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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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[7. Heft]
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0285

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t

Budapefl) ift audi zu den intereffanteflen Lei-
flungen zu zählen und läßt bereits eine gewiffe
perfönliche Kraft der Auffaffung erkennen.

In Verbindung mit diefer Ausftellung wurde
auch eine Kunftfchau derjenigen ungarifchen
Künftler eröffnet, die im Ernft-Mufeum am häu-
pgflen auszuftellen pflegen, alfo bereits eine in-
time Vereinigung bilden. Es find unter ihnen
Karl v. Ferenczy (Berglandfchaft in nebeliger
Regenftimmung), Paul Merfe von Szinyei, Adolf
Fenyes (farbige Stilleben) und Bela Ivänyi Grün-
wald (monumentale Kompofitionen von preziöfer
Farbenftimmung) zu erwähnen.

* *

*

Eine lehrreiche Kollektivausftellung des Malers
Franz v. Hatvany ift wohl zu den Hauptattrak-
tionen der Saifon zu zählen. Der Künftler ift
ein frühreifes Talent, deffen Entwicklung auch
durch günftige Umftände befördert wurde. Es
war ihm frühzeitig vergönnt, aus den beften
Quellen zu fchöpfen und über die bedeutendften
Errungen fchaften der modernen Malerei auf-
geklärt zu werden. So kam es, daß der Künftler
bereits in feinen Anfängen eine malerifche Reife
an den Tag legte, die anderen nur um den
Preis fchwerer und langer Kämpfe erreichbar
ift. Es ift dafür natürlich zuzugeben, daß Hat-
vanys Kunft nie eine Spur von Naivität auf-
wies, was übrigens bei einem Manne wie er,
der in einer hochkultivierten und überaus diffe-
renzierten Gefellfchaft aufwuchs, ohnehin ver-
ftändlich ift. Er hat auch nichts Bodenwüchfiges.
Auch die Schule von Nagybänya und Szolnok
hatte ihm nichts aus feiner Eigenart aufgeprägt.
Seine der früheren Periode angehörenden Land-
fchaften entfalten das reinfte Programm des
franzöfifchen Impreffionismus, wobei natürlich
betont werden muß, daß fie in ihrer Art fehr
tüchtige Leitungen find. Die neuere Produktion
des Künftlers befteht faft ausfchließlich aus Äkt-
kompofitionen und läßt ein intereffantes Streben
auf Formalismus unter dem ftarken Einfluß von
Ingres erkennen. Die mit ziemlich derber Sinn-
lichkeit aufgefaßten weiblichen Körper find ein-
fach und wuchtig, in einer primitiv anmutenden,
aber meifterhaften fynthetifchen Art dargeftellt.
Sie wirken hauptfächlich durch ihre kräftige,
breite Modellierung und die feltene, mit ficherem
Stilgefühl übertriebene Stofflichkeit. Eine Reihe
von Zeichnungen bildete die willkommenfte Er-
gänzung und lieferte mit den Beweis, daß der
Künftler bereits zu den fattelfeften Könnern

gehört. * *

*

Der Vollblutariftokrat Graf Julius Batthyäny
läßt auch in feiner malerifchen Eigenart die über-
reife Kultur und Differenziertheit feiner Raffe

AUSSTELLUNGEN

zu Worte kommen. Er ift eigentlich ein Illu-
ftrator des vornehmen dekadenten Müßiggänger-
tums, deffen Lob er mit farbiger glühender
Phantafie fingt. Echt ariflokratifch ift in ihm
der Übermut, womit er feine figurenreichen
kühnen Kompofitionen entwirft. Er entfaltet in
ihnen eine intereffante, groteske und launifche
Linienkunft, die zu feinen bevorzugten Themen
durchaus paßt. Die bizarren Einfälle fließen ihm
leicht, ohne jede Änftrengung. Sie entflammen
nicht irgendeinem gewollten Raffinement, fon-
dern der natürlichen Veranlagung des Künftlers.
Kompliziert werden fie nur dadurch, daß ihre
Wurzeln nach verfchiedenen Richtungen hin ver-
zweigen. Sie enthalten Elemente, in denen man
den Einfluß einesTouloufe-Lautrec, der Münchner
Illuftrationskunfl, der verführen fchen koreogra-
phifchen Gedanken eines Leon Backfl erkennt.
Der Künftler verarbeitet diefe Eindrücke mit
großer Leichtigkeit und läßt fie durch das Hin-
zutun perfönlicher Werte zu einer überzeugenden
Selbflverfländlichkeit heranreifen. Seine Kraft
liegt in der Zeichnung. Er entfaltet ein tem-
peramentvolles fenfitives Liniament. Die Farbe
dient ihm nur zur Kolorierung.

Der Plafliker Filipp E. Beck, der die Ausflel-
lungsräume des Mufeums mit Batthyäny geteilt
hatte, trug befonders hohe Qualitäten zur Schau.
Er galt bereils früher als der erfle ungarifche
Plakettekünfller. Diefes Mal erfchien er vor dem
Publikum als ein Bildhauer großen Stiles, der
auf monumentale Äußerungen ausgeht. Er fucht
in erfler Linie die Bewegung feiner Figuren durch
die Wucht derMaffen kräftiger zu machen. Seine
neueflen Kompofitionen — der heil. Sebaflian,
die Kreuzigung, Torreliefs uff. — find gedrängtes
Leben. Sie zeigen ein feltenes energifches Streben
auf abfolute Klarheit und Präzifität der Formen-
fpradie. Die kleine vergoldete Bronzeflgur eines
galoppierenden fkythifchen Reiters, der fich rück-
wärts wendend feinen Bogen abfchnellt, ift ein
feltenes Gemifch von Eleganz und Strenge, welche
Eigenfchaflen fleh mit edlen dekorativen Quali-
täten paaren. Die Porträtbüften von Beck im-
ponieren durch ihre fonderbare Reife und Ab-
geklärtheit. Sie haben eine flreng abgerundete
Zeichnung, in deren Rahmen der Charakter des
Dargeflellten ins Monumentale gefleigert wird.

Z. T.

DÜSSELDORF In der Galerie ALFRED
FLECHTHEIM ift gegenwärtig die Sammlung
chinefifdier Gemälde der Frau Olga Julia We-
gener ausgeftellt, enthaltend einen Teil der Werke,
die aus dem Befiß der Frau Wegenerl908 in Berlin
in der Akademie der Künfle gezeigt wurden,
vermehrt um die neueren Erwerbungen der

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