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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

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Heft 22
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Luschan, Felix von: Funde aus einer mittelalterlichen Nekropole bei Tuzla in Bosnien
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0693

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Funde aus einer mittelalterlichen Nekropole
bei Gu z 1 a in Bosnien ,* vo^F. z.^/sc/v^N
Anfangs 1879 bemerkten mein Freund und damaliger militärifcßer Vorgesetzter Bernhard
/\ v. Vaßlkampf und ich, anläßlich eines Spazierganges auf dem Kamme der füdlich von
^ X. Guzla gelegenen Ravna Gresnja aus der HJand eines im Vorjahre von den Cürken aus-
gehobenen Schützengrabens in regelmäßigen Abftänden und paarweife eine Anzahl von menfeß-
lichen Gnterfcßenkelknocßen herausragen. Es war fofort klar, daß es fiel) um einen Platz mit in
Reißen geordneten Gräbern handelte und wir befcßloffen, Nacbforfcßungen nach Alter und Art des
Grabfeldes wie feiner Skelette anzuftellen. (Uir beide waren damals Angehörige der öfterreießi-
fchen Okkupations-Armee, v. Vahlkampf als Major bei gwölfer-Glanen, ich als der dem Regiment
zugewiefene Alilitärarzt und hatten unferen Aufenthalt in dem damals wiffenfchaftlich noch ganz
unberührten Bosnien auch vorher fchon zu verfeßiedenen Ausgrabungen benützt. Bei den Arbeiten
auf der Ravna Gresnja fcßloß fiel) uns bald noch ein dritter Fjerr, Fjauptmann Schaffer, an, der
gelegentlich einige feiner gerade dienftfreien Artilleriften mitbrachte, die wir mit dem Abheben der
oberflächlichen Erdfcßicßten befchäftigten, während die eigentliche Ausgrabungsarbeit von uns
Offizieren eigenhändig beforgt wurde. So war es möglich, im Verlaufe einiger Monate vierzig
Gräber zu unterfuchen, aus denen im ganzen dreißig zum größeren Geil gut erhaltene Schädel für
die anthropologifche Abteilung des (Uiener Naturßiftorifcßen Mufeums geborgen werden konnten.
Beigaben fanden fieß in diefen Gräbern nicht regelmäßig; in einigen Gräbern von Männern
waren nur kleine, durch Roft faft völlig zerftörte eiferne Gürtelfchnallen nachweisbar, in mehreren
eiferne Sporen, in einigen anderen kümmerliche Refte von einfetmeidigen Doicßmeffern, die ver-
mutlich Fjdzgriffe gehabt hatten. In einem anderen männlichen Grab befand [ich ein etwas beffer
erhaltener dreikantiger Dolch, der damals in den Befitz von Fjerrn Schaffer überging und jetzt ver-
fcßollen ift. In einem weiblichen Grabe fanden fiel) neun filberne Knöpfe, faft kugeiförmig, 12 bis
13 mm im Durcßmeffer, von derfelben Art, wie fie noch heute vielfach in flavifcßen Ländern ge-
tragen werden. Von einem diefer Knöpfe feßlt die obere Fjälfte, fo daß es leicht ift, über die Art
ißrer Fjerftellung jns Reine zu kommen. Jeder einzelne Knopf befteßt aus zwei ganz dünnen halb-
kugeligen Scßälcßen und aus einer verhältnismäßig ftarken Öfe, deren Enden in ein Locß auf dem
Boden des unteren Schälchens eingefüßrt und dann umgebogen und feftgelötet wurden. Das
obere Scßälcßen wurde dann aufgefeßt und von außen angelötet. Sämtliche diefer neun Köpfe
haben in dem unteren Schälchen ein kleines, wie mit einer Staßlnadel dureßgeftoßenes Locß, das
vermutlich den ($weck hatte, der beim Löten ftark erßißten Luft einen Ausweg zu laffen. Völlig
gleichartige Löcher zeigen auch die fämtlicßen Knöpfe aus einem woßl gleichaltrigen Funde am
Mramor bei 3wornik und aus einem Grabe am rechten, alfo ferbifeßen Ufer der Drina, nur wenige
Kilometer von der bosnifeßen Grenzfeftung entfernt.
Bemerkenswerte Funde fanden fieß in den Gräbern auf der Ravna Gresnja nur bei wenigen
Skeletten, bei einem die mächtigen Bronzefporen, die hier (Fig. 2) abgebildet find, bei zwei anderen
einem männlichen und einem weiblichen, die beiden (Fig. 3 a, b) abgebildeten filbernenF.ngerringe,
der eine mit einem feßr roßen Adler, der andere mit drei leicßt erhabenen rautenförmigen Feldern.,
Ein viertes Grab enthielt ein 10 cm im Durcßmeffer haltendes flacßrundes Scßälcßen mit gebuckeltem
Boden aus faft farblofem, nur ganz leicßt Ftellgrünem Glas. Das tadellos erhaltene Stück ift da-
mals in den Befitz des Fjerrn
Schaffer übergegangen und
war feßon zu feinen Leb-
zeiten verfcßollen, waßr-
fcßeinlicß von feinen Kin-
dern oder Dienftboten zer-
feßmettert. Ein noch ungleich
feßöneres Glasgefäß fand fieß
Der Cicerone, XtH. Jat)rg., beft 22



Abb. 1. Silberne Knöpfe. 14. Jaßrß.
V,d.w.Gr.

neben dem Schädel eines
fünften Skelettes, allerdings
zerbrochen, aber.docß naßezu
vollftändig erhalten, fodaß
es unfeßwer ergänzt werden
konnte. Der hier Fig. 4a, b
in hs bzw. ^3 d. w. Gr. ab-
gebildete Becher ift papier-

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