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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

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Schumacher, Heinrich Vollrat: Das Hungerloos, [12]: humoristischer Roman
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https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0286

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197

llungerloos.

Humoristischer Roman von Heinrich Vollrat Schumacher.

[Fortsetzung.J

Qtti verstummte vor dem Ausdruck seines grauen Gesichts. Und
er . . . Ihre Sorge schnitt ihm in's Herz. Und dennoch —

„Hör’ auf!“ schrie er gequält und ballte die Hände iri die Luft „Sie
wollen gehen? Hinaus mit ihm! Hinaus mit Allen! Oh! Oh!“

Er wurde plötzlich unnattlrlich ruhig.

Uebrigens gut, dass Ihr da seid! So ist’s ein Aufwaschen! Ich kann

[Naclidruck verboten.]

dürfen! — Acht Procent, sagtest Du?“ wandte er sich dann zu Herrn von
Rocholl. „Wirklich, acht Prozent?“

Jener nickte kalt.

„Acht Procent! So viel bringt's, wenn es richtig angelegt wird!“

Der Amtsrichter zog seine Brieftasche hervor und öffnete sie.

„Unter diesen Umständen verzichte ich! Hier, bitte, sind die fünf-

Dressirte Pudel. Originalzeichnung von A. Äckermark.

Euch nämlich das Geld, die fünftausend Mark, nicht so ohne Weiteres
geben. Ich muss eine Sicherheit dafür haben, eine Legitimation . . .“ Der
Amtsrichter trat erstaunt einen Schritt zurück.

„Aber — Du sprachst doch vorhin von ... nun von Otti’sMitgift... und ...“

Herr von Rocholl schnitt ihm das Wort ab.

„Meine Mädels haben keine Mitgift!“ sagte er barsch. „Du wustest ja,
dass Du ein armes Mädchen heirathest. Du wirst mir also einen Sehuld-
schein geben und . . . ja, und verzinsen musst Du das Geld auch! Mit . . .
na, mit acht Prozent!“

„Papa!“ rief Otti entsetzt. „Das ist doch nicht Dein Ernst! Das kann
nicht ..."

Amtsrichter Martius hatte sich gefasst.

„Erlaube, Kind!“ sagte er mit finster zusammengezogenen Augenbrauen.
„Das sind Geschäftsangelegenheiten, in die sich Frauen nicht mischen

tausend zurück, unangerührt! Sie sind mir zu theuer. — Ivommst Du
mit, Otti? Wir wollen fahren!“

Er streifte ihr blasses Gesicht mit einern mitleidigen Blicke und trat
in den Hintergrund des Corridors zurück. Otti rührte sich nicht. Ihre
Augen flammten zu ihrem Vater hinüber.

„Willst Du mir nicht sagen, Papa, was das zu bedeuten hat? Denn
ohne zwingenden Grund wirst Du doch nicht so, so . . Und einen Marm,
wie Erich, behandelt man nicht auf diese Weise. Auch wenn er der Mann
Deiner Tochter ist. Und so ist es rneine Pflicht, Dich zu fragen . . .“

Sie standen sich gegenüber, Auge in Auge. Und nie war dem alten
Manne das Kind so schön, so liebenswerth erschienen, wie jetzt, da er
ihr wehe thun musste. Aber es musste sein. Denn jene höhnische,
schadenfrohe Stimme flüsterte noch immer:

Er ist wieder da! Und alles ist verloren!

IX. 13. II.
 
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