Die g e i t und der Markt
Der 14. Cag für Denkmalpflege^
Cornelius Guriitt fpracb vom Sehen iernen.
Durcb aufmerkfames Betrachten iernt das Kind
Gedäcbtnisbiider aufzunehmen. Das muß die
Grundiage beim geiebnen und im übrigen Unter-
richt [ein. Ohne Ausbildung des optifeben Ge-
däcbtniffes findNaturwiffenfchaft, Äfthetik, Kunft-
gefebiebte Kaviar fürs Voik. Ein zum Sehen
erzogener Menfch kommt aus ficb feibft zum
Qeimatfchußgedanken. Sieb um die teebnifeben
und reebtiieben Fragen der Denkmaipfiege zu
kümmern, ift jedoch Sache der Berufenen. Prof.
Dr. Schumann gab ein praktifebes Beifpiei
planmäßiger Arbeit, im öftiieben Erzgebirge bat
der Landesverein Säcbfifcber Fjeimatfcbuß eine
Seb-Scbuie eingerichtet: Die ganze Umgegend
ift ais Pßanzcn- und Naturmufeum gedacht und
aiies (Uertvolie mit erklärenden Schildern aus-
geftattet. Baurat Prof. Stiehl erweiterte die
Forderungen Gurlitts und fiebt befonders im Er-
lernen baukünftlerifcben Empfindens ein Mittel,
das Publikum zur Kunft zu führen, und nicht
bloß in der Erziehung zum malerifcben Sehen.
Reicbskunftwart Dr. Redslob fpracb von der Not-
wendigkeit der Pflege des traditionellen hand-
werklichen und künftlerifcben Könnens. Staats-
minifter a. D. Dr. (Uallraff führte febr draftifebe,
meift der rbeinifeben Denkmalpflege entnommene
Beifpiele vor, die zeigten, wie die Induftrie unfere
Baudenkmäler und unfere Landfcbaft bedroht.
Ganze (Uälder verfcbluckt fie; das Siebengebirge
am Rhein würde ohne den Gedanken des Fjei-
matfebußes tatfäcblicb zerftört werden, wie man
es in der Provinz Sacbfen am Südbarz mit der
Quefte vor bat, die ein deutfebes Stonehenge
birgt, das jährlich die ganze Umgegend zum
Volksfeft verfammelt. Des Gipfes wegen follen
Berg und Dorf abgebaut werden, das Direktor-
baus der Aktiengefellfcbaft ift febon fertig. Ein-
gehend foll die Frage „Induftrie und Denkmal-
pflege" auf der näcbften Cagung befproeben
werden. Eine Entfcbließung dazu wurde an-
genommen, damit der in Artikel 150 derReicßs-
verfaffung verfproebene pflegliche Schuh für
Denkmäler undLandfcbaft wirkfam werde. Dom-
baumeifter a.D. Arnft fprad) über die ihm über-
tragene Kliederberftellung des abgebrannten
ScbloffesBurg a.d. (Uupper undReg.-Baumeifter
a.D. Stahl über die Erfahrungen und Erkennt-
* fünfter, 2).—24. September 192t. Stenographischer
Bericht (Verlag Hl. Ern ft & Sot)rr, Beriin Hl. 66) dem-
nach)! im Buchhandei.
