Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0719
DOI Heft:
Heft 23
DOI Artikel:Luz, Wilhelm August: A. von Jawlensky: neue Bildnisse
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A. von Jawienfky. ßalbakt B!au-Rot.
Bildern bedeckten Ausftellungswand wird es fofort deutlicß, daß es der Künftler auf
eine Abftraktion von der (Uirklicßkeit anlegt. Er gibt nur Ließt auf feinen Bildern.
Der körperbildende Scßatten wird unterdrückt. An feine Stelle treten farbige Cönungen,
welcße aber nießt etwa neuerdings dazu dienen follen, die körperiießen und räumlicßen
Verßältniffe zu befeßreiben. Sie follen lediglicß Farbwerte an fieß fein und wollen
als folcße gefeßen werden. Aucß die grundfäßließe Ausmerzung des Glanzes im Aug-
apfel, vor allem die Unterdrückung des Reflexlicßtes im Auge, dienen dem gleicßen
3weck. (Heiter ift klar, daß der Künftler auf ftärkfte Vereinfacßungen abzielt. Sucßt
man fieß zu einem beliebigen Bilde Jawlenfkys die Erfcßeinung des Modells zu ver-
gegenwärtigen, fo beginnt man zu ermeffen, was an verwirrenden Einzelzügen unter-
drückt worden ift. Alle kleinen Nebenfäcßlicßkeiten, an welcßen fieß vor der Natur das
Auge verfängt, find erbarmungslos in breiten Fläcßen aufgelöft und auf diefe (Ueife
unfcßädlicß gemaeßt. Man foll nießt die Spißen am Scßleier der Sizilianerin feßen,
foll fieß nießt aufßalten an den leießten Riffen, welcße die 5aut der Lippen dureß-
fureßen oder an der Vielzaßl von l^ärcßen, welcße die Brauen bilden! Man kann
felbft beobaeßten, daß fo wefentlicße Geficßtsteile wie die Augenlider vom Maler nie-
mals berückficßtigt werden. Die Augen erfeßeinen immer lidlos. Der Maler gibt das
Oberlid nur, wenn er das Auge im größten körperiießen Scßmerz fieß feßließen läßt.
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