Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1895

DOI Heft:
Weissenturm, Emil: Therese Rothhauser
DOI Artikel:
Malkowsky, Georg: Lourdes
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32112#0153

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
erese

o

auser.

Ein Interview von Emil Weissenturn.

fNachdriick verho" 51

H^Wein, nein; ich weiss in Wahrheit nichts die Welt Interessirendes,
■*ß**'\9 über'mich zu berichten —“

„Sie sind schon dabei, also bitte, nur weiter. — Eine Künst-
lerin Ihres Ranges und so bescheiden — diese Thatsache ist schon inter-
essant genug —“

„Ach — wenn Sie so anfangen, dann muss ich wohl reden, unr —
um Sie zum Schweigen zu bringen. 1m Uebrigen bin ich gewöhnt, die
„Oeffentlichkeit“ anzuerkennen und stets gerne bereit, Ihrem Rufe zu
folgen; also —

Geboren in Budapest im Jahre-hm — heute könnte ich es ja

noch sagen, wenn nicht — Die Ivunst bleibt zwar ewig jung, aber nicht
die Künstler, am wenigsten die Künstlerinnen —, hm — weshalb unter-
brechen Sie mich jetzt nicht?“

„Ich — höre lieber.“

„Soll ich Ihnen über meine Eltern auch etwas berichten? — Mein
Vater war Kaufmann — — also practisch — er schiekte mich in die
Staatsschule, wo ich zur Lehrerin ausgebildet wurde. Nach glänzendem
Examen, — unter uns gesagt — ich glaube diesen Erfolg auch nur meiner
Stimme zu verdanken, denn ich wurde bei jeder Gelegenheit mit Soli's
bedacht, — erwartete ich das Decret, welches mich zur Erziehung einer
hoffnungsreichen Jugend berufen und mir die von meinen Eltern ersehnte
„Carriere“ eröff'nen sollte; aber wie ich, warteten gar Viele — ich hatte
und suchte keine Protection, und ich sässe vielleicht noch heute mit der
Anwartschaft auf ein Catheder in der Tasche zu Hause, wenn ich nicht
Mitglied des Budapester Musikvereins geworden wäre. — Hier „entdeckte“
mich Professor Emerich Bellovics, der meine Ausbildung übernahm. TJnter
seiner Leitung sang ich zum ersten Male in mcinem Leben vor der grossen
Oeffentlichkeit im Redoutensaale in „Faust“. Die Tragfähigkeit meiner
Stimme war erwiesen, und so sang ich dann bald daraufin den Oratorien:
„Paulus“, „Messias“, „Jahreszeiten“ u. s. w. zwölfmal. Der Erfolg in
Haydn’s herrlicher „Schöpfung“ brachte mich nach Wien, wo ich im
Jahre 1886 unter Hans Richters Leitung im grossen Musikvereinssaale
mitwirkte. — Hier erst fiel die Entscheidung über rneine Zukunft. Ich
studierte mit Eifer auf die Darstellungskunst bei unserem heimischen

0p er'

,Jel

a ka’ 11

Meister Ujhazy, und als ich behüfs Engagement 1887 nach Leip zl» j
und Herrn Director Stägemann eine Agathenarie vorgetragen hatte,
mir seine Anerkennung in Form eines Vertrages zu Theil, der IlirL'^ t)11
zum Jahre 1889 an die schöne Stadt und an das liebenswtirdige P 11^ 1 pje

fesselte. Im September betrat ich zum ersten Male in Bruch's Oper -

• a - Bei' 1115

Loreley“ die heissen Bretter. Das Lob, welches man mir nun, dei v ^

künstlerin, spendete, war nur ein Sporn zu weiterem Streben. I* 11 *

1889 rief mich eih ehrenvoller Antrag hierher an die Königliche

Ich gastirte als „Carmen“. — Nie werde ich den Tag, der mir s°

Glück und Aufregung brachte — es war nur eine flüchtige Orchesterp .

möglich — vergessen. Dann sang ich noch die „Mignon“ — und i* 11 •

war ich bereits Mitglied der ersten Opernbühne Deutschlands.

Sie hörten mich als „Noemi“, „Christine“ im goldenen KreuZi

„Agathe“, „Dorabella“ in Cosi fan tutte, als „Katharine“ in Widersp enS °,

als „Puck“ in Oberon, als „Amneris“ in Ai'da, als „Djamileh“; viei ^

erinnern Sie sich an den kleinen „Beppo“ in Freund Fritz, und

reden Sie!“ ^

„Ich — ich hörte Sie nicht nur, ich sah Sie und in Ihnen die Sc n‘

spielerin, welche begeistert und begeisternd —“

„Bitte, erzählen Sie das dem Publikum. — Bin ich Ihnen noch zJ

scheiden?“

„Gewiss, denn Sie ve.rschweigen mir die Ehren, mit welchen m ;lli
gelegentlich Ihrer fünfzigsten Carmen-Darstellung überhäufte. Wxe
Majestät Sie belobte — wie —“ ^