niffe, die man durch den Brand der Burg Elz
a. d. Mofel gefammelt habe, beide Redner unter
Vorführung ihrer geiebnungen. Der Düffeldorfer
Stadtgartendirektor Baron von Engelhardt
befpracb die Notwendigkeit, die bisher in fürft-
lichem Befiß gewefenen Parks und Gartenanlagen
in den Denkmalpflegefcßuß einzubeziehen und
bei der Inventarifation der Kunftdenkmäler zu
berückficbtigen. Das führte wieder zu einer Ent-
fcbließung derVerfammlung. Prof. Dr. Gieße
fpracb über die Denkmalpflege und die geiftigen
Strömungen der Gegenwart und vertrat damit
die fugend. Sein mehr bHPotbetifcb gedachter
Standpunkt, entfpreebend den (Handlungen der
lebten Jahre, müßten wir davon abfeßen, jedes
Denkmal feßüßen zu wollen, weil es alt ift, und
der Not gehorchend dazu übergehen, die Qualität
an die erfte Stelle zu rücken, fand nicht den
Beifail der Praktiker. Staatskonfervator Mini-
fteriairat Qi ecke hielt, fo intereffant und wichtig
diefe Überlegung auch fei, das Experiment für
zu gefährlich und wies darauf hin. wie febr ficb
nach unferen eigenen Erfahrungen der (Uert-
meffer immer wieder ändert und daß wir ver-
pflichtet find, möglichft alles zu feßüßen, wenn
wir den Vorwürfen unferer Nachkommen ent-
gehen wollen. Auf den realen Boden führte
wieder Prof. Dr. Sauer mit dem eingehend be-
handelten Ubema „Erhaltung und Schuß der be-
weglichen kirchlichen Kunftdenkmäler". Ein-
brucbdiebftabb febwere wirtfchaftliche Notlage
einzelner Gemeinden, der niedrige Geldftand,
Mangel an Verftändnis, Mangel an Sorgfamkeit
und unfaebgemäße Pflege für die außer Gebrauch
gefeßten Einrichtungsftücke und Geräte. Ab-
neigung der Gemeinden, Altersfcßäden zu heilen,
verfehlte Reftaurationen, Rückficbtnabmen. Der
Redner verlangte möglichft Überführung in eine
Sammelftelle. Die befte Form der Erhaltung fei
auch hier wie bei den Bauten der Gebrauch
und die Ausbildung des Klerus. Geh- Rat Prof.
Gary fpracb über die Mörtel bei (Uiederßer-
ftellungsarbeiten.
Schlecht weg kam die Reicbspoft in einer
Entfcbließung, da fie ihre gute Abficht, die
Verunftaltung durch die leidige Reklame zu ver-
hindern, nicht durchgeführt hat. Sie bedarf
dringend des künftlerifcben Beirates durch die
ftaatiieben Organe der Denkmalpflege. Über die
Inventarifierung der Kunftdenkmäler fpracb Reg.-
Rat Dr. Gail. Das Inventar, bisher febr ver-
febieden in feinem Cypus, foll wie ein guter
Mufeumskatalog ein überficbtlicl) geordnetes, kri-
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Der 14. Cag für Denkmalpflege^
Cornelius Guriitt fpracb vom Sehen iernen.
Durcb aufmerkfames Betrachten iernt das Kind
Gedäcbtnisbiider aufzunehmen. Das muß die
Grundiage beim geiebnen und im übrigen Unter-
richt [ein. Ohne Ausbildung des optifeben Ge-
däcbtniffes findNaturwiffenfchaft, Äfthetik, Kunft-
gefebiebte Kaviar fürs Voik. Ein zum Sehen
erzogener Menfch kommt aus ficb feibft zum
Qeimatfchußgedanken. Sieb um die teebnifeben
und reebtiieben Fragen der Denkmaipfiege zu
kümmern, ift jedoch Sache der Berufenen. Prof.
Dr. Schumann gab ein praktifebes Beifpiei
planmäßiger Arbeit, im öftiieben Erzgebirge bat
der Landesverein Säcbfifcber Fjeimatfcbuß eine
Seb-Scbuie eingerichtet: Die ganze Umgegend
ift ais Pßanzcn- und Naturmufeum gedacht und
aiies (Uertvolie mit erklärenden Schildern aus-
geftattet. Baurat Prof. Stiehl erweiterte die
Forderungen Gurlitts und fiebt befonders im Er-
lernen baukünftlerifcben Empfindens ein Mittel,
das Publikum zur Kunft zu führen, und nicht
bloß in der Erziehung zum malerifcben Sehen.
Reicbskunftwart Dr. Redslob fpracb von der Not-
wendigkeit der Pflege des traditionellen hand-
werklichen und künftlerifcben Könnens. Staats-
minifter a. D. Dr. (Uallraff führte febr draftifebe,
meift der rbeinifeben Denkmalpflege entnommene
Beifpiele vor, die zeigten, wie die Induftrie unfere
Baudenkmäler und unfere Landfcbaft bedroht.
