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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

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Heft 20
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Graf, Oskar Maria: Der Maler Georg Schrimpf
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0607

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13er Maler Georg Scßrimpf

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>org Sd)rimpf ift Autodidakt. Sein Bildungsgang ift der der vielen, die fcßwer-


blütig und notgeßemmt um das (Birken ißrer wahren Natur jahrelang ringen

muffen. Von unten herauf kommt er und bringt jene ftoifcße Einfachheit mit
auf den (Geg, die folche (Gerdegänge meift zeitigen: das Ungebrochene felbftverftänd-
lichen (Gaßrfeins. (Gern Gelegenheit gegeben war, als Aufnehmender dem Entftehen
der Bilder diefes Malers zu folgen, wer durch die Jahre faft ftändig diefes Menfchen
(Gerden miterlebte, dem gab fiel) zuletzt jene feltene Harmonie zwifchen demjenigen
was ift und was aus ihm wächft —: die unzertrennliche Einheit zwifchen Menfch

und (Berk.

Die erften malerifchen Eindrücke erhält der Knabe in der Schule. Der Lehrer zeichnet
mit Paftellftiften überlebensgroße Germanen und erzählt hin und wieder eine Gefehlte
aus dem „(Gilden (Geften". Geographie und Völkerkunde find frühefte Leidenfcßaften.
Auf Landkarten entftehen Scßlacßtpläne zwifchen (Geißen und Indianern, und da der
kleine Atlas zuletzt zur Verdeutlichung nicht mehr ausreicht, werden große weiße Papier-
bogen gekauft. Länder, Meere, Gebirge, Urwälder und kriegerifeße Scharen waeßfen
aus dem Bleiftift.
Der Scßulentlaffung folgt eine dreijährige Lehrzeit bei einem Konditor, ßernaeß ein
unruhiges (Ganderleben durch Deutfcßland, Fjolland, Belgien, Nordfrankreicß, die Schweiz
und Oberitalien. Die Berufe wecßfeln. Er ift Gehilfe, Arbeiter, Anftreicßer, Statift
eines (Gandertßeaters.
Im Süden beginnt erftes malerifcßes Gaften. (Bieder nach München zurückgekeßrt,
bekommt der Entfcßluß, Maler zu werden, feften Umriß. Verftoßlen, einfam und ein-
gefcßücßtert malt der (Gerdende in einem kleinen Atelier Akte. Runde, ins Fjoße
türmende, nießt elegifcß-kalte äßnlicß Scßwalbad). Plö^licß ift er in Berlin. Dort
arbeitet er in einer Schokoladenfabrik und — malt feine erften Ölbilder. 1915 zeigt
der „Sturm" eine Gefamtausftellung feiner Früßwerke und nimmt die Bilder in ver-
feßiedene Städte mit.
Unter den damaligen „Sturm"-Künftlern ift Maria Ußden, die kurz nachher als Frau
des Malers mit ißm 1917 nach München überfiedelt. Das reießfte Jaßr an Glück und
Arbeit endet mit dem tragifeßen God der Gattin.
Soweit der ßücßtige Umriß der äußeren Gefcßeßniffe.

Man muß, wenn man zum Malertum Georg Scßrimpfs eine wefentlicße Beziehung
gewinnen will, weit, feßr weit abweichen von der gang und gäbe gewordenen Kunft-
betraeßtung; denn das menfcßlicß und künftlerifcß Einheitliche im Geprägtfein feiner
Bilder läßt jede zeitlich eingeftellte und intellektuell-grundierte Schauart von vorneßerein
zerfcßellen. Diefe eben bezeießnete und ßeute ßerrfeßende Orientierung füßrt ja lebten
Endes immer nur zur Diskuffion über Dinge der Kunft, nießt aber zum Eigentlichen,
zum gewinnvollen Verftändnis, zur fgntßetifcßen Schau, da ißr jenes notwendige FJaupt-
moment zur Erfaffung des (Gefentlicßen eines Kunftwerkes abgeßt, nämlicß die unmittel-
bare Empfindung. Gerade diefer letzte und einzig fießere Aufnahmeapparat aber ift es
doeß, der außer jeder Richtung fteßt und im FJineinfinden in ein Kunftwerk nie beirrt
oder gar beftimmt werden kann.

Der Cicerone, XUi. Jai)rg., F)eft 20

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