„Das ist mir zu tief in’s Herz gegraben und will nicht so leicht
die Zunge, sonst hätte ich Ihnen ja auch viel rnehr von den glückH C;
Zeiten meines Lebens, meines Berufes, von Berlin erzählen müsseü-
„Und — Ihre Aussichten für die Zukunft?“

„Sie meinen

b«'

,ie

teP

'fif

„Hoffnungen“ ? — Dass es mir gelingen mög e>

» & ö ° p>

alle Theilnahme unseres Publikums rneine Dankbarkeit zu beweisen-

• ht f

bin nur glücklich, wenn ich davon etwas abtragen kann. — Vielle lctlL
lingt mir dies in der nächsten Novität als „Hans“ in „Hänsi und Gi
Ich freue mich darauf!“

„Wir auch!“



oupdes.

Von Georg Malkowsky.

Jie katholische Kirche hat von jeher instinctiv ihre Gegner zu erkennen
gewusst, selbst wenn deren Angriffe nicht offen, sondern aus gedeckter
Stellung erfolgten. Auf die briefliche Verurtheilung des neuesten Zola’schen
Romanes durch den Cardinal Rampolla ist der zweite Schritt gefolgt: Lourdes
steht auf dem Index. Man pflegt sich ob solclien Frevels an der Freiheit der
Kunst gewohnheitsmässig zu entsetzen und vergisst dabei nur zu leicht, dass
Niemand dem Papst und seinen Organen das Recht bestreiten kann, die Masse
der Gläubigen gegen gefährliche Lectiire zu schützen. Er macht innerhalb
einer bestimmten Machtsphäre von einer Autorität Gebrauch, deren Anzweifelung
den externen Ungläubigen in keiner Weise zusteht.

Dass Zola's neuester Roman ein Kunstwerk ersten Ranges ist, hat mit seiner
Gefährlichkeit für den katholischen Glauben garnichts zu thun. Ob es trotzdem
besser ungeschrieben geblieben wäre, das ist eine Frage, die zwischen dem
Katholiken Zola und dem Künstler Zola zum Austrage kommen mag. Vorläufig
sc'heint der Letztere die Oberhand zu haben, denn der berühmte Romancier er-
klärte einem Interviewer, er werde noch in diesem Winter nach Rom gehen und
seine Studien über die Manifestationen des modernen Glaubens an Ort und Stelle
fortsetzen. Bei dieser Gelegenheit gedenkt er denn auch eine Audienz beirn
Papste nachzusuchen, auf die er als Katholik ein Recht zu haben glaubt. Viel-
leicht glückt es dem Verfasser der „Nana“, nach berühmten Mustern von dem
schlecht unterrichteten Oberhaupt der Kirche an das besser zu Unterrichtende
zu appelliren.

[Nachdruck verbote"

dG

Zola definirt seine künstlerische Aufgabe gelegentlich selbst als h ie _

vve r'

„Sammlung menschlicher Documente“. Das wäre an sich ganz schön- ,,
besagte Documente in unveränderter Gestalt vorgeführt werden könnten-
dass sie nun einmal nothgedrungen ihren Durchgang durch die Persönl |L

des Dichters nehmen und als individuell beeinflusste Anschauungen z u

dx ?:

gefördert werden miissen. Zola’s Eigenart ist eine viel zu ausgeprägte, al b el!
seine Documentensammlung auf bedingungslose Objectivität Anspruch el
könnte, jedes Sehen erfolgt unter einem bestimmten Gesichtswinkel, ü 111'
Zusammensetzung der Einzelbeobachtungen zur Gesammtschilderung ' v11
willkiirlich zu einern Urtheil. . „el

Findige Kritiker stellen sich Zola so ungefähr als menschgewordenen SP 1 ^

seiner Zeit vor. Eine neue Erscheinung nähert sich seiner Fläche, ui lC*

ei’

wird sie mit physikalischer Nothwendigkeit zurückgestrahlt. Die Manif ebtotl°^t;I-!
des Zeitgeistes ziehen in chronologischer Folge an seinem Inneren ' 0l
werden dort reflectirt, und geben zum Schluss, wie die Anschütz’schen Be' ve= p\
aufnahmen, ein treues Gesammtbild. Ganz so verhält sich die Sache nun
nicht. Zola’s „Werk“, um im Kritiker-Jargon zu sprechen, wird niemals w
facettenförmig geschliffener Diamant die verschiedenen Bethätigungen m° J
Geisteslebens wiederspiegeln. Auch der Meister des „Rornan experimenta
der Nachwelt als ein Dichter erscheinen, der seinen Stoff nach Gutdiinken " ^
und mit allen Mitteln seiner Kunst gestaltet. Die achtzehn Erscheinung e11 g-g,
Jungfrau in der Grotte von Lourdes erfolgten vom 11. Februar bis zunt 16. j 11' 1
 
Annotationen