Ausheilungen
Ausstellungen
Deutfclje Graphik in gürid)
Seit Jahren fieht man in 3ürich zum erftenmal
wieder moderne deutfche Kunft in einem im-
posanten Rabmen von nicht zu verkennendem
Ausmaß. (Interftüßt von dem kenntnisreichen
Züricher Kunfthiftoriker Dr. Welti, unternahm es
Qerr Wolfensberger, dem fein Kunftfalon „Wolfs-
berg" mehr Angelegenheit desQerzens als Sache
geSchäStlicherSpekulation iSt, in der Schweiz der
deutschen Graphik eine Ausstellung zu bereiten,
die gegenwärtig das künstlerische Intereffe der
Züricher Kunstfreunde in ungewöhnlichem Maße
beschäftigt. Wenn die zahlreichen Verkäufe in
diefer Ausftellung außerdem als Gradmeffer der
künftlerifchen Gefinnung unferer Schweizer
Freunde gewertet werden dürfen, dann kann
man ohne Übertreibung febr wohl behaupten,
daß es um die Sache der jungen deutfcben Kunft
in dem uns fo außerordentlich wohlgefinnten
Nachbarlande nicht fcblecbt ftebt und daß auch
dort (fehr zum Verdruß falfcher und voreiliger
Propheten) die als „Expreffionismus" in toto
doch nur mangelhaft bezeichnete Richtung immer
mehr an Boden gewinnt. Jedenfalls ift es im Sinne
der in diefer 3eitfcbrift von jeher propagierten
neuen Gemeinfamkeit der Völker im Geiftigen
und Künftlerifchen außerordentlich zu begrüßen
und anzuerkennen, daß private Initiative zum
erftenmal diefe ftolze Repräsentation deutfcben
Schaffens in der Schweiz veranlaßt hat. Es ift
damit für die deutfche Kunft im neutralen Ausland
eine Plattform gewonnen worden, die hoffentlich
auch in der Folge ähnlichen Veranlagungen be-
reitftebt, wobei allerdings bemerkt werden muß,
daß jede propagandiftifcbeNebenabficbt in folcßen
Fällen — wie diesmal fo auch Später — nach
Möglichkeit vermieden werden follte. Die Sache
unferer jungen Kunft nämlich wirkt am beften
durch fich felbft, weil ihre Gendenzen nicht nur
im Radius der allgemeinen geiftigen Struktur des
neuen Europas liegen, Sondern weil fich auch im
Künftlerifchen die Blutsverwandtfchaft zweier
Völker unmittelbar auslöft, die fich von alters
her gegenfeitig fo ungemein viel zu geben hatten.
Fjier mag in Parentbefe angemerkt fein, daß
Deutfcßland im umgekehrten Sinn die Pflicht hat,
baldigft dafür zu forgen, daß auch wir die
durch den Krieg unterbrochene Fühlung mit dem
fchweizerifchen Kunftfcbaffen aufnehmen, eine
Aufgabe, die die Keftner-Gefellfchaft demnäcbft
vorbildlich zu erfüllen gedenkt.
Diefe kurzen, aber notwendigen kunftpolitifcben
Anmerkungen vorausgefcbickt, muß in Wertung
der Ausftellung felbft gefagt werden, daß diefe
programmatisch fo ausgezeichnet gelungen ift,
daß der deutfche Fachmann feine Freude daran
hat. Dr. Welti hat das Gbema ohne Einfeitigkeit
in einen Rahmen gezwungen, der auch dem
höchften Anfprucb auf Qualität vollkommen ge-
recht wird. Von den Vertretern der älteren
Generation find Corintb, Liebermann, Slevogt,
Käthe KoHwit^, Gaul vorzüglich durch eine treff-
liche Auswahl ihrer beften Arbeiten repräfentiert.
