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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

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Heft 15/16
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Neue Bücher und Zeitschriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0485

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Neue Bücher und geitfcßriftcn

Neue Bücher und
Engli[d)e Kun[tzeit[d)riften
Der „Connoiffeur" und „Eße Burlington
Magazine" find die beiden wicßtigften eng-
iifd)en Kunftzeitfcßriften. Nebeneinander gefeßen
geben fie einen guten Überblick über den gegen-
wärtigen Stand der kunftßiftorifcben Forfcßung
und der Kunftkritik in England.
Der Connoiffeur dient in erfter Linie dem
antiquarifeben intereffe. Die Artikel find auf
einen Leferkreis berechnet, dem das Alter oder
die ßiftorifeßen Affoziationen einer Sache ebenfo
wefentlicb find wie der künftlerifcbe (Bert. Das
Burlington Magazine dagegen befebäftigt
ficb ausschließlich mit eigentlichen Kunftfragen.
Beide geitfeßriften vertreten alfo Antiquität und
Qualität.
Der Connoiffeur ift vielleicht in höherem Grade
wie das Burlington Magazine die geitfeßrift des
Laien. Der englifche Laie der höheren Stände
ift in Dingen der antiquarifeben Forfcßung dureß-
fcbnittlicb gut bewandert. Damen des englifchen
Qocßadels arbeiten bei dem Connoiffeur mit.
Gleich der erfte Artikel im Januarheft des Con-
noiffeur ftammt aus der Feder der Lady Victoria
Manners. Eine natürliche Konfequenz ift, daß
die ganze geitfeßrift in einem gewiffen arifto-
kratifeßen Konverfationston gehalten ift. Allzu
feßwere Forfcßerarbeit und jene Gründlichkeit,
die man heute fo gern als „gelehrten Ballaft"
verwirft, werden vermieden. Ob nun von den
ßübfcßen Aquarellen des Eßomas Girtin oder
von den Modejournal-Blättern des FJorace Vernet
berichtet wird, die Artikel find durchweg an-
genehm zu lefen und bringen dabei doch ge-
nügend Eatfäcßlicßes und für den Laien wie für
den Kunftßiftoriker wertvolles Material. Vor-
zügliche Abbildungen eröffnen dem Kunftlieb-
ßaber ein weites Panorama in der Kielt des
Künftlerifcßen und durch Alter Bedeutenden. Die
Januarnummer enthält im gufammenßang mit
der Arbeit der Lady Victoria Manners über
Angelika Kauffmann eine Anzahl von Repro-
duktionen nach Bildern dieferKünftlerin, die mit
einer einzigen Ausnahme, alle in englifcßem
Privatbefiß befindlich, für gewöhnlich unzugäng-
lich find und von denen das Porträt der Lady
Craven, fpäteren Markgräfin von Ansbach, bis-
her noch nießt reproduziert worden ift. Klicßtig
in diefem Artikel find vor allem die Attributionen
der einzelnen Porträts, für welche derVerfafferin
vorzügliche Quellen zur Verfügung ftanden. Etwa
auf dem gleichen Niveau fteßt der Artikel Re-
ginald Grundys im Märzßeft über die Aquarelle

Eßomas Girtins (1775—1802), wobei es beachtens-
wert ift, wie gefeßiekt es der Autor verbanden
ßat, feinen recht fympatßifcßen Künftler nießt
durch eine falfcß angebrachte Klucßt der Be-
fpreeßung zu erdrücken und ißm doch feinen
befeßeidenen Rang in der Gefcßicßte der eng-
lifcßen Malerei zu wahren.
Ein Artikel von allgemeiner Bedeutung findet
ficb im Februarßeft, in welchem Rusconi über
die Mantuaner Eeppicße nach Raffaelifcßen Kar-
tons berichtet. Diefe neun hervorragend feßönen
Gobelins kamen 1866 aus dem Caftello di Corte
in Mantua nach Klien und find nun an ißren
urfprünglicßen Beftimmungsort zurückgebracht
worden. Der Verfaffer erzählt, die Virgilifcße
Akademie in Mantua habe noch 1913 in Klien
um die Erlaubnis gebeten, die Eeppicße auf
eigene Koften photographieren zu lajj*en, habe
aber „eine bestimmte und endgültige Ableh-
nung" erhalten. Die Rückkehr der Eeppicße
nach Mantua ßat erklärlicßerweife dort nießt
nur großen Jubel erregt, fondern auch die Auf-
merkfamkeit der Kunftßiftoriker von neuem auf
diefe Klerke gelenkt, von denen es ßieß, fie
wären im Auftrag der Gonzaga von flämifcßen
Eeppicßwirkern nach Raffaelfcßen Kartons an-
gefertigt und daß die Bordüren mit dem Klappen
der Gonzaga eigens für diefe Familie von Giulio
Romano entworfen worden feien. Die Mantuaner
Serie ift die gleiche wie die des Vatikan und
andere, jeßt in Klien, Berlin, Dresden, Madrid ufw.
befindliche. Die Mantuaner Serie feßeint ficb aber
durch befondere Schönheit und gute Erhaltung
auszuzeießnen. So ift z. B. die Blendung des
Elymas, welche in der vatikanifeßen Serie faft
ganz zerftört ift, hier intakt. Die Mantuaner Eep-
pieße wurden tatfäcßlicß wenige Jahre nach
denen des Vatikan von flämifcßen Arbeitern ge-
wirkt und zwar wahrfcßeinlicß in derfelbenKIerk-
ftatt wie die des Vatikan, alfo in der Schule des
Peter van Aelft, welcher für Karl V. und Leo X.
arbeitete. Nießt fticßßaltig ift die Annahme, daß
die Bordüren von Giulio Romano für die Gon-
zaga entworfen feien. Nach Rusconi hätten die
Gonzaga die Eeppicße gekauft und das Gonzaga-
Klappen wurde, wie fieß jeßt ßerausgeftelit ßat,
in die feßon fertige Bordüre eingefügt.
Die drei zur Befprecßung vorliegenden Num-
mern des „Connoiffeur" bringen des weiteren
gute und für den Sammler wichtige Artikel über
englifcße Möbel des 17. und 18. Jahrhunderts,
englifcße Nadelarbeiten des 17. Jahrhunderts,
dänifeße Renaiffancemöbel und „Leeds Pottery"
des 18. Jaßrßunderts. Recht wertvolle Nachrichten
fteßen auch zeitweife in den „Current Art Notes".
Unter anderem erfeßeint im Februarßeft die Ab-

Dcr Cicerone, XIH. Jat)rg., Fieft 15/)6

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