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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

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Heft 6
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Kunstpolitik
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Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0212

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Die geit und der Markt

Kun ft politik
Der Geift von (üeimar
EinePreffenotiz meldet: „Die neue .Staatliche
Fjocßfcßule für bildende Kunft' in Uleimar ift
gegründet. Ißr Programm vertritt grundfalsch
die Förderung und Ausbildung der künftlerifchen
Begabung in zeitgemäßen Formen, indem es zu-
gleich die traditionellen Klerte auf dem Gebiete
derKunfterzießung zu wahren und weiterzuent-
wickeln anftrebt. Diefer Vereinigung des lebens-
fähigen Neuen mit der bewährten Überliefe-
rung entfpricht auch das Lehrziel des neuen
Inftituts: vielfeitige und gründliche Schulung
unter größter Freiheit und Berückfichtigung der
individuellen Art.
ln freien Fachklaffcn werden gepflegt: Figurale,
Landfcßafts-und Giermalerei, geießnen, die gra-
pßifcßenGecßniken (Radierung, FJolzfcßnitt, Litho-
graphie, Kunftdruck) und Bildhauerei. Verant-
wortlich für die künftlerifche Leitung find die in
den einzelnen Klaffen tätigen Profefforen Max
Cßedy, Richard Engelmann, Ulaltßer
Klemm, Alex.Olbricht, Alex.Brendel. Für
die Klaffe für Landfchaftsmalerei wird in
kürzefter geit eine Perfönlichkeit von hohem
Rang gewonnen fein, gum Verwaltungsdirektor
der neuen Fjocßfcßule wurde der Staatsmänner a.D.
Exz.Dr. Rothe ehrenamtlich ernannt. DasSom-
merfemefter beginnt am 4. April 1921."
Alfo doch! Nachdem Gropius nach heftigen
Anfeindungen von feiten jener konfervativen
Geifter, die auch durch die Erfahrungen der leßten
Jahre nichts gelernt haben, fcßließlicß die Sache
feines ftaatlichen Bauhaufes erfolgreich dureß-
gefeßt hatte, wirkt die obige Nachricht mehr als
Fafchingsgroteske, fo traurig fie auch im erften
Augenblick für all diejenigen fein mag, die ge-
rade für eine Stadt wie (Ueimar künftlerifch
endlich eine Erneuerung erfeßnt hatten. Diefe
Akademie nämlich, die durch den Exodus ver-
alteter Kunftprofefforen, dank jener reaktionären
Gefinnung, die Deutfcßlands Schickfa! fein wird,
künftlich noch einmal zum Leben erweckt wurde,
war fchon lange vor dem Krieg ohne jede we-
fentliche Bedeutung für das deutfehe Kunftieben.
Aber die derzeitige Situation konnte auch durch
keine Gatfache greller beleuchtet werden als
durch die obige Meldung. Sollte fich nun Gro-
pius, müde der ewigen Quertreibereien kleiner
Geifter, gar entfcßließen, feine Sache als end-
gültig verloren aufzugeben, dann hat der Geift

von Kleimar die Genugtuung eines leßten Cri-
umphes. Für das deutfehe Kunftieben freilich
wird der Begriff „(Heimar" an dem Gage auf-
gehört haben, künftlerifch zu exiftieren. B.
Sammlungen
Die Frankfurter Mufeumsfrage
Nach faft zweijährigen Verhandlungen hat die
Stadt Frankfurt a. M. befcßloffen, das Kunft-
gewerbe-Mufeum, die Kunftgewerbe-
Bibliothek und die Kunftgewerbe-Schule,
die bisher private Inftitute des Mitteldeutfchen
Kunftgewerbe-Vereins waren, in ftädtifche Ver-
waltung zu übernehmen. Damit ift die drohende
Gefahr der Aufiöfung der drei Inftitute und des
Verkaufs der Mufeumsbeftände glücklich be-
feitigt. Da die Stadt fich zur geit mit einer
großen Neuorganifation des gefamten künft-
lerifchen und kunftgewerblichenSchulwefens be-
faßt, ift die zukünftige Geftaltung der Kunftge-
werbe-Schule noch ungewiß. Die Bibliothek wird
jedenfalls durch Fjinzunaßme mehrerer kleiner
Bibliotheken wefentlich vergrößert werden. Das
Kunftgewerbe-Mufeum, eins der feßönften deut-
feßen Mufeen, foil ebenfalls eine erhebliche und
dringend notwendige Erweiterung erfahren. Es
ift zu hoffen, daß die Stadt Frankfurt fich be-
wußt ift, welche großen kulturellen und künft-
lerifchen (üerte damit in ihren Befiß überge-
gangen find, und daß fie alles daran feßen wird,
um die weitere Entwicklung der Inftitute fießer-
zuftellen und zu fördern.
Das Mu[eum der gukunft
nennt Paul Erich Küppers einen feßr lefens-
werten Auffaß, der kürzlich als Feuilleton der
Frankf. geitung erfeßien (12. März, l.Morgenbl.)
und lebßaftefte Beachtung in den weiteftenKreifen
verdient. Der Gegenfaß zwifeßen dem alten
Mufeum der Vergangenheit und dem von Küp-
pers erfeßauten Idealtyp der gukunft ift in diefen
Ausführungen feßr klar herausgearbeitet, und
wenn man auch nicht oßne weiteres hoffen darf,
daß die Ideen, die der Verfaffer für den von
ißm erfeßntenGyp des von innen heraus feßöp-
ferifcß gewordenen Mufeums aufzeichnet, von
heute auf morgen realifierbar find, fo hat den-
noch die Anregung im ganzen ißr Gutes und
berührt fieß in meßr als einem Punkte mit jener
ausgezeichneten und von veralteten Fachleuten
leider zu Unrecht bekämpften Schrift Valen-
tiners über „die Umgeftaltung der Mufeen im

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