Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921
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Heft 4
DOI article:Wolfradt, Willi: George Grosz
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Abb. 4. George Grosz. Liebt und Luft dem Proletariat!
Aus der Mappe „Gott mit uns". Der Maiik-Veriag, Berlin.
malifcß für diefe Paradoxie ift wie irgendwas: ein fpftematifeßer Aprilfcßerz, Parodie
der Bundes- und Bewegungsmanie, eine freebe Identifikation von Sinn und Bluff (als
Bluff Sinn, als Sinn Bluff), eine Falle für die Intellektuaille, die denn auch nach den
vieien Blamagen vor neuen Richtungen juft diefe, die keine ift, ernft genommen bat'
ein dreiftes Affrontbieten durch lallendes Sicßdurnrnftellen, bei alledem unendlich be-
zeichnenderweife ein felbftvergeffenes Sichwicbtignebmen und Fürernftbalten, und
fchließiid) doch nur eine alberne Kinderei, der es arg an bumoriftifebem Genie gebricht,
die fchließiid) eine unerträglich fade Maske der Impotenz nur ift. Aber auch in diefem
die-3unge-l)erausftrecken gegen alles geiftige Getue (das mitunter dünkelhafter und
pofierender ift als fein Gegner): ein Pathos des Naiven, eine Leidenfcbaft, die jeden
Gedanken an Unart verbannt, eine romantifebe Ironie. HJabrbaftig, diefe Romantik-
freffer und vor allem Grosz find irgendwie Romantiker. Man wird die Monde und
Sterne nicht überfeben dürfen, die er über Fjurenftraßen and (üolkenkraßerorgien auf-
hängt, wie denn bei ihm überhaupt noch im leßten eiterfeligen, fchlammberaufd)ten
Fjobn ein ünterton wunderfamer Demut und reiner, zarter Seßnfucßt ftets mitfebwingt.
Man fd)ämt fiel) bald des leidvergeffenen Lachens, in das man angefid)ts der fo
beißend und knapp formulierten Entkleidungen zunäcßft gelockt wird, und man fpürt
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