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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

DOI Heft:
Heft 15/16
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Balet, Leo: Die Reorganisation der holländischen Museen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0476

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Die Reorganisation der ßoIIändifd)en Mufeen

er Reidßsausfcßuß für die Reorganifation der ßolländifcßen Mufeen bat [eine Arbeit be-


endet und der Regierung einen Entwurf vorgeiegt, wie er ficb die betretende Reorgani-

-L-^ [ation denkt. Der Vorfi^ende die[es Ausfd)uffes war Dr. jur. M. I. Duparc; zweiter Vor-
fi^ende der Direktor des Rijksmufeums F. Schmidt Degener; Schriftführer Dr. C. Qofftede de Groot,
Prof. Dr. KI. Martin und P. Viffer; Mitglieder der Direktor des Stedeiijk Mufeums in Amfterdam
C. KI. F). Baard, Jbr. Q. Ceding van Berkbout, Dr. A. Bredius, S. de Cierq, Dr. I). van Gelder,
Dr. J. F). IJolwerds, C. G. 'tFJooft, Dr. I). F). Jugnboll, KI. M. Martens, der Kunfthändler A. KI. IJ.
Menfing, der Archivar Dr. S. Mulier Fzn, M. van Nolten, Jbr. B. KI. F. ,van Riemsdijk, C. B. Roorda,
Prof. Dr. J. Six, Prof. Dr. Jan Vetb und Prof. Dr. KI. Vogelfang.
Die Fjerren fcblagen vor die Gründung eines Kunftmufeums (ein fchlichtes Gebäude hinter dem
Rijksmufeum und durch eine Galerie damit verbunden), das zunäcbft die beften Kunftwerke des
„Rijksmufeums" enthalten foll und die FJauptftücke des „Mufeums voor Gefcbiedenis en Kunft".
Aber auch das „Mufeum van Oudheden", das „Etßnographifch Mufeum" und das „Prentenkabinet"
follen ihr Beftes beifteuern, um den Sammlungen des Kunftmufeums einen „enzgklopädifcßen"
Charakter zu geben.
Der Reftbeftand der Sammlungen des Rijksmufeums wird getrennt in Objekte, die kunfthiftorifchen
und die nur hiftorifcßen Klert haben. Die kunfthiftorifcß wertvollen Stücke des „Rijksmufeums"
und des „Mufeums voor Gefcbiedenis en Kunft" bleiben im „Rijksmufeum". Von den Sammlungen,
die nur einen hiftorifcßen Klert haben, bleibt das Präbiftorifcbe und Archäologifche in Leiden, da-
mit es den Kontakt mit den übrigen frühen Sammiungen nicht verliert, Bauernkunft und Folklo-
riftifebes wird in dem „Openiucbtmufeum" in Arnhem untergebracht, und der Reft bieibt in Amfter-
dam in einem neu zu gründenden Fjiftorifcßen Mufeum.
Das EtFmograpbifcbe Mufeum, das bislang in Leiden war, wird nach Fjaag übergebracht.
Für Amfterdam ift noch ein Arcbitekturmufeum und für Fjaag ein Mufeum für Bucbkunft
geplant.
Dies find wohl die FJauptlinien, die der Reicbsausfcbuß der Regierung für die Ordnung der
troftlos ebaotifeben Mufeumszuftände in Fjolland vorgezeichnet hat. Man muß wirklich fagen, daß
das Projekt im aligemeinen von beifpieliofer Großzügigkeit und eine beffere Löfung kaum denk-
bar ift.
Und doch kommen einem betreffs des fogenannten Kunftmufeums febr ernfte Bedenken, die [ich
fpäter bei der Durchführung des Planes (vorausgefe^t, daß die Entwerfer auch die maßgeblichen
Verwirkiicber desfelben fein werden) betätigen werden. Das Verhäitnis zur Kunft im ailgemeinen,
infofern es in dem Ausfcbußbericbt zum Ausdruck kommt, ift nämlich ein gänziieb unmodernes.
Es wird in dem Bericht immer wieder betont, daß man mit dem Kunftmufeum beabfießtigt, „die
allgemeine kulturelle und die äftßetifcße Biidung" der großen Maffe zu fördern. „Die wirkliche
Liebe zur bildenden Kunft und der heiße (?) Begriff derfelben foll erweitert und veredelt werden."
Es ift ausfcbließlicb die Rede von der „hohen Schönheit" der alten Kunftfcßäße. Von den Meifter-
werken der oftafiatifeßen Kunft wird nur ißre „reine Schönheit" ßervorgeßoben. Die Kunfterzeug-
niffe des Indifcßen Archipels werden als „Äußerungen einer zwar elementaren, aber immerhin
abfolut reinen Schönheit" gerühmt.
Der offenficßtlicße 3weck des Kunftmufeums foll alfo fein: Belehrung und Schönheitsgenuß.
Nur davon ift die Rede. Km das zu erzielen, foll das Kunftmufeum denn aueß einen „enzyklo-
pädifeßen" Charakter bekommen.
Die Anficßt, daß Kunft zur Belehrung und Genuß da fei, ift ein Renaiffance-Standpunkt, der
vielleicht dem größten Ceil der Renaiffance-KIerke, die ausfcbließlicb aus Freude an der feßönen
Form, alfo ißrer immanenten Schönheit wegen entftanden find, gerecht werden kann, der aber
niemals ein richtiges Verhältnis zur übrigen Kunft gewähren wird, die mit Schönheit unmittelbar
nun einmal nicht das allergeringfte zu tun bat.

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