Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921
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DOI Artikel:Hübner, Friedrich Markus: Lodewijk Schelfhout
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Lodewijk Scßelfßout. La Provence. Radierung. 1912.
beanlagungen, die germanifcße und die lateinifcße, jeweils aufs reinfte ausgedrückt
fand. Diefe Vorbilder fand er in Paul Cezanne, dem Provenzalen, und in Vincent van
Gogß, feinem Landsmanne; indem er ißnen im Stil, im Malverfaßren, in der Gefüßls-
ßaltung nacßeiferte, fucßte er hintereinander bei beiden ficß felber.
Die Nacheiferung gefchah fo heftig und unbedingt, daß der junge Künftler beide
Male im gefeierten Vorbilde bis zur eigenen Auslöfcßung unterging. Er war innerlich
derart weich und bildfam, noch fo ungefichert in feinem eigenen künftlerifchen (Defens-
gepräge, daß die beiden Großen, die allerwärts die Jugend beßerrfcßten, ißn einfach
auffcßlürften. So findet ficß in der Reiße jener Bilder, wo Scßelfßout unter dem Ein-
ßuffe Vincent van Gogßs fteßt, ein Selbftbildnis, das nicßt nur handwerklich an van
Gogßs Pinfelftricß und Farbenauswaßl erinnert, fondern das mit den Augen und mit
dem innerlichen Füßlen van Gogßs vorempfunden und feelifcß empfangen wurde, ja
welcßes mit einer eigentümlichen, nach außenßin ficß abmalenden Guftandsverwandlung
des Scßelfßoutfcßen Icßs faft doppelgängerifcß alle Aßnlicßkeitszüge eines Bildniffes von
Vincent van Gogh felber aufweift. Bei den Lafeln, die der Malweife Paul Cezannes
nacßgebildet ßnd — und die nicßt menfcßlicße Figuren, fondern zumeift Landfcßafts-
und Stillebensftoffe behandeln — kommt diefe ungemein ftarke, ficß felber preisgebende
Einfühlungsgabe darin zum Ausdrucke, daß Scßelfßout hier nicßt fo feßr unter feinen
mufikalifcßen und ekftatifcßen Erregbarkeiten ßinfcßwingt, fondern getreulich dieFormen-
ftrenge, die bis zur Kubifierung, der Körper vorftoßende Baukraft des Lateiners nach
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