Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921
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Heft 20
DOI Artikel:Strobel, Alfred: Die antinaturalistische Kunst im Spiegel der altgriechischen Philosophie
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mag von diefem Standpunkt aus ftreng zwifchen D'Storiker und Künftler zu unter-
scheiden, Der Naturalismus Späterer Epochen, besonders des vergangenen Jahrhunderts,
kannte dieSe Trennung meiSt nicht met)rL
Mit dieSer Erkenntnis im Kerzen konnte Aristoteles jenen Sat^ niederSchreiben, der in
Seiner Bedeutung in der Kunftliteratur aller geiten und Völker vereinzelt blieb und doch
wie ein Fanfarenklang durch die feiten fortSchmetterte: „Die PoeSie (d. h- die KunSt)
iSt philoSophifchcr und wertvoller als die GcSchichte." (Die furchtbar trocken
nimmt fich demgegenüber Lukians Definition der Kunft aus, der fie beftimmt als eine
„nü^lichen gwecken des Lebens dienende Summe durch Übung erworbener Fertigkeiten!"
Nur einmal noch, aber zweitaufend Jahre Später, gab einer der Größten dem wahren
Rang der reinen Kunft im Leben des Geiftes in ähnlich ftolzer HJeife wie einft Ari-
ftoteles Ausdruck. Vom Königsberger Pt)i!ofophen ftammt die Lehre: „Die Kunft ift
das einzig wahre und ewige Organon und zugleich Dokument der Ph'lofophie."
(Uas in den Anfchauungen der genannten altgriedpfchen Philofophen, ihren Mei-
nungen über das Verhältnis zwifchen Kunft, (Heit und Seele zum Ausdruck kommt,
bewegte — wenn auch in anderer Form und mit anderer Ausdrucksgeftaltung — die
Suchenden Geifter der Menfchheit Späterer Lage. (Dir von heute vermögen fogar in
den angeführten Stellen der (Herke Offenbarungen zu finden, nachdem wir fo fet)r
beftrebt find,
uns von dem
vom bloßen
Eindruck Ge-
schaffenen, da-
bei aber geiftig
Ausdrucks-
lofen zu eman-
zipieren. gu
Problemen, die
uns heute vor
allen anderen
befchäftigen,
nehmen Platon
und Ariftoteles
und wie die
Denker jener
geit heißen, be-
reits mit ent-
schiedener Er-
kenntnis Stel-
lung. Auf
manche Frage,
die wir uns
heute erft Stel-
len, finden wir
eine fchon vor
Jahrtaufenden
gegebene Ant-
wort. Die
wichtigste und
wertvoHfte
wohl die auf
die Frage nach
dem (Harum,
nach der Er-
klärung unfe-
rer inneren Ge-
fühle aus den
(Irzufammen-
hängen heraus.
Emmanuel Gondouin.
Ka^e.
i Es ift b'er
ftreng zu achten,
daß im vorlie-
genden Falle nur
von Naturalis-
mus in der bil-
denden Kunft
die Rede ift. tn
der Dichtung
errang er [ich
weiteres Feld.
Dort wurde er
geftaltend, in der
Malerei blieb er
fchauend, repro-
duzierend. So
z. B. hebt fich
der naturalifti-
fche „Florian
Geer" über das
Fühlen des F)ifto-
rikers hinaus.
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