Ganze (Uälder verfcbluckt fie; das Siebengebirge
am Rhein würde ohne den Gedanken des Fjei-
matfebußes tatfäcblicb zerftört werden, wie man
es in der Provinz Sacbfen am Südbarz mit der
Quefte vor bat, die ein deutfebes Stonehenge
birgt, das jährlich die ganze Umgegend zum
Volksfeft verfammelt. Des Gipfes wegen follen
Berg und Dorf abgebaut werden, das Direktor-
baus der Aktiengefellfcbaft ift febon fertig. Ein-
gehend foll die Frage „Induftrie und Denkmal-
pflege" auf der näcbften Cagung befproeben
werden. Eine Entfcbließung dazu wurde an-
genommen, damit der in Artikel 150 derReicßs-
verfaffung verfproebene pflegliche Schuh für
Denkmäler undLandfcbaft wirkfam werde. Dom-
baumeifter a.D. Arnft fprad) über die ihm über-
tragene Kliederberftellung des abgebrannten
ScbloffesBurg a.d. (Uupper undReg.-Baumeifter
a.D. Stahl über die Erfahrungen und Erkennt-
* fünfter, 2).—24. September 192t. Stenographischer
Bericht (Verlag Hl. Ern ft & Sot)rr, Beriin Hl. 66) dem-
nach)! im Buchhandei.
niffe, die man durch den Brand der Burg Elz
a. d. Mofel gefammelt habe, beide Redner unter
Vorführung ihrer geiebnungen. Der Düffeldorfer
Stadtgartendirektor Baron von Engelhardt
befpracb die Notwendigkeit, die bisher in fürft-
lichem Befiß gewefenen Parks und Gartenanlagen
in den Denkmalpflegefcßuß einzubeziehen und
bei der Inventarifation der Kunftdenkmäler zu
berückficbtigen. Das führte wieder zu einer Ent-
fcbließung derVerfammlung. Prof. Dr. Gieße
fpracb über die Denkmalpflege und die geiftigen
Strömungen der Gegenwart und vertrat damit
die fugend. Sein mehr bHPotbetifcb gedachter
Standpunkt, entfpreebend den (Handlungen der
lebten Jahre, müßten wir davon abfeßen, jedes
Denkmal feßüßen zu wollen, weil es alt ift, und
der Not gehorchend dazu übergehen, die Qualität
an die erfte Stelle zu rücken, fand nicht den
Beifail der Praktiker. Staatskonfervator Mini-
fteriairat Qi ecke hielt, fo intereffant und wichtig
diefe Überlegung auch fei, das Experiment für
zu gefährlich und wies darauf hin. wie febr ficb
nach unferen eigenen Erfahrungen der (Uert-
meffer immer wieder ändert und daß wir ver-
pflichtet find, möglichft alles zu feßüßen, wenn
wir den Vorwürfen unferer Nachkommen ent-
gehen wollen. Auf den realen Boden führte
wieder Prof. Dr. Sauer mit dem eingehend be-
handelten Ubema „Erhaltung und Schuß der be-
weglichen kirchlichen Kunftdenkmäler". Ein-
brucbdiebftabb febwere wirtfchaftliche Notlage
einzelner Gemeinden, der niedrige Geldftand,
Mangel an Verftändnis, Mangel an Sorgfamkeit
und unfaebgemäße Pflege für die außer Gebrauch
gefeßten Einrichtungsftücke und Geräte. Ab-
neigung der Gemeinden, Altersfcßäden zu heilen,
verfehlte Reftaurationen, Rückficbtnabmen. Der
Redner verlangte möglichft Überführung in eine
Sammelftelle. Die befte Form der Erhaltung fei
auch hier wie bei den Bauten der Gebrauch
und die Ausbildung des Klerus. Geh- Rat Prof.
Gary fpracb über die Mörtel bei (Uiederßer-
ftellungsarbeiten.
Schlecht weg kam die Reicbspoft in einer
Entfcbließung, da fie ihre gute Abficht, die
Verunftaltung durch die leidige Reklame zu ver-
hindern, nicht durchgeführt hat. Sie bedarf
dringend des künftlerifcben Beirates durch die
ftaatiieben Organe der Denkmalpflege. Über die
Inventarifierung der Kunftdenkmäler fpracb Reg.-
Rat Dr. Gail. Das Inventar, bisher febr ver-
febieden in feinem Cypus, foll wie ein guter
Mufeumskatalog ein überficbtlicl) geordnetes, kri-
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