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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

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Heft 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0050

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Ausheilungen

ausftellung von Gemälden aus dem Befiße der
Firma abgelöft, die in bunter Reibe Corintb.
Courbet, Grossmann, Liebermann, Pascin, Purr-
mann, Slevogt, Crübner u. a. vereinigte. — CUas
die übrigen Kunftfalons bieten, ift im allgemeinen
unbedeutend: Bei Gurlitt einige Ungarn, in
der Neuen Kunftbandlung, Cauenßienftraße,
Zeichnungen des KarikaturiftenmalterCrier, bei
Ferdinand Möller Gemälde von Alfred Par-
tikel und fcbüeßüd) in der Gutenberg-Bucb-
und Kunftbandlung, die bisher ihren Vor-
raum nur mit gerahmten Farbblättern gefüllt
batte, eine Auswahl graph'fcher Arbeiten und
intereffanter Aquarelle und Zeichnungen von
Georg Alexander Matheg, der diefer Lage eine
Berufung an die Staatliche Akademie für gra-
pbifcbe Künfte und Buchgewerbe in Leipzig er-
halten hat (vgl. Von Künftlern und Gelehrten).
Der Sturm hat foeben eine febr inftruktive
Ausftellung von Gemälden, Zeichnungen und
Aquarellen der franzöfifcben Kubiften eröffnet,
auf die an diefer Stelle befonders h'ngewiefen
fei. Die Ausftellung, die urfprünglich fcbon für
den Spätberbft vorgemerkt war, zeigt Haupt-
werke der Franzofen: Albert Gleizes, Louis Mar-
couffis, Jacques Villon. Ferner Arbeiten von
Jules Evola (Rom), Cour Donas (Antwerpen),
Sonja Delaunag-Cerk (Madrid).
Die von uns bereits in Heft 20 des vorigen
Jahrganges angekündigte Eingabe an den Reicbs-
kunftwart ift nunmehr erfolgt. Diebedeutendften
öffentlichen und privaten Kunftausftellungen
haben erklärt, daß fie, falls nicht eine fofortige
Abänderung des Luxusfteuergefeßes in Ausficht
geftelltwird, dieVeranftaltung von Ausheilungen
lebender deutfeber Künftler ab 1. Januar ein-
ftellen und auch keine merke in Kommiffion
übernehmen werden.
Gabriele Munter in der Modernen
Galerie Gl)annhau[er in München
Der Pulsfcblag des Münchner Kunftlebens,
ftärker in der erften Hälfte des vergangenen
Jahres als fonft (wir verdankten einigen Aus-
heilungen diefes Zeitabfcbnittes Erlebniffe und
Anregungen nicht alltäglicher Art), hat ficb vom
Sommer ab radatim verlangfamt. Im Monat
Dezember febien er faft auszufeßen. (Die muf-
fige Atmofpbäre diefes Ordnungsftaates erftickt
alle Vitalität, und die Zufaßnovelle zum Luxus-
fteuergefeß lähmt die Initiative des Kunfthandels —
die einzige Initiative, die in diefer Stadt in Frage
kommt.)
Aber felbft in folch' ereignislofer Zeit kann
eine Ausstellung wie die Gabrielen Münters nur
kärgliches Intereffe erregen. Sollen wir zum Lobe

diefer Künftlerin hervorheben, daß fie ficb — die
Gattin Kandinfkys — niemals bei einer Anlehnung
an die Kunft ihres Mannes ertappen läßt? Selbft
diefes Lob beftünde nicht ganz zu Recht, denn
wenn auch die anekdotifebe Malerei Münters mit
den abftrakten Kompofitionen Kandinfkys nichts
gemein hat — es gab eine Periode in der Entwick-
lung des Ruffen, die gleichfalls ganz illuftrativ ge-
richtet war. Näherliegender, zwingender wäre
aber eine Konfrontation mit Marianne merefkin.
Beide Frauen malen Illuftrationen, erzählen mit ko-
loriftifchemCemperament und Freude an febarfer
Pointierung Anekdoten (felbft wenn es ficb um
eine Landfcbaft oder um ein Porträt handelt).
Münter ift nicht fo unbekümmert um alle formalen
Probleme wie die merefkin — fie ift artiftifeber
als diefe, aber es fehlt ihr das Dämonifcbe, bei
allem Dilettantismus doch Suggeftive der Ruffin.
mer wollte übrigens das Latent Gabrielen
Münters in Abrede ftellen? Ja, diefe Frau ift
nicht nur begabt, fondern auch wiffend in vielen
Dingen des Handwerks (befonders in kolorifti-
feben). Und ihre Kunft hat ein ehrliches, ver-
trauenerweckendes Geficbt. Und ift doch — leßten
Endes — irrelevant. Eine Dame hat hier den Pinfel
geführt — eine begabte Dame zugegeben — aber
keine Perfönlichkeit. L. Z-
Am[terdam
Im Dezember war wohl die intereffantefte Aus-
ftellung in Amfterdam die der Gemälde von A. de
minter in der „Maatscbappij voor Beei-
dende Kunften". De minter war fein ganzes
Leben Eifenbabner und aktiver Sozialift, und
fing in vorgerücktem Alter plößticß an zu malen.
Seine Malerei war von Anfang an heftige Oppo-
fition gegen den Impreffionismus, fie hat nichts
Spontanes und nichts Primitives, fie ift bewußt
naiv, verftandesmäßig überdacht. Der ganz be-
ftimmte Ausdruck der einzelnen Farben und
Farbennuancen und Linienführungen ftebt von
vornherein bei ihm feft. Davon ausgehend, kom-
poniert er feine Bilder. Er malt Orchideen und
überhaupt Blumen, die nicht exiftieren, Pilze, die
nur in dem überreichen mald feiner Pbantafie
aus dem Boden bervorgewaebfen find, Vögel
und Schmetterlinge, die die meift exotifeben
Exemplare in Seltenheit undmunderlicbkeit über-
treffen. Aber alles fo natürlich, daß man ficb
immer wieder fragt, ob es vielleicht doch fo
etwas in fernen Ländern geben würde. Natür-
lich, aber unwirklich. Früher hat de minter
feinen Bildern Namen gegeben, um den Betrach-
tenden das Verftändnis zu erleichtern. Diefe
Namen find im Katalog jeßt unterblieben, aber
die intellektuelle tue und da fogar literarifcße

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