Ähnlich folgen die Barlacb, Lehmbruck, Fjans
Meid, Orlik, Oppler, Scbinnerer u. a. m. Doch
liegt die eigentliche Bedeutung diefer Veranftal-
tung auf der überragenden Darbietung des jüng-
ften deutfcben Kunftfcbaffens, das durch die
Werke der Kokofcbka.Fjeckel,Großmann, Meidner,
Seehaus, Campendonk (diefer in einer befonders
gelungenen Auswahl feines Oeuvres), Beckmann,
Burcßarß, Gleichmann, George Grosz, Morgner,
Pechftein, Kubin und durch den Proteus (Halter
Klemm neben anderen fo überzeugend in die
Erfcbeinung tritt, daß damit ein für allemal in
die Schranken, die der Waßnfinn des Weltkrieges
um uns aufgerichtet hat, an einer entfcbeidenden
Stelle eineBrefcbe gefchlagen worden ift, durch
die hoffentlich kommende Gemeinfamkeit im
Geiftig-Künftlerifcben die erfte Brücke Fünüber-
baut. Denn, wenn man dem kunftbegeifterten
FJerrn Wolfensberger in Dankbarkeit für diefe
erfte große gelungene Gat einen Wunfcß unter-
breiten darf, fo ift es diefer, daß er auch in der
Folge in den köftlicßen Räumen feines fcbönen
Fjaufes jener deutfcben Jugend, die weitab ftebt
vom Völkerhaß und nationaliftifcßen Irrwahn die
Gelegenheit geben möchte, fich vor einem neu-
tralen Forum auszufprecben. Wir unfererfeits
hoffen, bald die Schweizer Kunft bei uns zu
feben. Das gibt Befruchtung, bedeutet böcbfte
Reverenz vor dem fcböpferifcben Können einer
neuen Jugend, an deren weltbewegende Miffion
wir glauben. Dem Deutfcben aber, der durch
einen glücklichen 3nfall in den Augufttagen diefes
Jahres nach 3üricß kam, wird die Schau im
„Wolfsberg" immer unvergeßlich fein.
Biermann.
Ausftellung alter (üand-
malereien aus Reffen
Der Ständige Rat für Kunftpflege in Fjeffen
veranftaltet zur 3eit in dem ftädtifcben Aus-
ftellungsgebäude auf der Matßildenböbe in Darm-
ftadt in Räumen und mit Mitteln der Stadt eine
Ausftellung, die aus dem Rahmen der großen
alljährlichen Kunftrevuen, wie fie auch hier fonft
zu feben waren, weit herausfällt. Die in den
lebten rund fünfzehn Jahren im Bereich des
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Ausstellungen
Deutfclje Graphik in gürid)
Seit Jahren fieht man in 3ürich zum erftenmal
wieder moderne deutfche Kunft in einem im-
posanten Rabmen von nicht zu verkennendem
Ausmaß. (Interftüßt von dem kenntnisreichen
Züricher Kunfthiftoriker Dr. Welti, unternahm es
Qerr Wolfensberger, dem fein Kunftfalon „Wolfs-
berg" mehr Angelegenheit desQerzens als Sache
geSchäStlicherSpekulation iSt, in der Schweiz der
deutschen Graphik eine Ausstellung zu bereiten,
die gegenwärtig das künstlerische Intereffe der
Züricher Kunstfreunde in ungewöhnlichem Maße
beschäftigt. Wenn die zahlreichen Verkäufe in
diefer Ausftellung außerdem als Gradmeffer der
künftlerifchen Gefinnung unferer Schweizer
Freunde gewertet werden dürfen, dann kann
man ohne Übertreibung febr wohl behaupten,
daß es um die Sache der jungen deutfcben Kunft
in dem uns fo außerordentlich wohlgefinnten
Nachbarlande nicht fcblecbt ftebt und daß auch
dort (fehr zum Verdruß falfcher und voreiliger
Propheten) die als „Expreffionismus" in toto
doch nur mangelhaft bezeichnete Richtung immer
mehr an Boden gewinnt. Jedenfalls ift es im Sinne
der in diefer 3eitfcbrift von jeher propagierten
neuen Gemeinfamkeit der Völker im Geiftigen
und Künftlerifchen außerordentlich zu begrüßen
und anzuerkennen, daß private Initiative zum
erftenmal diefe ftolze Repräsentation deutfcben
Schaffens in der Schweiz veranlaßt hat. Es ift
damit für die deutfche Kunft im neutralen Ausland
eine Plattform gewonnen worden, die hoffentlich
auch in der Folge ähnlichen Veranlagungen be-
reitftebt, wobei allerdings bemerkt werden muß,
daß jede propagandiftifcbeNebenabficbt in folcßen
Fällen — wie diesmal fo auch Später — nach
Möglichkeit vermieden werden follte. Die Sache
unferer jungen Kunft nämlich wirkt am beften
durch fich felbft, weil ihre Gendenzen nicht nur
im Radius der allgemeinen geiftigen Struktur des
neuen Europas liegen, Sondern weil fich auch im
Künftlerifchen die Blutsverwandtfchaft zweier
Völker unmittelbar auslöft, die fich von alters
her gegenfeitig fo ungemein viel zu geben hatten.
