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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

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Heft 7
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Luschan, Felix von: Ein Rhodisches Zelt
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0241

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Ein Ri)odi[d)es

Von FEL/X LFSCF/1X
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T***\as im nachfolgenden zu befchreibende3elt wurde 1883 bei einem Antikenhändler in Rhodos,
1 ! der Qauptftadt der gleichnamigen Infel, erworben; kleine, zweifellos von ähniichen Prunk-
Zeiten [tammende Stücke und auch einzelne iange in gleicher Art gepickte Bahnen waren
damais auch [on[t in Smyrna und in Rhodos in fjandel, aiie gieichmäßig mit der Angabe, daß [ie
von den Kriegszeiten der Johanniter [tammten und in der Stadt oder wenigjtens au[ der Infei
Rhodos geftickt [eien. Die Angabe Kriegszeit ift in keiner (Ueife verbürgt. Auch der 3ufammen-
hang mit den Johannitern ift nicht gefiebert, nur daß die Stücke wirkiieh aus Rhodos ftammen und
auch da geftickt wurden, fcheint mir feftzuftehen. Über ihr Aiter und ihre urfprüngiiehe Ver-
wendung foii fpäter gefprochen werden, zunächft empfiehlt [ich eine kurze Befchreibung des Stückes.
Das hier abgebiidete 3elt ift faft genau 3 m hoch und hat am unteren Rand einen Umfang von
543 cm; der obere Umfang beträgt 240 cm; ob es urfprüngiid) ganz kegeiförmig in eine geraffte
Spi$e ausiief, oder mit einem runden oder rechteckigen Dach verfehen war, ift gegenwärtig nicht
zu ermitteln; je nach Klunfch konnte es giocken- oder kegeiförmig aufgeftelit, aber ebenfogut auch
über ein rechteckiges Gefteii gehängt werden. Ein rundes Dach würde um 80 cm im Durchmeffer
gehabt haben, ein rechteckiges könnte auf etwa 40 zu 80 cm gefchä§t werden, (nichtiger ift die Feft-
fteiiung, daß dem unteren Umfange eine rechteckige Grundfläche von rund 90 zu 180 cm entfpricht; für
ein richtiges 3eit oder gar „Kriegszeit", wie damais die Händler fagten, ift eine folche Grundfläche
reichlich klein; um fo beffer würde fie für ein „Fjimmelbett" paffen. Außer dem hier abgebiideten
kenne ich nur zwei ganz gleichartige Stücke, von denen das eine auch 1883 in Rhodos erworben
wurde und [ich in Kliener Privatbefit; befindet, während das andere 1915 für das Metropolitan
Mufeum in New York erworben und dort ausdrücklich als „überaus prunkvolles Kriegszelt" aus
Rhodos bezeichnet ift.
Unfer 3elt befteht aus 14 einzelnen Bahnen von ftarker weißer hausgewebter Leinwand, die
unten gleichmäßig 40 cm breit find^ [ich aber nach oben auf Breiten von 17 bis zu 13 cm ver-
jüngen; jede diefer Bahnen ift für [ich reich mit roter und grüner Seide geftickt; die Mufter find ftark
konventionell ftilifiert und nicht mehr mit Sicherheit auf ihre alten Vorbilder zurückzuführen. Viel-
leicht waren dies urfprüngiid) FJenkelvafen mit Blumen, aber es ift nicht unwahrfcheinlich, daß
wenigftens ein Ceil der Mufter auf richtige Doppeladler zurückgeht; andere könnten vielleicht auf
Pinien oder andere fchlanke Koniferen zurückzuführen fein. Klie die Abbildung 1 zeigt, ftehen die
einzelnen Mufter mit ihrer Symmetrieachfe in dichter Folge übereinander, fo daß faft die ganze
Oberfläche gleichmäßig mit folcher Stickerei bedeckt ift.
Noch ganz ungleich reicher ift aber die türartig behandelte Öffnung des 3cltes geftickt; da ift
ein etwa zwei Drittel der Fjöhe des 3eltes meffender handbreiter Schiit; zu beiden Seiten von einem
25 cm breiten 3ier[treifen umrandet, der oben in ein dreieckiges Giebelfeld zufammenläuft. Ein
breites Feld zu beiden Seiten diefes Giebels und über ihm ift durchaus mit bunten Stickereien aus-
gefüllt; unter diefen fallen durch ihre Größe zunächft zwei grüne taubenartige Vögel auf, die rechts
und links fymmetrifch in reiner Seitenanficht mit den Köpfen nach innen gerichtet find; unter diefen
Vögeln ift jederfeits je ein drachenartiges Eier in gelber Seide geftickt; zu beiden Seiten diefes
Drachens finden [ich kleinere kreuzartige Figuren, die innere gelb, die äußere blau geftickt. Afm-

Der Cicerone, XHI. Jat)rg., F)eft 7

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