

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LITERATUR

Bei uns fehlt es freilich auch nicht an forg-
famen und wertvollen Forfchungen, aber — mit
wenigen Ausnahmen — ift alles das kaum
noch überfehbar in Mufeumshandbiichern und
-berichten, in Zeitfchriften und Lokalftudien zer-
fplittert und vergraben.

Das mag zunächft als etwas Äußerliches wenig
belangreich erfcheinen. Es hat aber doch die
üble Folge gehabt, daß die wiffenfchaftliche und
äfthetifche Wertfdiäßung der deutfchen Fayencen
hinter ihrer wirklichen Bedeutung weit zurück
geblieben ift.

So betrachtet ift das mit 35 zum Teil in der
farbigen Wiedergabe einzelner Stücke aus-
gezeichneten Tafeln, mit 146 Textabbildungen
und 109 Signaturenpaufen muftergültig aus-
geftattete Werk Zehs über die Hanauer Fayence-
manufaktur, die ältefte deutfche Manufaktur im
ftrengen Sinne des Wortes, in der Tat fchon
rein nach feiner äußeren ftattlichen und foliden
Form ein nicht leicht zu überfchäßendes Doku-
ment für das Beftreben, endlich eine empfind-
liche Scharte der deutfchen kunftgewerbe-
gefchichtlichen Forfchung auszuweßen.

Das groß angelegte — für den Sammler deut-
fcher Fayencen nun wirklich unentbehrliche —
Werk zerfällt in zwei Hauptabfchnitte: die Ge-
fchichte der Fabrik, deren endgültiger Dar-
stellung ein Verzeichnis der in Hanau befchäf-
tigten Arbeiter beigegeben ift, und dieGefchichte
der Erzeugniffe der Fabrik. Als Anhang
folgt ein gut gefchriebenes über alle technifchen
Fragen auf klärendes Kapitel zur Technik der
Fayencen.

Nur wer felbft fchon ähnliche Studien betrieben
hat, kann ermeffen, welche Summe von Arbeit
in dem zweiten kunftgefchichtlich wichtigften Ab-
fchnitt über die Gefchichte der Hanauer Fayencen
ftedct, wo der Verfaffer fich des fonft wohl
üblichen Hilfsmittels einer großen Leihausftellung
nicht bedienen konnte, die das weitfchichtige
Material ihm zu bequemer Verarbeitung an einer
Stelle vereinigt hätte. Es ift außerordentlich,
was hier an Sichtung und Ordnung des er-
drückend reichhaltigen Stoffes, an Deutung der
künftlerifchen Stilentwicklung, an weit geförderter
Klärung der komplizierten Marken und Signa-
turenfragen geleiftet ift.

Ob alle Zufchreibungen Zehs zu Recht be-
ftehen — ob fich nicht doch das eine oder andere
fremde Stück eingefchlichen hat — vor allem,
ob die wichtigfte Frage der Hanauer Frühzeit,
die fchon früher und in einem gewiffen Gegen-
faß zu Zeh kürzlich wieder in diefen Heften
von Äuguft Stoehr-Würzburg behandelte Frage
nach dem Verhältnis von Frankfurt und Hanau
von Zeh ihrer endgültigen Löfung zugeführt ift,

wage ich nicht zu entfcheiden, ehe mir nicht
eine gründliche Nachprüfung des einfchlägigen
Materials möglich gewefen ift.

Bei der ungewöhnlichen fachlichen Schwierig-
keit der Lage werden wir hier m. E. zu abfoluter
Klarheit überhaupt nicht mehr gelangen können:
Wir mUffen doch damit rechnen, daß nicht nur
die Maler von einer Manufaktur zur andern ge-
wandert find, fondern auch die Dreher und
Former, daß aifo auch rein technifche Merkmale
allein für die Herkunftsbeftimmung einer Fayence
beweifend nicht fein können. So demütigend
es für das ftilkritifche Selbftbewußtfein fein mag,
zunächft fehen wir uns auf diefem Gebiete der
Forfchung doch immer wieder auf die fefte Baßs
eindeutig zu löfender Signaturen angewiefen
und müffen uns oft genug damit tröffen, daß
unter Umftänden auch ein non liquet ein wiffen-
fchaftliches Ergebnis fein kann. —

Zehs Hanauer Werk wird Epoche machen.
Was hier für Hanau geleiftet ift, muß auch für
die andern deutfchen Fayencemanufakturen oder
Manufakturengruppen geleiftet werden. So hoffe
ich, in nicht gar zu langer Zeit eine zufammen-
faffende Arbeit über die Thüringer Fayencen
vorlegen zu können. Aus dem Stadium vor-
bereitender Studien müffen wir jeßt überall zu
abfchließenden Darftellungen fortfchreiten.

Max Sauerlandt.

Der Verlag von Karl W. Hierfemann zeigt
eine foeben erfchienene vollftändige Nachbildung
des älteften fpanifchen SCHACHZABELBUCHES
des Königs Alfons des Weifen vom Jahre 1283
an, das auf 194 Lichtdrucktafeln die Handfchrift
des Escorial wiedergibt. Das Werk, zu dem
John G. White eine kurze Einführung fchrieb,
koftet 300 M.

Im gleichen Verlage erfchien kürzlich das Werk
des Grafen Ä. A. Bobrinski über VOLKSTÜM-
LICHE RUSSISCHE HOLZARBEITEN, das auf
163 Lichtdrucktafeln (davon 4 farbig) und in dem
(ruffifchen) Text diefes wenig erforfchte Gebiet
der Wiffenfchaft und den Liebhabern zugäng-
lich machen will. Der Preis des Werkes beträgt
122 M., der Text ift von P. Ettinger ins Deut-
fche übertragen und auch zum Preife von 28 M.
einzeln zu haben.

In der Sammlung „Ärts et Induftries artiftique
de la Provence“ (Verlag Alex. Jouvene in
Marfeille) erfchien als neuefter Band foeben LE
MEUBLE von G. Ärnaud d'Agnel vom Unter-
richtsminifterium, mit einer Vorrede von Henry
Havard. Das Werk, von dem 600 Exemplare
zum Preife von 80 frcs. und eine Luxusausgabe
von 36 Exemplaren auf Japan für 180 frcs. her-

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