Fjier mag in Parentbefe angemerkt fein, daß
Deutfcßland im umgekehrten Sinn die Pflicht hat,
baldigft dafür zu forgen, daß auch wir die
durch den Krieg unterbrochene Fühlung mit dem
fchweizerifchen Kunftfcbaffen aufnehmen, eine
Aufgabe, die die Keftner-Gefellfchaft demnäcbft
vorbildlich zu erfüllen gedenkt.
Diefe kurzen, aber notwendigen kunftpolitifcben
Anmerkungen vorausgefcbickt, muß in Wertung
der Ausftellung felbft gefagt werden, daß diefe
programmatisch fo ausgezeichnet gelungen ift,
daß der deutfche Fachmann feine Freude daran
hat. Dr. Welti hat das Gbema ohne Einfeitigkeit
in einen Rahmen gezwungen, der auch dem
höchften Anfprucb auf Qualität vollkommen ge-
recht wird. Von den Vertretern der älteren
Generation find Corintb, Liebermann, Slevogt,
Käthe KoHwit^, Gaul vorzüglich durch eine treff-
liche Auswahl ihrer beften Arbeiten repräfentiert.
Ähnlich folgen die Barlacb, Lehmbruck, Fjans
Meid, Orlik, Oppler, Scbinnerer u. a. m. Doch
liegt die eigentliche Bedeutung diefer Veranftal-
tung auf der überragenden Darbietung des jüng-
ften deutfcben Kunftfcbaffens, das durch die
Werke der Kokofcbka.Fjeckel,Großmann, Meidner,
Seehaus, Campendonk (diefer in einer befonders
gelungenen Auswahl feines Oeuvres), Beckmann,
Burcßarß, Gleichmann, George Grosz, Morgner,
Pechftein, Kubin und durch den Proteus (Halter
Klemm neben anderen fo überzeugend in die
Erfcbeinung tritt, daß damit ein für allemal in
die Schranken, die der Waßnfinn des Weltkrieges
um uns aufgerichtet hat, an einer entfcbeidenden
Stelle eineBrefcbe gefchlagen worden ift, durch
die hoffentlich kommende Gemeinfamkeit im
Geiftig-Künftlerifcben die erfte Brücke Fünüber-
baut. Denn, wenn man dem kunftbegeifterten
FJerrn Wolfensberger in Dankbarkeit für diefe
erfte große gelungene Gat einen Wunfcß unter-
breiten darf, fo ift es diefer, daß er auch in der
Folge in den köftlicßen Räumen feines fcbönen
Fjaufes jener deutfcben Jugend, die weitab ftebt
vom Völkerhaß und nationaliftifcßen Irrwahn die
Gelegenheit geben möchte, fich vor einem neu-
tralen Forum auszufprecben. Wir unfererfeits
hoffen, bald die Schweizer Kunft bei uns zu
feben. Das gibt Befruchtung, bedeutet böcbfte
Reverenz vor dem fcböpferifcben Können einer
neuen Jugend, an deren weltbewegende Miffion
wir glauben. Dem Deutfcben aber, der durch
einen glücklichen 3nfall in den Augufttagen diefes
Jahres nach 3üricß kam, wird die Schau im
„Wolfsberg" immer unvergeßlich fein.
Biermann.
Ausftellung alter (üand-
malereien aus Reffen
Der Ständige Rat für Kunftpflege in Fjeffen
veranftaltet zur 3eit in dem ftädtifcben Aus-
ftellungsgebäude auf der Matßildenböbe in Darm-
ftadt in Räumen und mit Mitteln der Stadt eine
Ausftellung, die aus dem Rahmen der großen
alljährlichen Kunftrevuen, wie fie auch hier fonft
zu feben waren, weit herausfällt. Die in den
lebten rund fünfzehn Jahren im Bereich des
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