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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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Bierbaum, Otto Julius: Abenddämmerung in den Lagunen: Gemälde von Ed. Fischer
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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0113

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6^

IMach Sonnenglut und -giast verebbt der Cag.

* Sein Scheidegruss ist lichtes 6old am tjorizonte und hinter Volke.nrissen eine zage T7el 1 e.

Schon goss die erste Schütte seines Silbers der jMond ins jMeer, das schwach mit leisen Vellen hinüberfühlt ans graue X and
grau sind diese seichten, platten Vellen.

>\uf schwarzen Volkenballen schickt die jMacht ihr erstes Grüssen.

€ngmaschig schwebt ein Schleier über alles Xeben her. )\us seinen palten schüttelt er den Schlaf, den Sorgenlöser, der Vergs 55^^^
j\npersicher, ohne |3 ew e9 en> stehen die grossen Segler stilt. jNicht mehr vermag die Sonne jetzt die rothbraunen Segßt z u
leuchten. J)as leise Veltenau/undnieder, das ihren Vpel umklingt, ist wie das Spiel kleiner bpnder.

Vohin pu schaust, blickst pu in müde )\ugen, wohin pu lauschst, hörst pu den t^lang müder Stimmen.
jVtüde sieht pich aus der ferne die Stadt an, müde spricht zu j)ir das letzte )\nkerkettenrasseln, der /erne puderschlag-
Verhalten athmet das jMeer. |i<ä

€s ist, als ob es sich wohlig dehnte in satter jMüdigpeit; aber es murmelt noch im €inschlafen von dem Cage, der hint er '' n^et''

Vie hatte es jVIorgens getobt draussen im wilden Vüthen unter der Gebieterstimme des Sturmes; wie flogen, geschlagen and 9 5f

i •

auj ihm die gedrückteq Schij'j'e; wie öjjneten gierig sich seine hunderttausend pachen; wie heulte es aus seiner schwarzen CieJ e’
es grau aus ihm empor zum grauen rjimmel! V' 1

Qnd dann, als der Tjimmel sich wieder in blaue Ünendlichkeit dehnte, als die goldene Sonne wieder über ihm schien und leicht
ward wie ein verliebtes Vpnd, — wie lag es da so blitzend btanp, hellbtau in <Siejenklarheit und lockender Schöne, des priedens ^ <

Setzt, im Tjinüberdämmern vom j\bend zur jVacht, ist es, als läge ein j\bglanz attes Caggeschehenen auj dem weiten V/ aS ^
Viederschein des 6ewesenen im Xatlen des Craums. j\ber der Craum des jVleeres wirjt seine jVIaschen auch über die Seete des M 2

dass auch sie im Craumbann jühtt. — jVfit jVtärchenaugen blickt die See um diese Stunde.

0 K

heben sich weisse j\rme aus der grauen fluth, und grüne j\ugen starren aus dem punl^et. Schwere, schwarze jMassen riesiger
^ätzen sich träge, und es l^lingt dumpj von jMuschetposaunenstössen aus der Cieje.

, S* Vjj _' e Stadt drüben liegt da wie ein Gngeheuer, wie ein steinernes jMärchen voll Srusel und Sraus, und über ihr die schwarze Volke
ei(le drohende geballte faust, vor der die Stadt, die wüste, schwarze, jtuchbeladene Stadt, jliehend versinkt in die Ciejen der

^ e°ffneten See.

,^ leh> sie ist nicht mehr, die laute, tärmende Stadt, verschwunden ist sie ohne Xaut, eingetaucht in das schwarze Schweigen mit all
^ ij?r eWlrre und Setöse, mit atl ihren farben und Sebilden, mit ihren pegierden allen und allen ihren jagenden Xrieben. Jhr wildes Tjin
J^nd )\uj und j\b ist weggeschwemmt, ihr lautes Slück ist jortgestrudelt, und auch ihre jNoth ist nun geendet und getilgt.

^ ^° reh! j\us der Cieje bebt ein banger Slockenton, des tetzten j\ve’s sterbender-V^lang.

? Sleh: steit aujwärts, hettbtau durch das immer dichter werdende Srau, steigt jeiertich ein sichtbarlicher Tjauch, tangsam und schcn

Uare und zerweht. Jst das die Seele der sterbenden Stadt? — prag’ nicht! prag’ nicht! — Sie l\ommt! Sie kommt: pie jNacht.

^rj as letzte Xagesgotd verbteicht; wie gelber Samenstaub aus einer piesenblume verweht die j\bendhelle; des jMondes Silber wird
-- ^ ^ult. — j\fun übergraut den Tjimmet dichter flor, nun deckt sich alle farbe müde zu, nun weichen alle formen in die jWacht.

j\ltes leer und schwarz, und j\ltes hoht und kalt und endlos, j\lles paum, und j\ttes, j\tles plucht, ein unermessnes jNichts, ein

" ° hae Xand.

X 0d stetlt seine schwärzen Spieget auj. — pir, der pu lebst, ist dieser Spieget leer. poch, wenn pein letzter j\them pir entjtohen

^ s^ eHt pich leise eine dürre kalte Tjand vor seinen ptan, und siehe: zum ersten jMale siehst pu pich.

^ r»m bebt pein Tjerz, wenn sich pein ptick in die schwarze jVacht verliert.

' e ^tille, die schwarze Stitte drückt. pas ptätschern der Vetlen, das wie V^inderspiel war, als noch die Tjette überm Tjorizonte tag,

1(1 ^öser, .hohler V^lang. — pa hebt sich die Sehnsucht und wendet sich heimathwärts. — — — ot/o ju/ius Büriaum.

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