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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

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Heft 4
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0146

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es Ederbeimer gepßogen, für einen Einfluß aus-
üben werde: ein bocbintereffantes Experiment,
das jedenfalls zeigt, daß ficb Ederbeimer nicbt
umfonft das Auge gefcbärft bat; aud) daß von
irgendwelcher „Beeinßuffung" keine Rede zu (ein
braucht, wenn der Schüler erftmal zum felb-
Ständigen Schaffen übergegangen ift.
Das größte Intereffe bat wohl die Ausftellung
des Ruffen Nikolas K. Roericb bei Kingore
bervorgerufen. Der Künftler ift in Deutfcbland
kein Fremder mehr, denn er bat fcbon vor dem
Kriege bei Caffirer in Berlin ausgeftelit, aud)
in München, Düffeldorf und (Dien; und eines
feiner Bilder, die „Voringa See" war, wie es
Scheint, ohne fein Vorwiffen, in einer Nummer
der „fugend" Anfang 1919 reproduziert wor-
den. Daß diefer Künftler im zariftifcßen Rußland
ein „Akademiker" war, läßt einen mit Neid an
das Rußland jener Lage zurückdenken, wenig-
stens, was fein Kunftleben anbelangt. Denn etwas
(Inakademifcberes als die Kunft Roericßs läßt
ficb bäum denken. Eines aber iftfie: dieftarke,
kräftige Erdfrucht aus ruffifcbem Boden, in der
in eigenartigster Mifcbung fkandinavifcbes Wi-
kingertum ficb mit afiatifcben Anregungen ver-
eint. Gerade daß Roericb, im Gegenfafz zum
viel eigenwilligeren, dabei aber ganz perfön-
licben Einflüffen ausgefeßten Bakft, als Sohn
feines Volkes und feiner Fjeimat erfcbeint, gibt
feiner Kunft das Sichere und Fefte, wie febr fie
Oberflächlichen auch auf den erften Blick als
bloße Pbantafiegebilde erfcbeinen mag. Letztbin
ift orientalifcbe Weisheit in Roericb mehr zum
Bewußtfein gelangt. Der Weife aus dem Morgen-
lande, Meifter Cagore bat es ihm angetan und
ihn zu ficb nach Indien geladen. In einer Serie
von großen Wandgemälden lebt diefe indifcbe
Sebnfucbt. So gebt Roericb, gedrängt von feinem
Blut wie von feiner Erkenntnis auf jene Sgntbefe
zwifcben Weft und Oft aus, der ficb jetzt die
Hoffnung und Sebnfucbt der Beften zuwenden.
F.
Am[terdamer Ausstellungen
DA DcvAsc/mr? Az SAzA/z/A* Mzzsczzzzz / DA
Mzz^zsAzz z/cr &7/7z/nA/?,g* Lco/zcc Dosczz-
Aezg' ALA / Der MuzzsDo/ozz efe ßczs
Was die modernen deutfeben Künftler, die
augenblicklich im Stedelijk Mufeum in Am-
sterdam als Gäfte der Malergruppe „De Onaf-
bankelijken" ausftellen, wobt bewegt bat, ficb
diefer Gruppe anzufebüeßen? Wobl nur der
Name: „De Onafbankelijken", der aber nichts
befagt über die Richtung, wenn man bei der-
artigen erbärmlichen Stümpereien überhaupt noch

von Richtung Sprechen kann. „De Onafbanke-
lijken" ift mit febr wenigen Ausnahmen ein Ab-
lagerungsplatz für diejenigen, die ihren Bockmift
nirgends anders loswerden können und wo bol-
ländifcbe Kunftbäbncben, kaum der akademifeben
Brutanftalt entfeblüpft, mit den Eierfcbalen noch
an den dünn befiederten Hinterteilen, ihre erften
Kräbverfucbe machen dürfen. Auf der ganzen
Ausftellung der „Onafbankelijken" — ich Spreche
jetzt nur von den bolländifcben Einfendern —
find nur wenige Stücke, die irgendwelchen künft-
lerifcben Wert haben, und kein einziges, das
überhaupt modern ift. leb glaube nicht, daß
Beding, Fjeckel, Jawlenfky, Cefar Klein, Pecb-
ftein.Radziwill, Scbmidt-Rottluff die bolländifcbe
Gaftfreundfcbaft angenommen hätten, wenn fie
geahnt hätten, mit welchen unglaublich muffigen
und Spießigen Leutchen fie zufammenkommen
würden. Die Holländer haben ihren deutfeben
Gäften den beften Platz eingeräumt. Ob im Be-
wußtfein ihrer eigenen Inferiorität? Oder aus
purer Höflichkeit? leb nehme Letzteres an. Nur
febade, daß die Höflichkeit (oder vielleicht der
Platzmangel?) nicht fo weit ging, die Deutfeben
ganz für ficb zu laffen. Der Gemüfeladen von
Brender ä Brandes, die Blumenftilleben vonBu-
ning, die Stilleben von Maurits de Groot, die
Bilder von Meurs, Anna Sluyter wirken unge-
mein ftörend. Bei den eigentlichen „Onafbanke-
lijken" brauchen wir uns nicht länger aufzubalten.
Von den Deutfeben feien folgende Künft'er ganz
befonders hervorgehoben. Rudolf Belling ift
mit fünf Skulpturen vertreten, von denen „Drei-
klang" und „Erotik" mir als die innerlich ftärk-
ften erfcbeinen. Erich Heckei zeigt eine „Frau"
von meditativer Schmerzlichkeit, Jawlenfky
zwei von feinen bekannten Köpfen. Max Pecb-
ftein überrafebt mit vier Skulpturen, die man
auf den erften Blick für Negerplaftik halten
würde, jedoch Expreffionen find unter dem Eitel
„Mond", „Viertelmond", „Nonne" und „Befcbat-
tet". Die „Nonne" ift von Schreckhafter Schön-
heit. Ferner bringt Pecbftein drei Ölbilder, von
denen die „Meererzählung" eine unheimliche
Wirkung ausübt. Seine „Düftere Pracht" ift eine
nackte Negerin, die ihren dunkel blühenden Leib
wie eine exotifebe Koftbarkeit darbietet. Von
Radziwill find drei Bilder vorhanden: „Aus
einer ruffifeben Landfcbaft", „Das rote3immer"
und „Krankenhaus", von Schmidt-Rottluff ein
„Interieur" und „Gewitter über der See" von
ungeheuer explofiver Gewalt. Die übrigen
deutfeben Ausfteller find Erika Freund, Oswald
Herzog, Anton Robert, Moritz Melzer, Albert
Müller, Alexander Oppler, Arthur Segall, Wil-
helm Scbmid, Georg Scholz, Martell Schwichten-

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