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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

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Heft 19
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Das Darmstädter Löwentor
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0589

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Das Darmftädter Löwentor

T^ines der für die Kunft diefer geit tgpifcßften Denkmäler, das für die leßte Künftler-
r kolonie-Ausftellung auf der Matßildenßöhe von Bernhard ßoetger in gemein-
* ^ famer Arbeit mit dem Architekten Albin Alüller gefcßaffene Löwentor ift in
Gefahr, das Opfer eines kleinftädtifcßen Banaufentums und kunftfeindlicßen Geiftes zu
werden. Diefe monumentaie Arbeit, auf die im einzelnen die hier beigegebene Ab-
bildung verweift, war urfprünglid) für den großherzoglichen Fjofgarten in Darmftadt
beftimmt, nachdem fie ihren gweck, der lebten Künftlerkolonie-Ausftellung als Eingangs-
pforte und würdiger Auftakt zu dienen, bis zum Ausbruch des Krieges erfüllt hatte.
Leider haben die veränderten Verßältniffe der Aufrichtung des Cores auf dem urfprüng-
lid) beftimmten Plat; im Fjofgarten der Rofenßöße fcßwere 5inderniffe in den (Weg ge-
legt, und fo harren die einzelnen (Werkteile und die Fjoetgerfcßen Skulpturen feitßer
vergeblid) des (Wiederaufbaus.—Nun feierte unlängft ein ßeffifcßes Regiment irgend ein
Jubiläum, das den Anlaß zu einer Denkmalsgründung bildete. Da aber heute in Darm-
ftadt für Denkmäler keine Mittel zur Verfügung ftehen, fo kam man auf den Gedanken.
Geile des Löwentores zu verwenden. Aber nicht etwa, um das Monument in feiner
ganzen imponierenden Geftaltung dem gwecke dienftbar zu machen (die feeßs Paar
Doppelfäulen mit den mächtigen thronenden Löwen verkörpern gewiß ein geradezu
einzigartiges Denkmalsmotiv), nein, man will ßcß nur die Säulentrommeln holen! Die
Fioetgerfchen Löwen indeffen überläßt man gern ißrem Scßickfal! Denn diefe Löwen
find nun einmal dem „kunftfreundlicßen" Darmftädter ein Dorn im Auge. — Rafcß war
ein Denkmalsentwurf zur Fjand. Nicht etwa, daß man einen der beiden Schöpfer des
Cores heranzog, — das hat mau nicht nötig, denn es gibt ja gottlob „Künftler" genug,
die zur Verfügung ftehen! Mit großem Gepränge und mit vielen Reden wurde and)
feßon der Grundftein für das neue (Werk gelegt. — ln der „Kunftftadt" Darmftadt aber
ift niemand, der der gerftücklung des Löwentores, diefem Scßildbürgerftreicße, wehren
mag! (Wozu auch? Es handelt fieß ja meßt um die Erhaltung irgendeines fragwürdigen
antiken Gegenftandes, fondern nur um ein neuzeitliches (Werk, nur um die Arbeit zweier
lebender Künftler! Dafür gibt es keinen Schutt; feßon deshalb nicht, weil Bernhard
FJoetger fowoßl wie Albin Alüller mit ißrem Sd)affen in Fjeffen wenig Verftändnis ge-
funden haben. Man „pflegt" eifrig Fjeimatkunft, fofern man nicht auf Nacßfüßler
(Wienerifcßen Kunftgewerbes eingeftellt ift. Dem (Wirken anderer Künftler und dem
Ringen der Jungen fteßt man fpöttifcß-küßl und teilnahmslos gegenüber. Sollte keine
Möglichkeit befteßen, diefes Denkmal irgendwo in Deutfcßland einem würdigeren gweck
zuzuführen, bevor es das Opfer jenes fatten Spießertums wird, dem ja feßon in früheren
Jahren die offizielle Darmftädter Kunftpflege ftets ein Dorn im Auge war? Man könnte
fid) feßr gut denken, daß irgendwo bei Anlagen, etwa von Friedßöfen oder Garten-
pläßen, ja daß felbft bei irgendeinem bedeutenden Privatbau eine Möglichkeit gegeben
wäre, diefem markanten Cor zu einer dauernden Aufteilung zu verhelfen. n.

Oer Cicerone, X!I!. Jai)rg., ßeft 19

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