Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (13.1921)

Jofepb Rebmann. Parifer Landfebaft.
Bef.: Frau M.R.
(Henn wir nachts um zwei oder auch um drei Hhr durch die brave, fd)lafende Stadt
in unfere zwei Dachftuben am Königsbof zurückkeßren, fe^t Acßmann fieß noch an den
Hifcß, rauebt eine 3igarette und iegt eine Holzplatte bereit. Dann knirfeßt auch feßon
der Stichel im Holz und fliegen feßon die Späbne. Die kräufeln [ich oft lieblich, zu
feßönen Spiralen, wie die Streifen, die man aus der Apfelbaut fcßält. Manchmal praffeln
fie hart und kurz zu Boden. 0, wie die Platte nun ausfiebt! (Hie ein zerquältes, von
Runzeln durchzogenes, zerfebundenes Menfcßenangeficßt. Dann febmiert die (Halze
Druckerfcbwärze drüberbin. Schwarz und (Heiß fteben gegeneinander auf, Linien fueben,
verfcblingen und trennen fieß und eine Straße, ein Strauch und ein hoher Himmel
träumen, ßauberei.
Die beiden ßimmer, in denen wir leben, find klein und niedrig. 0, wir beklagen
uns nicht! . Die (Hände find bedeckt mit Acbmanns Bildern und Schnitten und 3eid)-
nungen. Einen Ofen haben wir, der wärmt. Einen guten, alten, treuen Kachelofen,
einen Seffelberd. (Acbmanns Vater, dem das Haus gehört, ift Hafnermeifter. Cöpfer,
wie man im Norden fagt.) Hnd dann haben wir eine Kaffeemafcbine. Es ift uns fchon
fcblect)t gegangen, aber es ift uns noch nie fo fchlecht gegangen, daß fie uns nicht den
fchwarzen, fchwerduftenden Saft gegeben hätte, den wir bis zur Verzückung lieben.
Die zwei 3'mmer find fet)r fd)ön. Aber fie haben wenig Hageslicht. So muß Acbmann
feine Bilder beim Schein elektrifcher Lampen malen. Blendendweiß find die Stuben,
wenn die drei großen Hundertkerzigen losknallen. Hnter diefem Kranz von Sonnen
malt Acßmann feine Bilder. Er wirft fie manchmal aus fiel) heraus, wie ein Brunnen,
deffen Schließplatte man entfernt, die Springflut aus fiel) herauswirft. (Hie ein (Hütender,

478