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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

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Heft 17
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Pollak, Ludwig: Der Palazzo des Papstes Pius IV.
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0521

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Die 3eit und der Markt

Der Palazzo des
Rom ift [eit kurzem um eine wichtige Sehens-
würdigkeit bereichert worden, die man dem
Kunftfinne und der OpferwiHigkeit eitles Privaten
ein [eltenes Beifpiel in Italien — verdankt.
Klenn man die Stadt durch die porta del popolo
verließ und nordwärts auf der Flaminifchen Straße
gegen Ponte Molle ging, fiel einem ftets ein in
edlen Maßen gehaltenes, emftöckiges Bauwerk
auf, deffen Schmalfeite eine fchöne, große FJoch-
renaiffance-Fontäne mit der monumentalen In-
fcßrift des Philippus Columna dux Paliani Con-
netable des neapolitanifchen Königreichs ziert.
Gewöhnlich tränken dort die Carrettieri der römi-
fchen Campagna ihre dürftigen Gefpanne. Rechts
von der Fontäne läuft eine fchmale Straße zum
Faliskifchen Mufeum der Villa Papa Giulio. Der
einftöckige, im traurigften guftande beßndliche
Palazzo, den man mit Recht eine Ruine nennen
konnte, diente im lebten Jahrhundert als Unter-
kunft fürGemüfegärtner, die in den anfchließenden
Feldern ihren Kohl und Artifchocken pflanzten,
dann als Ffeufchober, Stall und fchließlich im
Kriege als Kaferne. Man kann [ich leicht denken,
daß fpeziell diefes jüngfte Schickfal dem Ge-
bäude den Reft gegeben hätte, wenn nicht im
lebten Momente der auch im Auslande bekannte
römifche Antiquar Cavaliere Ugo Jandolo
den Mut gehabt hätte, den dem Einfturz nahen
Palazzo von den Erben des Senators Giacomo
Berardi zu kaufen und ihn durch eine gründliche
Reftaurierung zu retten.
Der Consiglio superiore di antichitä e beile arti,
dem auch alle Füftorifchen Baudenkmäler unter-
geben, gab feine 3uftimmung zum Verkaufe,
behielt [ich aber das Recht vor, dem in Ausficht
genommenen Architekten Giovenale Giannone
die Richtlinien für die Renovierungsarbeiten an-
zugeben und diefe felbft durch feine Architekten
Fofchini und Spaccarelli zu kontrollieren. In
zweijähriger, harter Arbeit ift es nun gelungen,
dem ehrwürdigen Bau fein früheres Ausfehen
wiederzugeben. Unter peinlicher Schonung des
Begehenden und gewiffenhafter Reftaurierung
der Geile, die mehr durch Menfchenhände als
durch den 3ahn der geit gelitten hatten, wieder
bewohnbar gemacht, bildet der reftaurierte Bau
nun eine erquickende Oafe in der langen Flucht
der die Flaminifche Straße flankierenden mo-
dernen nüchternen Fjäufer.
Die Baugefchichte des Palazzo umfchreiben
kurz die folgenden Daten:

Papftes Pius IV.
Julius IH. ließ ihn in Angriff nehmen. Über
den Architekten herrfdßte lange 3eit dichtes
Dunkel. Man nannte erft Peruzzi und Antonio
Sangallo (auf die wahrfcheinlich der Portikus
zurückgeht), dann Sanfovino, Vignola, Amma-
nati, aber fchließlich erfuhr man mit Sicherheit
auf Grund einer alten Fjandzeichnung der Kliener
Fjofbibliothek, daß Piero Ligorio die Pläne ent-
worfen hatte.
Beim Gode des Papftes Julius Hl. ftand eigent-
lich nur die fchöne, fchon erwähnte Fontäne
mit der urfprünglichen, dem Papfte gewidmeten
Infchrift, die fpäter in wenig pietätvoller RIeife
durch die des Philippus Colonna erfet^t wurde,
und der [ich nach hinten anfchließende ältere
Portikus.
Pius IV., der Mediceer aus Mailand, nahm den
Bau 16 Monate nach feiner Rlahh etwa im Juli
1561, wieder auf. Im folgenden Jahre fchenkte
ihn der Papft feinem Lieblingsneffen, dem jungen
Cardinale Carlo Borromeo, dem fpäteren großen
Fjeiligen. Gegen Ende des Jahres 1564 war das
bis dahin Gebaute, nur ein kleiner Geil des ur-
fprünglich Geplanten, unter Dach gebracht wor-
den, doch hielt der Papft fchon früher intime
Empfänge dort ab. Im folgenden Jahre ftarb
Pius IV., und feit jener 3eit wurde der Bau nicht
weitergeführt. Der Palazzo ging nach und nach
in den Befit; der Familien del Monte, Caroffa
und Colonna über und verfiel immer mehr, bis
er eben das Glück halle, vom Cav. Jandolo ge-
kauft und reftauriert zu werden.
Durch das große, in der Mitte der fenfteriofen,
ebenerdigen Mauer fixende Gor tritt man in den
weiten luftigen, mit antiken Statuen und deko-
rativen alten Skulpturen gefcßmückten hohen
Portikus. Ein herrlicher Blick auf den im alten
Stile neuangelegten, etwas erhöhten Garten und
darüber hinaus links auf den mit alten 3upreffen
und Pinien bewachfenen FJügel der Villa Glori,
rechts auf die hohen Baumwipfel der Villa StroFü-
Fern erquickt das Auge. Links vom Portikus
liegt ein großer Saal zu ebener Erde, deffen ge-
wölbte Decke guterhaltene Fresken des Gaddeo
3uccari zieren. Eine bequem breite, reitbare,
echt römifche 3iegeltreppe führt in den erften
und einzigen Stock. Oben befinden [ich rechts
die RIohnräume der Familie, links gelangt man
in die prächtige große, nach Rieften [ich öffnende,
mit zwei antiken Säulen gezierte Loggia. Ent-
zückend ift die Ausficht auf den Giber, die Peters-

Der Cicerone, XHI. Jat)rg., Fieft 17

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