Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0723
DOI Heft:
Heft 23
DOI Artikel:Luz, Wilhelm August: A. von Jawlensky: neue Bildnisse
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0723
aus dem Gefühlsgehalt heraus, der Künftler und Modell erfüllt. Da fich beide ändern,
bleibt dem Maler ein Modell unerfchöpflid) und oft, fet)r oft kehrt er darum zum
gleichen Kopf zurück und bringt eine ganz neue farbige Bearbeitung. Diefe Farben
bedeuten ihm Stimmungen, Ct)araktereigenfd)aften, empfindliche Formen für ein kom-
pliziertes (Hefen. In ihnen fpridßt fiel) das felbftt)errlict)e (Halten des Künftlers aus.
Von dem Modell übernimmt er nur mehr die Anregung. Dann aber entfacht er deffen
Schönheitsfünkchen zu einem herrlichen Brand, Je^t erfdjeint erft das wahre Abbild
des Menfcljen. Des Künftlers (Herk wird zum glühenden Bekenntnis des inneren
Dafeins. Mit der Farbe bringt er an feine Menfcljen einen gefühlsmäßig nicht aus-
zufchöpfenden Reichtum von Inhalt heran. Seine Bildniffe verdichten fich nie zu In-
dividualitäten, fondern bleiben geheimnisvolle Menfchheitsfymbole. Diefe befondere
Farbenwahl macht das alltägliche Geficht eines Modells zum unergründlichen (Hunder
des Seins. — (deshalb Jawlenfky nur Damenbildniffe malt? In diefer Einfeitigkeit
liegt des Künftlers Stärke ebenfo begründet wie feine Schwäche, feine Giefe ebenfo
wie feine Hntiefe. Man vergleiche feine Chriftusköpfe!
Die (Hirkung feiner Bildniffe mit den magifch großen Augen ift ungeheuer ftark.
(Hem das Glück zuteil geworden ift, ein Bild von Jawlenfky zu befit$en, dem gebe ich
den Rat, es gewöhnlich mit einem Vorhang zu verfließen und nur in Feierftunden fich
dem Eindruck auszufeßen. Sie wollen betrachtet fein wie die koftbarften Heiligenbilder
in den Schreinen der alten Flügelaltäre. Nur an Fefttagen follen fie erfcheinen.
A. von Jawlenfky.
Leites Schauen.
689
bleibt dem Maler ein Modell unerfchöpflid) und oft, fet)r oft kehrt er darum zum
gleichen Kopf zurück und bringt eine ganz neue farbige Bearbeitung. Diefe Farben
bedeuten ihm Stimmungen, Ct)araktereigenfd)aften, empfindliche Formen für ein kom-
pliziertes (Hefen. In ihnen fpridßt fiel) das felbftt)errlict)e (Halten des Künftlers aus.
Von dem Modell übernimmt er nur mehr die Anregung. Dann aber entfacht er deffen
Schönheitsfünkchen zu einem herrlichen Brand, Je^t erfdjeint erft das wahre Abbild
des Menfcljen. Des Künftlers (Herk wird zum glühenden Bekenntnis des inneren
Dafeins. Mit der Farbe bringt er an feine Menfcljen einen gefühlsmäßig nicht aus-
zufchöpfenden Reichtum von Inhalt heran. Seine Bildniffe verdichten fich nie zu In-
dividualitäten, fondern bleiben geheimnisvolle Menfchheitsfymbole. Diefe befondere
Farbenwahl macht das alltägliche Geficht eines Modells zum unergründlichen (Hunder
des Seins. — (deshalb Jawlenfky nur Damenbildniffe malt? In diefer Einfeitigkeit
liegt des Künftlers Stärke ebenfo begründet wie feine Schwäche, feine Giefe ebenfo
wie feine Hntiefe. Man vergleiche feine Chriftusköpfe!
Die (Hirkung feiner Bildniffe mit den magifch großen Augen ift ungeheuer ftark.
(Hem das Glück zuteil geworden ift, ein Bild von Jawlenfky zu befit$en, dem gebe ich
den Rat, es gewöhnlich mit einem Vorhang zu verfließen und nur in Feierftunden fich
dem Eindruck auszufeßen. Sie wollen betrachtet fein wie die koftbarften Heiligenbilder
in den Schreinen der alten Flügelaltäre. Nur an Fefttagen follen fie erfcheinen.
A. von Jawlenfky.
Leites Schauen.
689