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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

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Heft 4
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Der Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0157

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Bevorstehende Versteigerungen

Bevor]M)ende Verweigerungen
Die Sammlung Palffg
Ein Wiener Marktbrauch, der die zat)dofen Ver-
kaufsangebote unter irgendeinem gefellfchafts-
bekannten Namen zufammengefaßt ausbietet,
veranlaßt diesmal die veranftaltende Firma,
Glückfelig & Wärndorfer, ausdrücklich zu
erklären, fie hafte dafür, daß tatfächlich Sämtliche
zur Versteigerung gelangenden Gegenstände aus
dem gräflich Palffyfchen Nachlaß ftammen.
Erklärung ift zugleich der letzte Schatten einer
in Wien ftiil verborgen gewefenen, reichen Herr-
lichkeit, die nun den internationalen Kunftmarkt
in berechtigte Erregung gebracht hat. Die Mit-
teilung, daß die Ausfuhrbewilligung für die er-
ftandenen Gegenstände gefiebert fei, befagt ihr
weiteres Schickfai. — 1812 erbaute Karl v. Moreau,
der Hausarchitekt der Efterhäzy, das Palffypalais,
das jet$t, von einem Bankhaus erworben, mit
fertigen, natürlich „...bedachtnehmenden" Um-
bauplänen bedacht, vom Wohnungsamt aber an-
gefordert, in einem Wirrfal vonEreigniffen fteht,
in dem nur fo viel klar ift, daß ftaatlicherfeits
die Übernahme und mufeale Erhaltung des Ob-
jektes nicht durchgeführt werden konnte. Sie
wäre der einzigartigen Einrichtung wegen gerade
für Wien erwünfeht gewefen; denn das Gebäude,
ein Beifpiel des damals auch gegenüber den Auf-
gaben des Palaftbaues fiel) durchlebenden bürger-
lichen geitgeiftes und Wohnhausftiles, enthielt in
feinen von klar gegliederten Wänden beftimmten
Räumen nicht die Möbel der in Material, Form
und Dekor wienerifchen Uonart der Nachkongreß-
zeit, Sondern eine dem Geift und Herkommen nach
echt franzöpfche Empireeinrichtung. J. Gr. Palffy
hatte die Stücke im belagerten Paris erworben,
wo der überkommene Befib, ähnlich wie in der
hiefigen Gegenwart nur mehr die Beziehung not-
wendiger und leichter Verkäuflichkeit zu feinen
Eigentümern gehabt haben mochte. Die gimmer-
fluchten des Palais waren nicht beherrfcht von
der im Mobiliar fich vollendenden Innengestaltung
eines Stilfinnes, Sondern boten ein eigentüm-
liches gufammenklingen des lokal abgewandelten
Rahmens und der geugniffe von feines Geiftes
Urfprung, deren Eigenfein durch die verwandte
Umgebung zu erhöhter Erkennbarkeit gedeutet
wurde. Gebrauchs- und gierftücke aller Gattungen
find reichlichst vorhanden, darunter viel h'ftorifch
bekanntes Mobiliar, wie der Schreibtifch aus
Malmaifon, an dem Napoleon 1815 feine zweite
Abdankung Unterzeichnete, ein Bett, das er dem
General Perthier gefchickt hatte, fechs Uuilerie-
feffel u. ä. Der erfte Ueil der Versteigerung (7. bis
10. März) umfaßt noch Bronzen, Gemälde, Mi-

niaturen ufw. Die großzügige Durchführung der
Veranftaltung durch das bekannte Auktionshaus
fieht auch eine Besichtigung des Nachlaffes im
Palais, I. Wallnerftr.6, vor(27.Februar bis 6. März).
Den von erften Experten verfaßten, 527 Nummern
enthaltenden illuftrierten Katalog (300 ö. K.) ver-
fendet die Firma.
Amfterdam
Am 12. April wird bei Frederik Müller das
berühmte Gemälde van Vermeer „Straatje" aus
der Sammlung Six verfteigert. Man wird fich
noch erinnern, daß der Staat das „Melkmeisje"
van Vermeer aus derfelben Sammlung für
300000 Gulden für das Rijksmufeum erwarb. Das
„Straatje" foll von noch höherer Qualität fein.
Die englifche geitung „Morning Poft" behauptet,
daß Six die Abßcßt habe, den Reft feiner Samm-
lung öffentlich zugänglich zu machen und er fich
durch den Verkauf des „Straatje" die erforder-
lichen Mittel dazu verfchaffen will.
Berlin
Mit einem fchön ausgeftatteten Katalog kündigt
Karl Ern ft Henrici für den 25. Februar die
Verweigerung von 25 frühen franzöfifchenFarb-
ftichen aus fürftüchem Befiß an.
Hollftein & Puppe! bringen am 28. Februar
bis 3. März eine große Sammlung von Kupfer-
ftießen des 15.—18. Jahrhunderts unter den Ham-
mer. 1934 Nummern führt der Katalog auf,
darunter zahlreiche Blätter von Dürer, Rembrandt,
Lucas van Leyden, HoHar, Beham, Meckenem
und Schongauer. Franzöfifche und englifche
Stiche des 18. Jahrhunderts wären zu erwähnen
und fchließlich einige gefuchte Kunfthandbücher
von Nagler und Paffavant.
Köln
Vom 16—19. März verfteigert Math- Lem-
per§ die Antiquitätenfammlung A. Souheur-
Aadßen, die ihre Hauptbedeutung in den zum
Ueil einzigartigen deutfehen und franzöfifchen
Möbeln des 18. Jahrh- und in ihren Fayencen
hat. Unter letzteren finden fich eine Anzahl poly-
chromer und blauer Delft-Erzeugniffe, wie fie
heute nur noch feiten anaeboten werden. Die
Sammlung umfaßt außerdem noch zahlreiche
Holzfkulpturen, eine Reihe niederländischer und
Augsburger Silberarbeiten, mehrere Gobelins des
17.Jahrh-, deutfehe Porzellane, chinefifche famille
rose-Arbeiten, Bronzen und altes ginngerät. —
Die Gemäldefammlung Souheur foll im April
zur Versteigerung kommen.
Paris
Bei Georges Petit, Rue de Seze 8, findet
am 4. und 5. März unter Leitung von F. Lair-

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