Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (13.1921)

Lodewijk Scßelfhout. Les Angies. Radierung. 1912.

Kunftfcßlittfcßuhläufer einßeimfte, der keine Noten zu lefen, aber auf dem Fiügei über-
fcßwenglich zu phantasieren verfteßt, ift mehr ais er's weiß und er es vielleicht (Hort
haben möchte, ein Sohn der üppigen unverwüstlichen Mutter Flandern.
ln den Mannesftamm der Schelfhouts wurde von feiten der Ehefrauen Benervtheit
und Gefchmacksverfeinerung eingebracht. Neben die germanifche Art Stellten und
mifchten fie den Süden, das Lateinertum, und erfchufen fo in diefem Gefchlechte neue
Verfügungen und Fremdheiten, wider die fiel) der Menfcß, wollte er nicht zerftückelt
werden, abermals behaupten mußte. Es ift die andere Kielt des Gegenfaßes, in die
Lodewijk Scßelfßout ßineinreießt und aus der er feine Anregungen und Kräftigungen
bezieht, diefes Lateinertum in ihm, das reichlich genug ftrömt, um ihn irgendwie im
Innerften mit romanifchen Vorftellungsweifen und den uralten künftlerifchen Stilneigungen
Frankreichs zu verknüpfen, immerhin aber zu Schwach ift, um ihm aus feiner wefent-
lich germanifchen Perfönlichkeitartung herauszureißen.
So lebt und feßafft Lodewijk Scßelfßout auf der Grenzfcßeide zweier Raffen, auf
der Grenzfcßeide zweier nationaler Bildungsbereiche. Niemals eingeengt durch eine
einzige, leicßt überfehbare Gefüßlsvorherrfcßaft, immerdar gefpeift von gegenfäßlicßen
Antrieben, weiß feine ftarke Blutsnatur beides zu vereinigen: Spottluft und Glaubens-
inbrunft, Fleifcßesabtötung und Cänzerübermut, Lebensanklage und Lebenslobpreis.
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Der Anfang des Künftlers verlief pendelnd nach rechts und links. Dies waren die
mühevollen, in Paris verbrachten Jaßre 1903—1913. Und da er noch nicht reif und
ftark genug war, mußte er fiel) Vorbilder wählen, in denen er diefe zwei Bluts-

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