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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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9. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0371

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AUSSTELLUNGEN

durch ihren leitenden Gedanken und deffen Ver-
wirklichung auch außerhalb Beachtung und In-
tereffe zu pnden geeignet ift: Zeichnungen
moderner Bildhauer wurden mit Klein-
plaftiken in einer umfangreichen, überfichtlich
gegliederten Schau vorgeführt. Über 100 Pla-
ftiken und 400 Zeichnungen wurden zufammen-
gebradit, aus denen die Auswahl für die Aus-
heilung getroffen wurde. Die Dauer ift bis Mitte
Juni vorgefehen. Wir werden ausführlich auf
die Äusftellung zurückkommen. Einige Namen
von vertretenen Künftlern mögen kurz genannt
fein: Rodin, Maillol, Minne, Kogan, Kolbe,
Älbiker, Lehmbruck, Gerftel, Fehrle, Barlach,
Edzard, Sintenis, Steger, Pechftein, Scharff, Haller,
Hoetger, Langer, Stephani u. a. m. — Gleichzeitig
wurde eine große internationale Plakatausftellung
eröffnet, auf die wir gleichfalls noch zurück-
kommen. St.

OFFENBÄCH a. M. Wieviel Kunftfchäße
auch an Orten verborgen liegen, die niemand
als Stätten privaten (und öffentlichen) Sammel-
eifers kennt, bewies die vom Verein fürKunft-
pflege in Verbindung mit den Technifchen
Lehranftalten in Offenbach veranftaltete Aus-
ftellungvonKunftwerkenausOffenbacher
Privatbefiß. Einige der wichtigften und qua-
litätreichften Sammlungen hatten pch nicht ge-
öffnet: und doch war die Fülle und Mannig-
faltigkeit, ja die Qualität des Ausgeftellten er-
ftaunlich groß. Man fah neben alten Darftellungen
Offenbachs, modernem und altem Kunftgewerbe
(befonders Zinn, Bronze des 18., deutfche Gläfer
des 17. und 18. Jahrhunderts, oftafiatifche Keramik
und Bronzen), Miniaturen, griechifchen Münzen,
modernen Medaillen: Gemälde des 17. und 19. Jahr-
hunderts und Offenbacher Fayence. Unter den
alten Gemälden ragten treffliche Stücke von
G. Flink, Salvator Rofa, Oftade hervor; unter
den neueren Slevogt, Piffarro, Sperl, Ph. Klein,
Nauen. Befonders wichtig war aber die Kollek-
tion von Gemälden der beiden Bode, die auf
der Jahrhundertausftellung 1906 leider gar nicht
vertreten gewefen waren. Weniger der etwas
pofthum-nazarcnifche Leopold Bode, deffen
Bedeutung in feiner Tätigkeit als Porträtift in
Frankfurt und Offenbach feit den fechziger Jahren
lag, als fein Vater G. W. Bode darf die Äuf-
merkfamkeit in Anfpruch nehmen. Er ift ein
ftiller Meifter des kleinen Formats gewefen, wie
die Frankfurter Nazarener Pforr und Paffavant,
mit denen er am eheften Verwandtfchaft befißt;
kein himmelftürmender Eroberer, aber ein feiner
und liebenswürdiger Schilderer von Kindern und
alten Leuten und ihrer Gemütsbewegungen, und
ein vornehmer und ficherer Bildnismaler. Die

Solidität und Sicherheit feines Handwerks hebt
ihn über manche Zeitgenoffen mit berühmteren
Namen; und feine zarte Emppndung follte ihm
für immer einen Plaß fiebern zwifchen Veit und
Schwind, und ihn aus feiner befcheidenen lokalen
Verborgenheit hinausheben ans Licht der allge-
meinen Entwicklung.

Die Offenbacher Fayencen vom Ende des
18. Jahrhunderts, die faft alle in einer Samm-
lung konzentriert erfchienen, werden freilich nicht
die Bedeutung der Kelfterbacher oder gar Hanauer
Kunfttöpfereien erreichen. Es find im wefent-
lichen Gebrauchsgeräte mit dem üblichen naiven
Dekor von Architekturen, Vögeln, Sprüchen auf
den Tellern; befonders häufig fcheinen Tinten-
fäffer in Kommodenform gewefen zu fein. Als
Hauptftück pguriert eine weiße viereckige Tulpen-
vafe im Louis XVl.-Gefchmack, und ein (leider
nicht ausgeftelltes) richtiges Vogelbauer. Die
Manufaktur fignierte mit blauem „Off“ und wird
innerhalb der deutfdhen Fayenceproduktion nun
wohl ihren Plaß erhalten müffen.

Paul F. Schmidt.

WIEN GALERIE MIETHKE: AndreDerain.
Es war ein überaus glücklicher Gedanke der
Galerieleitung, den Werken Picaffos die Kol-
lektivausftellung eines der begabteften Künftler
feiner Generation unmittelbar folgen zu laffen.
Denn in der Relation zu ihrer Vorgängerin ge-
winnt diefe intereffante Ausftellung neben ihrem
künftlerifchen Eigenwert noch eine befondere
inftruktive Bedeutung.

Ein fchönes Bild aus dem Jahre 1904 zeigt
eine noch völlig imprefponiftifch gefehene Land-
fchap. Cezanne bietet den naturgemäßen An-
knüpfungspunkt aller weiteren Entwicklung in
ihrem immer ftärker hervortretenden Streben
nach großzügiger Zufammenfaffung und Verein-
heitlichung. Der Entwicklungsgang mancher
deutfeher Künftler bietet anregende Parallele:
Man denkt bei dem früheften Werke etwa an
Rösler wie bei einigen fpäteren an Erbslöh und
Kanoldt. Die Nähe Cezannes — gelegentlich
glaubt man daneben den Einpuß O. Friesz’
und anderer Jungfranzofen zu bemerken — be-
deutet auch für Derain wie für fo manche wider-
ftandslofere unter den Gleichftrebenden die Ge-
fahr der nur dekorativen Kuliffe, bis er in
den Bannkreis Picaffos gerät, der fich zunädift
in der Stellung und Löfung neuartiger per-
fpektivifcher Probleme ankündigt. Fehlen auch
in diefer Ausftellung rein „kubiftifche“ Arbeiten
Derains, fo beginnt man doch in den Werken der
leßten Zeit die Werte zu ahnen, die der weicher
geartete Künftler feiner ernften Verfenkung in
die unerbittliche Syftematik der geheimnisvollen

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